Abschied von einem Musikgenie: Brian Wilson verstorben






Die Musikwelt trauert um einen der größten Songwriter aller Zeiten: Brian Wilson ist tot. Der Kopf und Mitgründer der Beach Boys starb am Mittwoch im Alter von 82 Jahren.
Brian Wilson ist tot. Der Mitgründer und kreative Kopf der Beach Boys starb im Alter von 82 Jahren, wie seine Familie bei Facebook mitteilte. "Wir sind todtraurig, mitzuteilen, dass unser geliebter Vater Brian Wilson gestorben ist. Uns fehlen die Worte", hieß es in einer der Familie.
Wilson, geboren am 20. Juni 1942 in Inglewood, Kalifornien, war vieles: Komponist, Arrangeur, Produzent, Sänger – aber vor allem ein visionärer Künstler. In der Retrospektive erscheint er als Architekt des typischen kalifornischen Sounds der Sechzigerjahre – und das, obwohl er nicht einmal surfen konnte. Ohnehin wiesen seine Songs aber schnell weit über das Genre hinaus, Wilson darf als einer der bedeutendsten und komplexesten Musiker der Popgeschichte gelten.
Entwicklung einer neuen Sprache für Popmusik
Brian Wilson war kaum Anfang zwanzig, als er mit den Beach Boys zu Weltruhm gelangte. Der Ruhm kam schnell – doch das Genie hatte bereits tiefe Wurzeln. Obwohl er auf dem rechten Ohr fast komplett taub war, entwickelte er ein Verständnis von Harmonien und Arrangements, das bald Ungewöhnliches hervorbrachte. Gemeinsam mit seinen Brüdern Carl und Dennis, seinem Cousin Mike Love und dem Schulfreund Al Jardine gründete Wilson 1961 die Beach Boys. Ihre Musik – mit Titeln wie "Surfin' USA", "California Girls" oder "Fun, Fun, Fun" – spiegelte die Sehnsüchte der amerikanischen Jugend nach Sonne, Freiheit und endlosen Sommern wider.
Doch Brian Wilson war nie nur der Soundtracklieferant für Beachpartys. Schon früh zog er sich aus dem Tourleben zurück, um sich ganz dem Studio zu widmen – und dort entwickelte er eine neue Sprache für Popmusik. 1966 erschien "Pet Sounds", ein Album, das von der britischen Musikpresse als "Antwort auf die Beatles" gefeiert wurde, obwohl es eher eine stille Herausforderung war. In einem Interview sagte Wilson später: "Ich bin stolz darauf. Ich denke, es ist ein sehr beständiges Album. Ich bin sehr stolz auf die Liebe, die darin steckt. In dieses Album ist eine Menge Liebe geflossen."
"Pet Sounds" gilt heute als eines der einflussreichsten Alben der Musikgeschichte. Mit aufwendigen Arrangements, unkonventionellen Instrumentierungen – Fahrradklingeln, Theremins, Tiergeräuschen – und tief melancholischen Texten öffnete es der Popmusik Türen zu bislang ungekannten Klangwelten. Paul McCartney nannte es "das größte Album aller Zeiten" und gestand, dass es "Sgt. Pepper's Lonely Hearts Club Band" überhaupt nicht gegeben hätte, wenn "Pet Sounds" nicht zuerst erschienen wäre.
Wilson litt ein Leben lang unter psychischen Problemen
Danach ging es für Wilson bergab – künstlerisch wie privat: Bereits Mitte der 60er-Jahre begannen Wilsons mentale Probleme sich zu verschärfen. Er hatte Panikattacken, hörte Stimmen im Kopf, entwickelte schließlich eine ausgewachsene paranoide Schizophrenie. Hinzu kamen Drogen, Alkohol und ein problematisches Verhältnis zum eigenen Körper. Wilson, der oft über sein Gewicht und sein Aussehen klagte, lebte über Jahre isoliert, in depressiven Phasen war er kaum fähig zu arbeiten.
In den 70er-Jahren wurde er zunehmend aus dem kreativen Zentrum der Beach Boys verdrängt. Sein Zustand verschlechterte sich unter der umstrittenen Behandlung des Psychotherapeuten Eugene Landy, der ihn über Jahre hinweg mit Psychopharmaka ruhigstellte und weitreichenden Einfluss über Wilsons Leben erlangte – privat wie geschäftlich. Erst nach einem gerichtlichen Verfahren wurde Landy 1991 der Kontakt zu seinem Patienten verboten. Es war eine Befreiung, doch der Weg zurück war lang.
Erst in den 2000er-Jahren erlebte Wilson eine späte Renaissance. 2004 präsentierte er, nach jahrzehntelanger Verzögerung, das legendäre Album "Smile" in vollendeter Form. Ursprünglich als ambitionierter Nachfolger von "Pet Sounds" geplant, war Smile 1967 an Wilsons psychischer Instabilität und internen Spannungen in der Band gescheitert. Nun, 37 Jahre später, erschien es in einer Solo-Version – und wurde von der Kritik gefeiert.
"Ich bin nur ein hart arbeitender Mensch"
Trotz seiner Berühmtheit war Brian Wilson nie eine charismatische Bühnenfigur. Im Rampenlicht wirkte er oft distanziert, seine Stimme unsicher, seine Bewegungen steif. Aber seine Musik sprach eine andere Sprache: In ihr war alles erlaubt – Euphorie, Verzweiflung, kindliche Naivität, göttliche Größe. Gerade in Songs wie "God Only Knows", "Don't Talk (Put Your Head on My Shoulder)" oder "Surf's Up" offenbart sich ein Künstler, der seine Emotionen ohne Filter zu Papier brachte.
Wilson glaubte dabei auch an eine höhere Macht: "Ich glaube, Gott hat mir meine Musik und mein Talent gegeben. Ich versuche, ein Gefühl von Spiritualität zu vermitteln; ich glaube, ich habe einen spirituellen Einfluss auf die Menschen", sagte er 2005 in einem Interview. Einen heilsamen Einfluss auf ihn stellte nach turbulenten Jahren seine zweite Ehefrau Melinda Ledbetter dar, die sich viele Jahre um seine Betreuung kümmerte. Die beiden adoptierten fünf Kinder. 2024 starb sie im Alter von 77 Jahren, "Melinda war mehr als nur meine Frau. Sie war meine Retterin", schrieb Wilson damals in einem Instagram-Post.
2011 erhielt Wilson den Grammy für sein Lebenswerk. Für eine Karriere, die er selbst niemals so erwartet hatte: "Ich hätte nie gedacht, dass ich einmal so geliebt und respektiert werden würde", sagte er 2004 in einem CNN-Interview. Wilson lehnte die eigene Überhöhung ohnehin stets ab: "Ich bin kein Genie. Ich bin nur ein hart arbeitender Mensch."
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Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH