SPORT1-Moderatorin im Interview

Jana Wosnitza: "Darts findet ganz viel zwischen den Ohren statt"

15.12.2022, 09.04 Uhr
von Antje Rehse

Wenn im Ally Pally die besten Darts-Profis um den WM-Titel spielen, ist sie mittendrin: SPORT1-Moderatorin Jana Wosnitza. Sie präsentiert die täglichen Live-Sendungen aus London. "Ich möchte das transportieren, was ich vor Ort an Emotionen aufsaugen kann", sagt Wosnitza im prisma-Interview. 

Ab dem 15. Dezember überträgt SPORT1 alle Spiele der Darts-WM live im Free-TV. Gespielt wird fast täglich – nur an den Weihnachtstagen und an Silvester ist spielfrei. (-> Den kompletten Spielplan und alle Infos zur Übertragung finden Sie hier.) Ein straffes Programm auch für die Kommentatoren Basti Schwele und Experte Robert Marijanovic sowie Moderatorin Jana Wosnitza. Die Kölnerin berichtet täglch live aus London, führt Interviews mit den Spielern und liefert Eindrücke direkt aus dem legendären Ally Pally. Im Interview mit prisma verrät die 29-Jährige, wer in diesem Jahr die Favoriten sind, warum ihr Herz für den Dartssport schlägt und bei welchem Profi die Interviews zur besonderen Herausforderung werden.

Wie groß ist bei Ihnen die Vorfreude auf die Darts-WM?

Jana Wosnitza: Riesig. Das ist selbst für mich jedes Jahr aufs Neue wieder spannend zu beobachten, dass das auch nicht abnimmt, ganz im Gegenteil. Gerade dieses Jahr – in dem es endlich wieder zurück zur Normalität geht, alle wieder vor Ort sind und der Ally Pally voll sein wird – ist die Vorfreude umso größer. Weil man jetzt wieder weiß, worauf man sich freuen kann und darf. Weihnachten und Darts-WM ist für mich mittlerweile überhaupt nicht mehr auseinanderzuhalten. Das gehört einfach zusammen. Wenn ich in Weihnachtsstimmung komme, dann komme ich unweigerlich auch immer in Darts-WM-Stimmung.

Was ist für Sie das Besondere, das diesen Sport und die Faszination Darts ausmacht?

Jana Wosnitza: Darts vereint für mich Attribute, mit denen ich mich sehr gut identifizieren kann. Es ist sehr authentisch, ehrlich und echt. Oft wird dem Darts nachgesagt, dass es da nur ums Feiern geht: Party machen, lustige Kostüme, Bierchen trinken, mit Freunden einen netten Abend haben ... Das gehört auch dazu und auch das macht Darts aus. Ich finde es schön, dass es einen Sport gibt, der auch das vereint. Und es geht trotzdem weiterhin um den Sport. Das darf man nicht vergessen. Zwischen den Spielern im Ally Pally auf der Bühne und den Fans im Publikum ist während des Matches dauerhaft eine Verbindung zu spüren. Das ist nicht getrennt voneinander. Die Fans nutzen nicht einfach Darts, um einen netten Abend zu haben, sondern die Fans gehen zum Darts UND haben einen netten Abend. Das macht es so außergewöhnlich, denn das haben nur ganz wenige Sportarten zu bieten.

Wenn Sie das Sportliche schon ansprechen, wer sind denn in diesem Jahr aus Ihrer Sicht die großen Favoriten?

Jana Wosnitza: Im Darts ist grundsätzlich immer alles möglich, deswegen muss man ein breites Feld an Favoriten nennen. Dazu gehören immer die Topspieler wie Michael van Gerwen, Gerwyn Price oder der amtierende Weltmeister Peter Wright. In diesem Jahr ganz sicher aber auch Luke Humphries, der eine fantastische Saison gespielt hat. Bei Peter Wright kann ich mir vorstellen, dass er in diesem Jahr relativ früh aus dem Turnier genommen wird. Er hat mich zuletzt nicht so überzeugt. Michael van Gerwen wiederum hat sein Formtief überwunden und ist für mich wieder einer der absoluten Top-Top-Favoriten. Mein Tipp in diesem Jahr aber ist Michael Smith, der "Bully Boy", der bei der vergangenen WM auch schon im Finale stand. Auf ihm lastete immer dieser Finalfluch, jetzt hat er beim Grand Slam of Darts endlich seinen ersten Major-Titel gewonnen. Ich glaube, dass ihm das viel Rückenwind geben wird für die WM. Darts ist ein Mentalsport, der findet ganz viel zwischen den Ohren statt. Da geht es auch viel ums Timing. Diesen Major-Titel jetzt so kurz vor der Darts-WM endlich gewonnen zu haben, wird ihm einen absoluten Push geben.

Und was ist von den deutschen Teilnehmern Gabriel Clemens, Martin Schindler und Florian Hempel zu erwarten?

