"The Voice Kids"-Coach Clueso: "Keiner ist allein, wir sind dort als Team"

Clueso coacht in diesem Jahr bei "The Voice Kids". Mit uns spricht er über seine ersten musikalischen Schritte, den Umgang mit Lampenfieber und unvergessliche Erlebnisse bei den Dreharbeiten.
Erinnerst du dich an deinen eigenen musikalischen Anfang?
Clueso: Ich hatte schon immer ganz viel Lust, Musik zu machen und weiß noch, dass ich schon in so Freunde-Bücher geschrieben habe: Ich will Musiker werden. Das war immer der große Traum. Die ersten Lieder habe ich mit meinem Papa zusammen gesungen zum Beispiel zu seinem 40. Geburtstag von Udo Lindenberg „Wozu sind Kriege da“. Da war noch nicht viel zu sehen von Talent und ich war auch aufgeregt. Ich habe dann aber mit ungefähr zwölf den ersten Songtext geschrieben über alle Familienmitglieder einschließlich meines Meerschweinchens. Der Song heißt ‚Nerver‘ und ist zum Glück nie rausgekommen. (lacht) Später, während meiner Lehrzeit, war ich dann auf Hiphop-Jams und parallel hat mir mein Opa Gitarre spielen beigebracht, wofür ich sehr dankbar bin. Er hat mir sehr viele lustige Lieder beigebracht, die ich dann im Ferienlager am Lagerfeuer gesungen habe, um die anderen Leute und Mädels zu beeindrucken. Das war cool damals. 1996 ging es dann los mit ersten Auftritten in der Hiphop-Szene. Wir haben uns EFP96 (Erfurt Projekt 1996) genannt, das war der erste Bandname.
Wie gehst du mit Talenten um, die vielleicht Lampenfieber haben oder an sich zweifeln? Hast du Tricks, um sie zu stärken?
Nervosität in den Griff zu bekommen, ist die größte Challenge überhaupt, denn es gibt nichts schlimmeres als zu sagen: ‚Mach dich mal locker‘. Das ist der Punkt, an dem man erst recht versteift. Vor allem, wenn man eigentlich schon locker war. (lacht) Mein Tipp für die Talente bei #VoiceKids ist: erstmal tief durchatmen und kleine Ziele setzen. Noch nicht ans Finale denken oder an das Rausfliegen, es geht um den Moment auf der Bühne und darum, in den Song zu kommen. Dafür hilft Training, die Sachen üben, auf die es ankommt, die weglassen, die man nicht kann und vielleicht für die eigene Performance gar nicht braucht. Man muss lernen, eine gute Zeit zu haben, den Rest macht der Körper dann schon. Man kann sich selbst sagen: ‚Du weißt dann schon, was zu tun ist.‘ Bewusstes Atmen hilft wirklich und zur Not guckt man seinen Gesangscoach direkt an, der ist auch aufgeregt und sagt einem dann noch mal: ‚Atme ein‘. Keiner ist allein, wir sind dort als Team. Ein besonderer Trick, wenn man auf der Bühne steht, ist tatsächlich auch, sich den Raum hinter sich vorzustellen, auch wenn das gar nicht so einfach ist. Denn wenn man auf eine Bühne geht, denkt man im ersten Moment immer: ‚Hui, was ist denn hier los?‘ Wenn man dann darüber nachdenkt, wie hoch der Raum ist, was für ‚Gerümpel‘ herumsteht, dann wird man nicht vom Tamtam vorne so erschlagen.
Gibt es einen Moment bei „The Voice Kids“, der dir besonders im Gedächtnis geblieben ist?
Es gibt so unendlich bewegende Momente in den Blind Auditions, die ich toll finde. Und ich habe gelernt, dass man immer mit Überraschungen rechnen muss. Ich spoilere jetzt zwar, aber es gibt ein Talent, von dem wir erfahren, dass ihr Vater ein großer Fan von mir ist. Ich habe mir gedacht, ich spiele spontan einen Song für sie und ihren Vater, und habe gefragt, was sie hören wollen. Da hat der Vater aus dem Familienbereich gebrüllt: ‚Gewinner!‘. Also habe ich den Song für sie und den Papa gesungen, es wurden sogar ein paar Tränen verdrückt und ich dachte, toll, das läuft ja spitzenmäßig hier, ich habe sie damit erreicht – aber dann ist sie echt in ein anderes Team gegangen! (lacht) So läuft es halt bei ‚The Voice Kids‘! Das Talent war ganz toll – sie ist dann mit dem anderen Coach rausgegangen aber wieder zurückgekommen und hat mich umarmt und gesagt: ‚Bitte nicht traurig sein.‘ Da hat kurz mein Herz geknackt und mir kam auch eine Träne. Auch wenn wir uns um die Talente batteln, soll natürlich jeder zu seinem Lieblingscoach gehen! Es geht um die Talente, nicht um uns. Das habe ich ihr auch so geantwortet. Das ist einfach alles bewegend. Eine echte Achterbahn der Gefühle und ich finde mein Team total geil, alle Peopels, die kleinen und großen. Viele sagen mir, dass sie eine wundervolle Zeit haben, ich habe sogar schon Geschenke gekriegt, da steht drauf: ‚Was für ein Glück, so einen Coach zu haben‘. Das ist ganz besonders. Gleichzeitig ist es natürlich richtig hart, dass man nicht alle bis zum Schluss mitnehmen kann.
