Bei "Markus Lanz"

"Blanker Populismus": JU-Chef und Jusos-Chef geraten in hitzige Diskussion über den Staatshaushalt

22.02.2024, 11.47 Uhr
von Natascha Wittmann

Sie zofften sich wie die alten Polit-Hasen: Am Mittwochabend stritten JU-Chef Johannes Winkel und der Jusos-Vorsitzende Philipp Türmer über den Staatshaushalt und die schwächelnde Wirtschaft. Sollte man Reiche härter besteuern und das Bürgergeld deckeln?

Bei "Markus Lanz" lieferten sich der JU-Vorsitzende Johannes Winkel und der Juso-Vorsitzende Philipp Türmer eine hitzige Debatte, über Kernthemen wie Migration, Schuldenbremse, Erbschaftssteuer und den Renteneintritt ab 63… Ganz zur Freude von Markus Lanz, der zu Beginn der Sendung einen "Klassenkampf um Mitternacht" versprach.

Philipp Türmer wettert gegen die Union

Zunächst wetterte Philipp Türmer gegen die Union und erklärte, dass die Ampel aufgrund vorheriger Fehler in die politischen Bredouille geraten sei, denn: "Wir laufen immer noch einem Reformstau hinterher, der sich über 16 Jahre Merkel angesammelt hat!" Johannes Winkel konnte und wollte die "billige" Kritik offenbar nicht mehr hören: "Ich habe wirklich mal gedacht, ich höre bei einem klugen Gesprächspartner wie dir nicht unmittelbar den Verweis (...) auf: 'Die Union hat alles falsch gemacht'." Vielmehr versuche seiner Meinung nach die Ampelregierung "die Verantwortung für das Jetzt abzuschieben".

Doch Türmer blieb dabei, dass "die großen Koalitionen" einfach "nicht in der Lage" gewesen seien, die "gewaltigen Herausforderungen" anzugehen, "die sich diesem Land stellen".

Grundsatzdebatte zwischen Winkel und Türmer entbrennt

Grund genug für Markus Lanz, genauer nachzuhaken und die beiden Jungpolitiker zu fragen, wie sie "die großen Herausforderungen dieses Landes" lösen würden. Daraufhin entbrannte eine Grundsatzdebatte zwischen Winkel und Türmer. Der Jusos-Chef wetterte: "Die Schuldenbremse ist eine absolute Katastrophe. Sie ist quasi die permanent angezogene Handbremse, die der Handlungsfähigkeit (...) von Politik entgegensteht." Im internationalen Vergleich sehe man laut Türmer, "dass die großen Industrieländer alle im Moment über Kredit finanziert Investitionen vornehmen. Und alle fahren damit viel besser." Die FDP und Union befänden sich jedoch auf einer ökonomischen Geisterfahrt.

Dieser Ansicht konnte Winkel jedoch nicht zustimmen. Er konterte: "Die Welt lacht sich vielmehr über die deutsche Standortpolitik kaputt." Und weiter: "Ich finde, in Deutschland ist die Bürokratie die angezogene Handbremse!" Als Markus Lanz den JU-Vorsitzenden daraufhin fragte, an welchen Stellen er im Haushalt sparen würde, antwortete der selbstbewusst: "Erster Punkt: Migration." Er ergänzte dazu wenig später: "Wir sind als Deutschland wahnsinnig restriktiv, was Arbeitskräfte, was Fachkräftezuwanderung angeht, die wir brauchen." Auf der anderen Seite gebe es jedoch "gar keine Voraussetzungen, wenn Leute über das Asylrecht einwandern nach Deutschland". Laut Winkel müsste man das System daher "einmal umdrehen".

Türmer: "Das ist für mich blanker Populismus!"

Winkel erklärte weiter: "Ich will das Recht so ändern, dass wir endlich zu einer realistischen Lösung kommen. Ansonsten geht uns die AfD komplett durch die Decke." Für Türmer schien dies ein rotes Tuch zu sein, denn er warnte: "Das ist für mich blanker Populismus! Du stellst eine Lösung ins Schaufenster, die es nicht gibt. Keine CDU-Regierung wird sich aus der Flüchtlingskonvention verabschieden. Das wird nicht passieren. Du tust so, als ob du eine Lösung hättest, als ob du irgendwelche Obergrenzen einführen könntest. Du würdest das niemals einhalten – niemals!"

Johannes Winkel warf stattdessen weitere Ansätze in den Raum: die Streichung von Einzelsubventionen wie bei der Intel-Chipfabrik in Magdeburg ("totaler Wahnsinn!") etwa. Oder aber auch: "Wir müssen beim Thema Bürgergeld ran." Auch "die Rente mit 63" würde der JU-Vorsitzende streichen. Grund genug für den Jusos-Chef Türmer, erneut dagegenzuhalten und zu warnen: "Das ist für Leute, die 45 Jahre gearbeitet haben, (...) die seitdem sie 18 sind teilweise in körperlich extrem anstrengenden Jobs gearbeitet haben."

Jusos-Vorsitzender bezeichnet reiche Erben als "Schmarotzer"

Laut Türmer stehe im CDU-Programm "im Kleingedruckten immer: Wir wollen den Sozialstaat kaputtsparen". Ein Vorwurf, auf den Winkel wütend reagierte: "Das steht in keinem einzigen Programm!" Doch Türmer ließ sich nicht stoppen und wetterte weiter gegen die Union: "Ihr benutzt die Schuldenbremse als Instrument des Klassenkampfes von oben, um die Privilegien der Reichsten zu verteidigen!" – und um am unteren Ende der Gesellschaft die "Krümel zusammenzukratzen".

Lanz nutzte den Zeitpunkt, um noch mehr Öl ins Debattenfeuer zu gießen, indem er den Juso-Chef nach seiner Meinung zur Erbschaftssteuer fragte. Türmer hatte bereits in vergangenen Interviews mehrfach über Milliardäre gehetzt und reiche Erben als "Schmarotzer" bezeichnet. "Was meinen Sie damit?", wollte Lanz wissen. Statt zurückzurudern, sagte Türmer lediglich: "Es gibt in diesem Land eine Menge Familien, die sitzen auf riesigen Vermögen, die sich wie von selbst vermehren." Milliardäre bekämen Geld fürs Nichtstun. Dabei würden jedoch die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer den Wohlstand der Superreichen immer weiter nähren.

Johannes Winkel platzt der Krage "Das ist doch Unsinn!"

Gleichzeitig bemängelte der Jusos-Chef, der eine progressive Erbschaftssteuer mit einem Spitzensatz von 90 Prozent ab der neunten Million und 15 Euro Mindestlohn fordert: "Die Mehrheit der Reichsten, die werden reich durch Erben. Und Aufstieg durch Arbeit und Bildung, das ist in diesem Land kaum möglich. Wir sind da Schlusslicht in Europa." Johannes Winkel platzte daraufhin der Kragen: "Das ist doch Unsinn!" Laut Winkel sollte man "nicht andauernd so tun, als ob in Deutschland niemand aufsteigen könne". Über Türmers Begriff der "reichen Schmarotzer" sagte Winkel abschließend: "Mich hat das wirklich geärgert, (...) weil es eben häufig Familienunternehmer sind. Und es sind häufig Leute, die ehrlicherweise wegen der schlechten Standortpolitik in Deutschland auch sehr gut woanders hinziehen könnten mit ihrem Unternehmen!"


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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