Fangen wir mal mit Flo Hempel an, dem "Kölsche Jung". Im letzten Jahr hat er Geschichte geschrieben und Dimitri Van den Bergh, die damalige Nr. 5 der Setzliste, aus dem Turnier genommen. Jetzt würde es für ihn bei einem Sieg in der ersten Runde wieder im zweiten Match gegen die Nr. 5 der Welt gehen. Das ist in diesem Fall Luke Humphries. Ihn habe ich gerade ja schon zum Favoritenkreis gezählt, das ist für Flo ein unglaublich schweres Los. Da sehe ich Luke zu stark in diesem Jahr. Bei Gabriel Clemens ist glaube ich das Auftaktspiel die größte Hürde, sollte es tatsächlich gegen die Newcomerin Beau Greaves gehen in seinem ersten Match. Er ist ja genau wie Martin Schindler als Gesetzter für die zweite Runde schon qualifiziert. Beau Greaves ist 18 Jahre jung, hat eine unglaubliche Serie hingelegt, kann unbekümmert aufspielen und kommt als unbeschriebenes Blatt in den Ally Pally. Sie ist Engländerin, hat also ein Heimspiel. Natürlich kommt noch der Faktor dazu, dass sie eine Frau ist. Fallon Sherock hat gezeigt, was als Frau auf dieser WM-Bühne möglich ist. Da wird es bei "Gaga" darauf ankommen, dass er bei sich bleibt. Wenn er das schafft, sein Spiel durchbringt und weiterkommt, hat er danach eigentlich eine ganz gute Auslosung. Dann traue ich ihm auch "mehr" als das Achtelfinale zu, was bisher sein bestes Ergebnis und auch insgesamt das beste Ergebnis eines Deutschen war. Martin Schindler ist für mich ein viel reiferer Spieler geworden in diesem Jahr. Er hat einen unglaublichen Schritt gemacht und ist deshalb auch zum ersten Mal gesetzt. Auf der anderen Seite hat er noch nie ein Spiel im Ally Pally gewonnen. Daran wird er in diesem Jahr gemessen werden.

Gibt es für eine Live-Reporterin im Ally Pally eigentlich besondere Herausforderungen, auch im Vergleich zu anderen Sportarten?

Jana Wosnitza: Dadurch, dass Darts so besonders ist, würde ich auch die Arbeit als besonders beschreiben. Wenn ich die Chance habe, vor Ort sein zu dürfen, ist das für mich immer noch das Schönste, das mein Job zu bieten hat. Dann möchte ich das transportieren, was ich vor Ort an Emotionen aufsaugen kann. Um den Zuschauern zu Hause, die vielleicht in ihren Weihnachtspullis und mit warmem Tee oder Glühwein auf der Couch sitzen, dieses Gefühl zu vermitteln. Das ist beim Darts die Herausforderung, weil dort eine ganz besondere Stimmung herrscht. Und trotzdem darf man dabei den Sport nicht aus den Augen verlieren. Auch das ist eine Gratwanderung, dass man den Spaß, die Stimmung und die weihnachtliche Party transportiert und trotzdem den Fokus auf dem Sport behält. Niemand ist größer als der Sport, das gilt auch beim Darts. Das ist ein ungeschriebenes Gesetz im Sportjournalismus, an das ich mich immer halte.

Und wie bereitet man sich auf ein Interview mit Gary Anderson vor?

Jana Wosnitza: Mit Gary Anderson ist es eigentlich gar nicht so schwierig, denn er ist ein absoluter Vollprofi. Der ist seit so vielen Jahren dabei und die WM ist sein Lieblingsturnier. Insofern hat er eh schon immer gute Laune. Dem muss man nur die Stichworte "Ally Pally" und "Fans" hinwerfen, schon gerät er ins Schwärmen. Mir ist es aber gerade bei der Masse an Interviews, die wir bei der WM führen, wichtig, dass sich nicht jedes Interview gleich anhört. Ich möchte aus dem Spieler etwas rausbekommen, was man vorher noch nicht gehört hat. Das ist auch die Herausforderung bei einem Gary Anderson: Wie schafft man es, den mal zu knacken? Das ist bei seinem Erfahrungsschatz natürlich nicht so leicht.

Worauf ich eigentlich anspielen wollte, ist sein starker schottischer Akzent ... Da muss man schon sehr genau hinhören, um ihn zu verstehen.

Jana Wosnitza: Da muss ich immer wieder sagen: Der wirkliche Gradmesser, was das angeht, ist Dave Chisnall (Spieler aus dem Nord-Westen Englands, Anm. der Red.). Ich habe mich mittlerweile an den schottischen Akzent gewöhnt, weil einige Topspieler aus Schottland dabei sind. Zudem hat meine beste Freundin in Schottland ihren Master gemacht, dadurch habe ich da ein ganz gutes Gehör für. Aber bei "Chizzy" gilt dann manchmal auch die Devise wie früher im Englischunterricht, dass man sich zwischendrin Teile des Inhalts aus dem Kontext erschließen muss. (lacht)

Sie sind nun schon seit mehreren Jahren bei der Darts-WM dabei, zudem kennen die SPORT1-Zuschauer Sie aus dem "Doppelpass". Für welche Sportarten schlägt denn sonst noch Ihr Herz?

Jana Wosnitza: Ich selbst kommt aus dem Tennis, bin leidenschaftliche Tennisspielerin und -zuschauerin. In diesem Jahr durfte ich zum ersten Mal die Eishockey-WM moderieren. Der Job bringt mit sich, dass man sich immer wieder mit Sportarten beschäftigt, die einem vielleicht nicht in die Wiege gelegt wurden. Ich glaube, wenn man grundsätzlich eine Leidenschaft für Sport hat, dann ist man sehr empfänglich dafür, von einer Sportart schnell gepackt zu werden. Das war bei mir und Eishockey so, seit der WM lässt mich auch dieser Sport nicht mehr los. Auch bei großen Turnieren wie einer Handball-WM oder -EM bin ich auch immer voll dabei. Ich bin da sehr begeisterungsfähig.

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