Warum ist es wichtig, jungen Talenten eine Bühne zu bieten?
Erfahrung ist wahrscheinlich nicht übertragbar, aber ich kann von mir aus sprechen. Es ist erstmal wichtig, anzufangen und sein Talent ausprobieren zu können. Dabei spielt es eigentlich noch gar keine Rolle, wie groß die Bühne ist – aber wenn du das Gefühl hast, dass du später in irgendeiner Weise Musik machen möchtest, taste dich ran. Bekomm deinen ersten Applaus, entwickle Sicherheit auf der Bühne. Schau dir auch Konzerte an – in kleinen Clubs und auf großen Bühnen. Und wenn du dich bereit fühlst und das Gefühl bekommst, das könnte ich auch – wage dich step by step weiter vor – bis zur großen Bühne, zum Beispiel bei #VoiceKids. So findet man raus, ob das der Weg ist, den man später machen möchte. Mir ist aber auch wichtig zu sagen: Egal wie früh man sich entscheidet, Musik zu machen, schau, dass du auch irgendeinen Abschluss machst – das ist wichtig und gibt Sicherheit.
Wenn du selbst noch einmal Kind wärst und an „The Voice Kids“ teilnehmen könntest: Welchen Song würdest du für deine Blind Audition wählen?
Man hat auf der Bühne wenig Zeit, das Publikum abzuholen und zu überzeugen, deswegen ist es schlau, einen Song zu wählen, bei dem die eigenen Qualitäten gezeigt werden. Das ist das Allerwichtigste. Wenn jemand eine tiefe Stimme hat, dann ist das total cool, wenn man aber auch noch hoch singen kann, ist es umso beeindruckender, einen Song zu singen, bei dem man tief anfangen kann und dann hoch weitersingt. So kann man in kürzester Zeit seine ganzen Stärken zeigen. Wenn man eher jemand ist, der Geschichten mit dem Gesang transportiert, dann erzähl deine Geschichte und lass den Sportgesang weg, das ist dann deine Stärke. Ich finde, man soll dementsprechend die Lieder auswählen. Es ist zwar gar nicht schlecht, wenn man den Song kennt, aber es nicht entscheidend.
Gibt es auch etwas, was du noch von den Kids gelernt hast?
Was ich von den Kids wieder gelernt habe, ist diese unglaubliche Lust, eine ehrliche Meinung zu verarbeiten, sie dann einfach spielerisch umzusetzen und dann herauszufinden, ob es das richtige ist oder nicht. Das verlernt man im Laufe der Jahre, dass man in der Kreativ-Phase erstmal jede Idee reinholt, denn sie führt vielleicht zu irgendetwas Gutem. Manchmal denkt man einfach: ‚Ne, das ist nicht mein Ding …‘, aber daraus könnte trotzdem ein guter Song werden – gerade deswegen. Das nehme ich jetzt mit ins Studio. Und ich nehme die Echtheit und Energie der Kids mit. Ich bin zwar niemand, der schauspielert oder Probleme mit Gefühlen hat, aber ich finde diese puren Emotionen, die die Kids haben, total toll, weil es einfach Spaß macht, ihre Energy, sag ich mal. Ich habe auch wieder gemerkt, wie wichtig das ist, dass man Mentoren findet und Förderer. Das gilt ein Leben lang. Die Kids saugen alle Erfahrungen auf, die man mit ihnen teilt. Ich habe manchmal das Gefühl, dass man in meinen Alter auch ein bisschen gucken muss, wen man als Mentor ansehen kann und von wem man noch was lernen kann. Und: Eine Lektion in Demut, dass wir einen Traum leben. Auch wenn schon der nächste Termin wartet und wir noch schnell ein Interview im Auto reinschieben und wir ohne Pause von A nach B juckeln, und ich am Weihnachtstisch sitze und dann noch ein Konzert habe, ist das alles der absolute Wahnsinn und ein Traum.
„The Voice Kids“ – ab 21. Februar immer freitags um 20:15 Uhr in SAT.1 und auf Joyn“