Erschreckende ZDF-Doku

Auch Gutverdiener verzweifeln inzwischen bei der Wohnungssuche

16.02.2024, 12.06 Uhr
von Julian Weinberger

Wenn die Wohnungssuche den Alltag bestimmt: Eine neue "37°"-Reportage im ZDF macht erschreckend deutlich, wie eklatant der Mangel an bezahlbarem Wohnraum in Deutschland ist. Betroffene berichten von schwerem Dauerstress. Es sei "schwierig, nicht die Hoffnung zu verlieren".

Christian Jungblut arbeitet als IT-Führungskraft. Dafür hat er einen Doppel-Master auf sich genommen. Trotzdem, so erzählt er in der "37°"-Reportage "Wahnsinn Wohnungssuche" (ab sofort in der ZDFmediathek, Sonntag, 18. Februar, 9.03 Uhr, ZDF), hat er mittlerweile mehr Zeit für seine Wohnungssuche investiert als für seine beiden Masterarbeiten zusammen. 15 Monate und über 400 Bewerbungen später sitzt er aber noch immer in seiner Vierer-WG – überdurchschnittliches Gehalt hin oder her.

Er sehe es mittlerweile als einen Sport an, in Berlin nach einer geeigneten Wohnung zu suchen, berichtet der 31-Jährige resigniert: "Man stumpft ab, um sich selbst zu schützen vor der emotionalen Achterbahn." Dabei hat Jungblut schon alles probiert, von Plakaten im Viertel über Zeitungsannoncen bis hin zur Kontaktaufnahme mit Handwerkern während einer Sanierung.

Besonders frustrierend: Trotz Autoswipe-App-Erweiterung liege die Rücklaufquote auf angeschriebene Wohnungen bei erschreckend geringen fünf Prozent. "Es ist schwierig, bei solchen Zahlen nicht die Hoffnung zu verlieren", beklagt sich Christian Jungblut.

Bei neuem Wohnungsinserat: Nach drei Minuten "ist man zu spät dran"

Zwar ist Berlin deutschlandweit das Extrembeispiel, mit 40 Prozent Mietsteigerung in den vergangenen fünf Jahren, aber auch anderswo ergeben hohe Preise und allgemeiner Wohnungsmangel eine fatale Kombination. Das gilt mittlerweile auch für Ostdeutschland, wo Städte wie Leipzig lange als besonders billig galten. Es sei "keine gute Entwicklung für eine Stadt, die lebenswert sein will", ärgert sich Jacqueline Zimmermann in der ZDF-Reportage. 1.100 Euro Budget haben ihr Freund Johannes und sie zur Verfügung.

Länger als drei Minuten dürfe man sich nicht Zeit lassen, um auf ein neues Inserat zu antworten, erklärt die 31-Jährige im Film von Carolin Hillner, "sonst ist man einfach zu spät dran". Längst beherrscht die Wohnungssuche den gemeinsamen Alltag, was die Beziehung zu ihrem Freund auf die Probe stelle. Sie merke an sich selbst eine "Paranoia, das perfekte Angebot zu verpassen", so Zimmermann. "Wenn mein Telefon vibriert, ist es eine Form von Anspannung. Man lässt sofort alles liegen."

"Man denkt, man wird nie was finden"

Und auch den dritten Protagonisten der ZDF-Reportage ist kein Happy End vergönnt – trotz wochenlanger Begleitung durch die Filmemacher. Sarah Sommer sucht mit Mann Paul und Sohn Edgar seit fünf Jahren eine größere Wohnung. Zu dritt leben sie derzeit in einer 1,5-Zimmer-Wohnung, die sich wegen ihrer Dachgeschosslage im Sommer teils auf bis zu 40 Grad aufheizt – das zehrt an den Nerven.

"Man hat Phasen, wo man total frustriert ist", bestätigt Sarah Sommer. Auch die Hoffnung, dass eine Immobilienverwalterin helfen könne, löste sich in Luft auf. Das Budget der Familie – immerhin 1.700 Euro – sei einfach zu wenig, lautete deren Rückmeldung.

Auch ein Tipp von Pauls Stammfrisör verbreitet in der knapp 30-minütigen Reportage nur kurz Zuversicht. Eine angekündigte Mieterhöhung für die potenziell neue Wohnung sprengt das Budget der Sommers. "Man denkt, man wird nie was finden. Ganz schön frustrierend!", quittiert Sarah die erneute Enttäuschung mit Resignation – man kann sie gut verstehen.


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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