"Flunkyball": Die geheimnissvolle Liebe
"Flunkyball" erzählt von einer besonderen ersten Liebe. Der 17-jährigen Franz (Laurids Schürmann) verliebt sich in Zoe (Lena Klenke). Doch seine Auserwählte hat viele Geheimnisse. Trotzdem sind die Eltern (Fabian Hinrichs, Silke Bodenbender) begeistert von ihr. Warum?
Der 17-jährige Franz (Laurids Schürmann), Schüler aus einer gutbürgerlichen Münchener Gegend, ist ein eher stiller Zeitgenosse. Während seine ältere Schwester Milli (Clara Vogt) eher der erfolgsverwöhnte, dominante Typ ist, scheint das jüngere Kind von Martin (Fabian Hinrichs) und Caro (Silke Bodenbender) zu jener Sorte Einzelgänger zu gehören, bei der sich die Eltern freuen, wenn er mal jemand Nettes oder sogar eine Freundin mit nach Hause bringt. Entsprechend groß ist die Begeisterung, als der Schüchterne im Film "Flunkyball" die aufgeweckte Zoe (Lena Klenke) anschleppt.
Welche Geheimnisse hat Zoe?
Er hat sie bei einem Besuch im Krankenhaus kennengelernt, in dem seine Oma (Lisa Kreuzer) mit unklaren Demenzsymptomen liegt. Bald wickelt Zoe den gesamten Familienvierer mit ihrer Energie um den Finger. Die Eltern fühlen sich plötzlich wieder selber jung und leben auf. Die strenge Milli entdeckt ihr Party-Gen und Franz – der scheint sein Glück kaum fassen zu können, dass sich so ein aufregendes Mädchen für ihn interessiert.
Doch wie könnte es anders sein in einem Film von Alexander Adolph ("Die nettesten Menschen der Welt"), dem Meister erzählerischer Doppelbödigkeit: Natürlich trägt Zoe ein Geheimnis mit sich herum. Schon in den ersten Minuten ihres Auftauchens im Krankenhaus rätseln auch die Zuschauer, was sich hinter der zugewandt bedürftigen, aber auch machtvollen Fassade des Mädchens verbirgt.
Früher hätte man so einen Filmcharakter als Femme fatale oder vielleicht besser als "Girl fatale" bezeichnet, doch der Begriff gilt mittlerweile als umstritten. Darf man Frauen heute noch als animalisch getriebene Ursache männlichen Scheiterns betrachten? Andererseits: Wenn eine solche Konstellation derart augenzwinkernd und dazu enorm wendungsreich wie hier dargestellt wird, dann geht das schon in Ordnung. Vor allem, wenn Handelnde und Manipulierte, Starke und Schwache, Trickser und Betrickste in dieser herrlich unvorhersehbaren – und dazu unglaublich komischen – Erzählung immer wieder rasant wechseln.
Was ist Flunkyball?
Dem Münchener Filmemacher Alexander Adolph, zuletzt mit der charmanten Grusel-Miniserie "Die nettesten Menschen der Welt" (ARD Mediathek) auffällig geworden, ist mit "Flunkyball" einer der schönsten deutschen Fernsehfilme des Jahres 2023 gelungen. Der Cast ist durch die Bank weg ein Volltreffer: vom 20-jährigen Berliner Schauspielschüler Laurids Schürmann, der schon in der großartigen HipHop-Origin-Serie "Almost Fly" ein Sympathieträger war, über "Fack ju Göhte"-Star Lena Klenke bis hin zum großartigen "Elternpaar" Hinrichs und Bodenbender – alle Darsteller des ARD-Mittwochsfilms haben sichtlich gewaltigen Spaß an ihren originellen Rollen und Drehbuchzeilen.
Das Gute bei Adolph-Stoffen – vor Jahren hob er die originelle ZDF-Kimiserie "München Mord" aus der Taufe – ist, dass man nie so genau weiß, wo seine Geschichte hinlaufen, was eine wunderbare Herausforderung für alle Zuschauer darstellt, die sich noch gerne vom Fernsehen überraschen lassen. Jenes herrlich Ungewisse, das Hauptfigur Franz stellvertretend für den Zuseher erlebt, betrifft hier nicht nur den Plot, sondern auch die Stimmung des Films. Lange Zeit weiß man nicht, welche Farbe hier überwiegt: das Tragische, die Komik oder vielleicht beides gleichzeitig?
Etwas verwirrend mag auch der Filmtitel "Flunkyball" daherkommen. Dahinter verbirgt sich ein reales Trinkspiel, bei dem zwei Mannschaften eine Plastikflasche in der Mitte des Spielfeldes abwerfen müssen. Die treffende Mannschaft hat so lange Zeit, ihre Biervorräte schnellstmöglich zu vernichten, bis der Gegner das Spielfeld (Flasche muss wieder stehen, der Ball muss hinter die Wurflinie) wiederhergestellt hat. 2005 wurden in Darmstadt gar erste Weltmeisterschaften im "Flunkyball" ausgetragen. Im Film spielt Franz das Spiel einmal an seiner Schule. Ob die Plot-mäßig eher isoliert dastehende Szene einfach nur symbolisch dafür steht, dass der Mensch zu jeglicher Art Beklopptheit bereit ist, um sein Ziel – das Glück, den Rausch – zu erreichen? Alexander Adolph wäre ein solcher Gedanke zuzutrauen.
Flunkyball – Mi. 20.09. – ARD: 20.15 Uhr
Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH