Russische Journalistin

Marina Owsjannikowa: Ihre Familie sieht Plakat-Aktion kritisch

06.04.2022, 11.34 Uhr

Im russischen Staatsfernsehen wies Marina Owsjannikowa mit einem Plakat auf den Krieg in der Ukraine hin. Nun hat sie über fehlende Unterstützung in ihrer eigenen Familie geklagt.

Die Familie von Marina Owsjannikowa unterstützt ihre Protestaktion, die weltweit Schlagzeilen machte, nicht. Das berichtet die russische Journalistin nun in einem Interview mit der "Initiative Gesichter der Demokratie". Am 14. März hatte sich Owsjannikowa mit einem Schild hinter die Moderatorin der Hauptnachrichten im russischen Staatsfernsehen gestellt und dort auf den Krieg in der Ukraine aufmerksam gemacht, der in den Medien des Landes nicht als "Invasion" oder "Krieg" bezeichnet werden darf.

"Mein Sohn, meine Mutter und ich haben völlig gegensätzliche politische Ansichten", so die 43-Jährige. "Meine Mutter gehört zur älteren Generation. Sie hört von morgens bis abends Staatspropaganda, hört Wladimir Solowjow zu." Es sei für Owsjannikowa deshalb nicht möglich, mit ihrer Mutter in den Dialog zu treten. "Sie antwortet mit auswendig gelernten Floskeln aus dem Fernsehen oder Radio. Dass der Westen unser Feind ist, dass alle unser Land zerstören wollen."

Mein Sohn sagt, ich habe das Leben der Familie ruiniert

Auch ihr eigener Sohn teile nicht Owsjannikowas politische Einstellung. "Er sagt, ich habe das Leben der Familie ruiniert", erzählt die entlassene Mitarbeiterin von Perwy kanal, dem populärsten TV-Sender Russlands. Da ihr Ex-Mann Igor Owsjannikow, der Vater ihres 17-jährigen Sohnes, als Regisseur bei Russia Today arbeite und "voll und ganz" hinter der Kreml-Propaganda stehe, dringe sie nur schwer zu ihrem Sohn durch. "Mein Ex-Mann vermittelt unseren Kindern seine Werte, während ich versuche, ihnen eine andere Sichtweise beizubringen."

In ihr selbst sei der Protest "seit vielen Jahren gereift", erklärte Owsjannikowa zudem. Mit der Politik Putins sei sie bereits seit längerem nicht einverstanden gewesen, ebenso wenig mit der regierungsnahen Ausrichtung ihres Arbeitgebers: "Es brodelte in mir, aber aus persönlichen Gründen konnte ich nicht sofort kündigen."

Dies habe sich mit Beginn des Krieges geändert. Ob die Plakat-Aktion rückblickend etwas bewirkt hat, könne die Redakteurin allerdings nicht einschätzen. "Gemessen daran, dass in meinem Umfeld die meisten Menschen genauso denken wie ich, ist es schwer zu beurteilen, wie erfolgreich die Aktion letztendlich war." Ihrer Wahrnehmung nach "unterstützen mehr als die Hälfte der Russen diesen Krieg nicht", so Owsjannikowa, aber: "Die breite Masse hält still. Die Menschen haben wirklich Angst."

Die parteiunabhängige Initiative Gesichter der Demokratie (www.faces-of-democracy.org) wurde im Februar 2017 in Kaarst gegründet und setzt sich für ein besseres Demokratieverständnis ein. Laut eigenen Angaben hat die Initiative mehr als eine Million Unterstützerinnen und Unterstützer, "darunter Staats- und Regierungschefs, Friedensnobelpreisträger, die Chefredakteure führender Leitmedien sowie die Vorstandsvorsitzenden global agierender DAX-Konzerne".


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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