Familienkomödie im ZDF

"Mit Harpunen schießt man nicht": Vorurteile machen das Leben schwer

21.09.2023, 08.05 Uhr
von Hans Czerny

"Unsrer Oma ihr klein Häuschen" hieß diese schräge "Familienkomödie" mal ursprünglich – kein schlechter Hinweis auf den Kabarettsong aus der Inflationszeit der Zwanzigerjahre. Der neue Titel verweist auf die (Urlaubs-)Harpune, mit der jetzt die Kabarettistin Gerburg Jahnke ihr Häuschen verteidigt.

ZDF
Mit Harpunen schießt man nicht
Komödie • 21.09.2023 • 20:15 Uhr

Dass sich in "Mit Harpunen schießt man nicht" eine Patchwork-Familie anbahnt, ist bei Weitem nicht alles. Es geht um schwarze und weiße Menschen, um gleichgeschlechtliche Liebe – und nicht zuletzt um eine Samenspende. Leider muss man auf deren lebendes Ergebnis, jetzt neun Jahre alt, im Film eine ganze Weile warten. Erst, als "Feli" (Muine Keune), wie der aus Ghana stammende Papa Simon (Eugene Boateng) seine ihm lange vorenthaltene Tochter nennt, endlich auf den Plan tritt, kommt endlich Gefühl ins Spiel. Davor aber wollten Autor und Regie (Stefan Kuhlmann, Peter Gersina) mit Weltrekord-verdächtigem Tempo beweisen, dass sie jeder politischen Correctness mächtig sind. Das macht vor allem der Kabarettistin Gerburg Jahnke als Wahl-Oma das Leben schwer. Schließlich muss sie hier nicht nur ihr zum Verkauf anstehendes Häuschen gegen einen schwarzen "Einbrecher" mit der Urlaubs-Harpune verteidigen, sondern zugleich zeigen, dass sie alles andere als eine Rassistin ist. Ihr Zynismus hingegen rührt von einem Krebsleiden und vom ungeklärten lieblosen Verhältnis mit ihrer Tochter her.

Gegenüber dem Migranten Simon, der seit neun Jahren auf einer Duldungsliste steht, wirkt Gerburg Jahnke immer ein paar Gefühlsgrade zu nassforsch – fast so, als stünde sie auf der Bühne ihrer Show "Ladies Night" im Ersten. Keineswegs zimperlich werfen sich die soeben aus dem Krankenhaus Geflüchtete und der Mann aus Ghana, der sich seit neun Jahren einer immer wieder verlängerten Duldung ausgesetzt sieht, erstaunlich harte Brocken an den Kopf. Anspielungen auf Gerdas Alter, vor allem aber auf Simons häuslichen "Überfall" mit einem gefundenen Hausschlüssel und die nicht ganz ernst gemeinte Drohung mit seiner Abschiebung wetteifern da nicht allzu sorgfältig miteinander.

Haare auf den Zähnen

Gerda bindet den Taxifahrer Simon, dessen Namen sie immer wieder deutsch statt – wie von ihm erwünscht – englisch ausspricht, resolut in ihren Haushalt ein, als Koch und Küchenhilfe, vor allem aber als Pfleger, der Stützstrümpfe hochziehen muss und sich um Gerda bei Ohnmachtsanfällen Sorgen macht, was wiederum nicht ohne Zusammenprall bei der versuchten künstlichen Beatmung geht. Kein Thema ist die Hautfarbe, in diese Falle geht die ebenso zynische wie gescheite Gerda nicht. Das Thema wird im Hintergrund belassen, dabei könnte die Vorlage von "Ziemlich beste Freunde", also die gegenseitige Abhängigkeit, irgendwann das Thema sein.

Der Patchwork-Film zielt jedoch auf mehr, will er doch zeigen, wie selbstverständlich Integration sein kann und wie blöd Vorurteile gegenüber Andersgearteten sind. Auch gegenüber gleichgeschlechtlichen Paaren übrigens. Dennoch: Als Feli, Simons "Prinzessin", ins Spiel kommt und mit ihrem Kindercharme die große Versöhnung zwischen Mutter Gerda, Tochter Linda und deren Freundin erzwingt, bleibt natürlich kein Auge trocken. Großer Showdown im Hallenbad mit Salto vom Fünf-Meter-Turm und finalem Bademeister-Pfiff. Ganz ohne themenspezifische Sentimentalitäten.

Allzu seichte Drehbuch-Gags aber überspielt Eugene Boateng als Langzeit-geduldeter Papa aus Ghana großartig. Er macht mit seinem selbstgewissen inneren Leuchten noch die gröbsten Stellen glaubhaft. Möglicherweise lässt die Fallhöhe seines Spiels (2021 wurde er beim Max Ophüls-Preis ausgezeichnet) ja auch andere eher klein erscheinen. Man ahnt: Auch im schlimmsten Patchworkmärchen wirkt dieser Mann einfach echt.

Mit Harpunen schießt man nicht – Do. 21.09. – ZDF: 20.15 Uhr


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

Das könnte Sie auch interessieren