Desertierte russische Offiziere packen in ZDF-Doku "Putins Krieger" aus
In der aufwendigen Dokumentation traf ein Journalistenteam unter strenger Geheimhaltung vier Offiziere, die aus Putins Armee ausgestiegen sind, weil sie die grobe Verletzung der Menschenrechte nicht länger verantworten wollten. Nun packen sie in der ZDF-Doku "Putins Krieger" aus.
Produktion nur unter Geheimhaltung möglich
Seit Beginn des Überfalls auf die Ukraine wurde die russische Armee weitgehend unterschätzt, erst recht als die Verluste – inzwischen sollen es mehr als 300.000 getötete oder verletzte Soldaten sein – immer größer wurden. Inzwischen hat sich Putin mehr auf Raketen und Marschflugkörper verlagert. Ein Ende des Krieges ist nicht in Sicht, immer mehr leidet die zivile Bevölkerung.
Klar ist jedoch, dass das russische Volk ebenso wie die Armee durch Putins Propaganda der "Befreiung" betrogen wird. In der aufwendigen Dokumentation "Putins Krieger" von Florian Huber und Johannes Müller traf ein Journalistenteam unter strenger Geheimhaltung vier desertierte, russische Offiziere.
Ihre Fluchtwege werden in der Investigativ-Produktion ebenso nachgezeichnet wie Putins Rechtfertigung des Krieges. Bereits am Mittwoch, 21. Februar, 01.00 Uhr, zeigt das ZDF die Porträts der Geflüchteten, die vor Gericht auf Zeugenschutz hoffen, als Serie von viermal 30 Minuten. Eine 45-minütige Fassung für die Primetime ist am Dienstag, 27. Februar, 20.15 Uhr, im ZDF zu sehen. Beide Beiträge stehen ab 21. und 27. Februar auch in der Mediathek bereit.
"Man hatte uns immer gesagt, wir sind da, um anderen zu helfen"
Igor, Offizier, kämpfte in sechs Kriegen, von Afghanistan bis in die Ukraine, zum Teil als Wagner-Söldner. Lange hatte er keinerlei Zweifel am Sinn seiner Taten. "Man hatte uns immer gesagt, wir sind da, um anderen zu helfen", so berichtet er. Doch inzwischen hat er die russische "Befreierarmee" längst als Betrug erkannt. Schon 2014, so berichtet er, hätten russische Sabotageeinheiten Anschläge auf eigene Ziele verübt, um einen Vorwand für den Überfall auf die Ukraine zu haben. Igor will vor dem Internationalen Gerichtshof für Kriegsverbrechen in den Zeugenstand treten.
Der Luftwaffenoffizier Nikolaj koordinerte seinerseits Bomberflüge nach Syrien, die – anders, als es die offizielle Version behauptete – Ziele unter der Zivilbevölkerung gehabt hätte. Im Ukrainekrieg half er, von den Russen geplante Raketenangriffe auf ukrainische Städte aufzudecken – danach blieb ihm nur noch die Flucht. "Manche werden mich dafür verurteilen", so sagt er, "aber ich habe Leben gerettet. Ich hoffe, meine Kinder werden einmal stolz auf mich sein."
Erstmals sprechen russische Kriegsteilnehmer vor der Kamera
Witalj diente 15 Jahre als Major in einer Spezialeinheit, die in russischen Gefängnissen Soldaten für die Front rekrutierte. Als er in "Filtrationslagern" Gefangene foltern sollte, ergriff er die Flucht, nun ist auch er bereit, vor dem Internationalen Gerichtshof auszusagen. Wie Witalj erlebte Andrej 2021 auf der Krim die Gräuel des Krieges. Umgeben von Granaten und Drohnen musste er auf hohe Funkmasten steigen.
Zum ersten Mal sprechen russische Kriegsteilnehmer hier vor laufender Kamera. Sie sind bereit, vor dem Internationalen Gerichtshof für Menschenrechte auszusagen und hoffen auf Zeugenschutz. Für das Filmteam war es nicht leicht, sie vor die Kamera zu bekommen, schärfste Geheimhaltung war die Bedingung nach mehr als einjähriger Vorarbeit.
Wenn das Gewissen größer ist …
"Es gibt viel mehr Unmut und Unzufriedenheit in der russischen Armee als wir so mitbekommen", sagen die Autoren Florian Huber und Johannes Müller, die bei der Recherche unter anderem mit der Investigativ-Plattform Correctiv zusammenarbeiteten. "Die Motive der einzelnen Soldaten sind höchst unterschiedlich, genauso ihre Wege damit umzugehen. Viele schlucken es runter, verstecken sich hinter einem Befehlsnotstand, ein paar sprechen es aus, nicht wenige lassen ihren Frust auf dem Schlachtfeld oder sogar an wehrlosen Zivilisten aus."
Und dann gebe es welche, "die ihr Gewissen über die Loyalität zu ihrem Staat stellen und dafür ihr Leben aufs Spiel setzen. Sie sind bereit, alles zurückzulassen, begeben sich auf eine teils abenteuerliche Flucht und lassen Freunde und Familie zurück. Wir können alle froh sein, in einer Gesellschaft zu leben, die uns solche Entscheidungen nicht aufzwingt."
Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH