Bei "Hart aber fair"

Hannover 96-Geschäftsführer Martin Kind verweigert Antwort zum DFL-Investordeal

21.02.2024, 13.00 Uhr
von Doris Neubauer

Am Montagabend gab es ein sportliches Thema bei "Hart aber fair". Die geheime Abstimmung für den geplanten Investorendeal der DFL sorgt bundesweit für Fanproteste. In der ARD-Talkshow entbrannte eine Diskussion zum "Wesenskern" des deutschen Fußballs. Moderator Louis Klamroth versuchte herauszufinden, wie Martin Kind abstimmte, doch der Hannover 96-Geschäftsführer wollte keine klare Antwort geben. 

Unsummen an TV-Geldern, doch kaum Stehplätze und Scheichs als Club-Eigner: Die englische Premier League ist bei weitem die finanziell stärkste Fußballliga und sportlich attraktiv. "Wenn man das gut findet, ist das ein Vorbild", meinte Fußball-Podcaster Nico Heymer am Montag bei "Hart aber Fair", "die Fankultur" habe man dort aber "vernichtet". Man könne es sich in England nicht mehr leisten, ins Stadion zu gehen. Wenn die Premier League das Vorbild für die DFL sein solle "werden viele, viele Fans nicht bereit sein, auch nur einen Schritt mitzugehen".

Hat die DFL den Zeitplan bewusst kurz gehalten?

Wie das aussehen könnte, lassen die aktuellen Proteste in den Stadien erahnen. Seitdem 24 der 36 Erst- und Zweitligisten Verhandlungen zwischen der DFL und einem Investor zugestimmt haben, sorgen die Fankurven in deutschen Stadien mit Tennisbällen oder ferngesteuerten Flugzeugen für kreative Spielunterbrechungen. Thomas Kessen vom Fanverband "Unsere Kurve" fasste die Hauptkritikpunkte zusammen: "Ihr habt das im Hinterzimmer abgestimmt, ihr habt verunmöglicht, die Mitglieder mitzunehmen." Es liege zudem der Verdacht nahe, dass die DFL den Zeitplan bewusst kurz gehalten habe, um Mitgliederbefragungen der Stammvereine zu verhindern. Doch "überall dort, wo Fans mitgesprochen haben, [...] wurde dieser Deal kategorisch abgelehnt", betonte er.

Dass dennoch die erforderliche zwei Drittel Mehrheit erreicht wurde, könne laut "Sportschau"-Reporter Marcus Bark an der Stimme des Geschäftsführers der Hannover 96 Management GmbH, Martin Kind, liegen. Zwar habe ihn der Mutterverein Hannover 96 e.V. angewiesen, mit Nein zu stimmen – was er gemäß der "50+1" Regel im deutschen Fußball auch befolgen hätte müssen. Anders als andere Vereinsvertreter weigert sich Kind, seine Entscheidung transparent zu machen. "Wenn man alles zusammenzählt, kommt bei Herrn Kind eine Ja-Stimme heraus", hätten Barks Recherchen ergeben.

"Alles, was derzeit läuft, schadet dem deutschen Fußball massiv"

Wer auf Antworten seitens Kind gehofft hatte, wurde er genauso enttäuscht wie Kessen und Louis Klamroth. Letzterer versuchte vergeblich, dem Geschäftsführer von Hannover 96 ein klares Ja oder Nein zu entlocken. Stattdessen sprach dieser von einem "anderen Demokratieverständnis" oder davon dass er sich "nicht an Spekulationen beteiligen" wollte. Darüber hinaus bedürfe die 50+1 Regel einer rechtlichen Klärung, wie er im Laufe des Abends immer wieder betonte. Zudem hätte 96 – so Kind – eine "spezielle Situation": "Wir gehen davon aus, dass wir die 50+1 Regel beachten unter Berücksichtigung dieses 96-Vertrages. Das ist meine Antwort", wollte er den hartnäckigen Klamroth mit eben dieser zufriedenstellen.

"Herr Kind hat gerade die Möglichkeit, sehr einfach sehr viel Schaden vom deutschen Fußball abzuwenden", sprang Kessen in den Schlagabtausch ein, "denn alles, was derzeit läuft, schadet dem deutschen Fußball massiv". Was das den ändere, wollte Kind wissen. Kessen: "Das ist das, was hinter den Protesten steckt und was kritisiert wird, dass die demokratische Akzeptanz nicht gegeben ist oder zumindest massiv angezweifelt wird, insbesondere aufgrund Ihres Verhaltens und Ihrer – wenn ich das so sagen darf – Rumeierei in der Diskussion danach."

Louis Klamroth versucht Martin Kind zu einer Antwort zu bringen

Aus der Reserve locken konnte er Kind damit genauso wenig wie Klamroth: "Sie könnten es uns einfach verraten, ob sie mit Ja oder Nein gestimmt haben", wagte er einen letzten Versuch. Dieser wurde mit einem müden Lächeln belohnt. Viel spannender wäre ohnehin der Blick in die Zukunft, wollte der Moderator von Martin Kind wissen, ob er offen für eine Wiederholung der Abstimmung wäre, in der die Entscheidung transparent gemacht würde. "Warten wir ab", lautete dessen – schwammige – Replik.

Eine Lösung müsse es in jedem Fall geben, forderte auch Ex-Profi und -Trainer Markus Babbel hinsichtlich der Proteste. Eine offene, transparente Abstimmung wäre das Mindeste. "Wenn wir uns diese verfahrene Situation anschauen, kann die Lösung nur lauten, all diese Pläne ad acta zu legen und es gut sein zu lassen", argumentierte Kessen für einen radikaleren Schritt. Man würde "mehr Geld hinterherhecheln mit dem aktuellen Investorendeal, anstatt sich dieser unglaublichen Einzigartigkeit, die der deutsche Fußball mitbringt", bewusst zu werden und eine Vision zu erarbeiten,

Diskussion um den "Wesenskern" der Fußballkultur

"11FREUNDE"-Journalistin Mia Guethe erklärte: "Wenn wir den besten Fußball auf deutsch-republikanische Fußballplätze bringen, ja, dann holt alle möglichen Investoren rein." Darum ginge es ihr und anderen Fans aber nicht, sondern vielmehr um den "Wesenskern" der Fußballkultur: Fußball habe hierzulande eine gesellschaftliche Relevanz, die mit anderen Sportarten und Ländern nicht zu vergleichen wäre. Die Rolle der Fans sei noch entscheidend. Eine, die nicht nur durch Fangesänge im Stadium Einfluss aufs Spiel haben kann", sondern die Fans als "aktiven Part dieses Geschäfts" versteht.

Würde man 50+1 abschaffen, den Bundesligaspieltag noch mehr zerstückeln, "nimmst du den Fans die Teilhabe, und du kappst die Verbindung zwischen Bühne und Platz – und dann stirbt das letzte bisschen Fußballkultur, das wir noch haben." Die DFL werbe auch im Ausland damit, wusste Klamroth zu bestätigen.

Ariane Hingst: "Diese Fankultur ist wichtig"

"Diese Fankultur ist wichtig", fügte Weltmeisterin Ariane Hingst, die Geschäftsführerin Sport beim FC Viktoria Berlin, hinzu. Doch es müssten Gelder fließen, um junge Fans zu gewinnen, die weniger ins Stadion gehen, um neue Märkte zu erschließen. "Wenn dafür Geld von Investoren genutzt wird, ist das der richtige Weg."

"Mit dem operativen Geschäft" wären Investitionen in die Infrastruktur, die Jugendarbeit, Nachhaltigkeit, Digitalisierung jedenfalls nicht zu verdienen, sah sich Martin Kind bestätigt. "Warum nicht", wollte Kessen wissen. "Da müssen Sie die Gehälter der Spieler....", wollte Kind ausholen. "Niemand hat etwas gegen Weiterentwicklung", unterbrach ihn Kessen, "aber das heißt ja, alles, was Sie angesprochen haben, könnte die Bundesliga allein schaffen. Man müsste nur das Geld, das schon da ist, anders verteilen."


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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