Neue Serie auf Sky

"Crashing": Comedy-Serie ohne Rampensau

von Eric Leimann

Die "Coming of Age"-Geschichte eines Comedy-Losers ist etwas für fortgeschrittene Kenner der amerikanischen Stand-up-Kultur.

Dass es "Crashing", die neue Serie des amerikanischen Comedy-Gurus Judd Apatow ("Girls") im deutschen Sky-Programm nur im englischen O-Ton mit Untertiteln zu sehen gibt, sagt einiges über die Erwartungen des Senders aus. Sie dürften in Bezug auf diese Geschichte eines weicheiigen Enddreißigers (Pete Holmes), der, nachdem er von seiner Frau verlassen wurde, als Comedian in New York durchstarten will, eher gering sein.

Produzent Apatow war selbst skeptisch, als Pete Holmes mit der Idee für die sechs Folgen à 30 Minuten auf ihn zu kam. Zu traurig, zu vorsichtig tastend kam ihm die späte "Coming of Age"-Geschichte eines scheuen Erwachsenen vor, der nach einem neuen Platz im Leben sucht. Holmes (38), der in "Crashing" das Scheitern seiner eigenen, jung geschlossenen Ehe verarbeitet, zeigt sich als Protagonist Pete in der Tat nicht als Held mit hohem Identifikationspotenzial. Trotzdem hat die in drei Doppelfolgen ausgestrahlte Serie (ab Dienstag, 18.07., 22.20 Uhr, Sky Atlantic HD) durchaus ihren leisen Reiz.

Das Finden eines Platzes im Leben

Wie so oft bei Judd Apatow, geht es auch in "Crashing" ums Finden eines Platzes im Leben. Und weil der Mann, wie auch Ideengeber Pete Holmes, eben in Komödie denkt, spielen seine persönlichsten Geschichten oft in der Stand-up Comedy-Szene. Es geht also um Witze und den Kampf um Lacher als Selbstreflexion. In "Funny People - Wie das Leben so spielt" aus dem Jahr 2009 spielt Adam Sandler, mit dem sich Apatow als Student mal eine Bude teilte, einen todkranken, ziemlich arschigen Comedy-Star, der sein Leben noch einmal Revue passieren lässt. Schon in diesem Film, der an der Kinokasse nicht allzu erfolgreich war, spielen zahlreiche Comedians sich selbst. Durch die Augen eines jungen, erfolglosen Stand-up Comedians (Seth Roggen), der zu einer Art Assistent des sterbenden Stars wird, wird der Zuschauer in diesen so uramerikanischen Kosmos des Überlebenskampfes, aber auch einer Sinnsuche mit Witzen eingeführt. Was, trotz manch brachialem Witz, ziemlich subtil und melancholisch geriet.

Eine ähnliche emotionale Gemengelage diffundiert auch bei "Crashing" durch den Bildschirm. Pete ist kein Typ, mit dem man gern in der Kneipe ein Bier trinken würde. Warum sollte man sich also ein Comedy-Programm mit ihm ansehen? In einer der ersten Szenen lehnt die Hauptfigur Sex mit der Noch-Frau auf dem Fußboden ab, weil er unter wunden Knien leide. Dankenswerterweise ist das Drehbuch fein genug, dass Pete nach dem Rausschmiss bei seiner Gattin, die auch die Brötchen verdient, nicht zum super-toughen Kämpfer mutiert. Nein, dieser Pete ist immer noch ein Weichei, der auf seinem obdachlosen Weg durch New York – "Crashing" bezeichnet den Akt des überraschenden Übernachtens – viele Comedians trifft, die sich selbst spielen: Howard Sterns Sidekick Artie Lange ist dabei oder Sarah Silverman, die als erfolgreiche Komikerin zahlreichen gescheiterten oder noch unbekannten Spaßmachern eine vorübergehende Bleibe in ihrem Luxus-Apartment bietet. Die Comedian-WG, ein typisches Apatow-Thema im Film.

Anfangs ist es ein wenig zäh, diesem unsicheren Typen Pete dabei zuzusehen, wie er nachts auf der Straße Flyer für seine kostenlosen Auftritte in muffig-leeren Comedy-Kellern verteilt. Alles an diesem Helden scheint zu schreien: Entschuldigen Sie, dass ich geboren bin! Trotzdem hat es auch etwas sehr Menschliches, den Weg dieses mittelmäßig lustigen Weicheis zu begleiteten, dessen zähe Bemühungen irgendwann zu kleineren Erfolgen führen. Pete wird Anheizer in einer "uncoolen" Vormittagsshow, die vor allem von Hausfrauen konsumiert wird. Eine Szene, der von den beinharten Comedians in den Kellern New Yorks verachtet wird. Natürlich kommt es auch hier, wo Pete ein erfolgreiches Karrieresprungbrett gefunden zu haben scheint, zu einer Fremdschäm-Situation, wie sie nur die amerikanische Comedy-Posse um Judd Apatow erschaffen kann: Pete beleidigt die Mutter der Showmasterin, die an jenem Tag anonym im Publikum sitzt, aufs Übelste, als der Wunsch, echte harte Comedy zu machen, mit dem sanftem Anheizer durchgeht.

Comedy für Fortgeschrittene

Weil es einige solcher Aua-Szenen eines uncoolen Helden, aber auch viel Herumlarvieren im schnöden Alltag finanziell prekärer Comedy-Überlebenskämpfer gibt, ist "Crashing" keine Mainstream-Unterhaltung, sondern eher Comedy für Insider und Fortgeschrittene. Auch das Lachen bleibt einem öfter im Halse stecken. Schließlich geht es ums Überleben und um Würde. Beides nicht unbedingt Schenkelklopfer-Themen.


Quelle: teleschau - der mediendienst

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