Tod in Berlin

Der Tel-Aviv-Krimi: Keine einfachen Lösungen

von Rupert Sommer

Katharina Lorenz alias Hauptkommissarin Sara Stein ermittelt in diesem "Tel-Aviv-Krimi" einen Fall in Berlin-Kreuzberg, der ein Eifersuchtsdrama sein könnte – aber auch ein politisch aufgeladener Mord mit enormem Alarmpotenzial.

ARD
Der Tel-Aviv-Krimi: Tod in Berlin
Kriminalfilm • 16.08.2018 • 20:15 Uhr

In einem Kreuzberger Klub wummern die Bässe, und die Partymeute macht mal wieder bis spät durch. Doch auch Star-DJane Tamar, die in der Szene verehrt wird, muss mal eine kurze Frischluftpause einlegen. Vor den Stahltoren der Disko bleibt ihr nicht viel Zeit – sie wird niedergestochen und stirbt auf dem Parkplatz. Sara Stein (Katharina Lorenz) war zufällig gerade um die Ecke, weil auch sie die Nacht zum Tage machte. Der Mordfall, Auftakt der Reihe "Der Tel-Aviv-Krimi", verlangt ihr schon bald das Äußerste ab. "Tod in Berlin" (2015) ist ein Fall von politischer Brisanz und privaten Abgründen. Und ein sehr guter Fernsehfilm, den das Erste nun wiederholt. Eine Woche später steht "Shiv'a", Sara Steins zweiter Fall, auf dem Programm, der die Handlung schließlich nach Israel verlegt. Fortgesetzt wird die Reihe übrigens nicht: Es bleibt bei den vier Filme, die bislang gesendet wurden.

Berlin ist die Stadt, in der viele Nervenenden bloßliegen und sich die Kulturen mischen. Schnell stellt sich für die junge, erfrischend direkte Hauptkommissarin, die sich selbst augenzwinkernd als "waschechte Berlinerin" bezeichnet, heraus, dass sie ihr Klub-Mordfall enorm unter Druck setzen wird, auch persönlich. Plötzlich nämlich, als die Faselei, das Raunen und die Unterstellungen einsetzen. Der Liebhaber von Tamar ist ein Palästinenser. Außerdem hat Khalid (Camill Jammal) vermutlich gleich mehrere Motive: Seine Freundin war alles andere als wählerisch in ihren Exzessen – weder bei Männern noch bei Drogen. Und außerdem hat sie gerade erst ein Kind abtreiben lassen – Khalids Kind.

Ist es damit ein Eifersuchtsdrama – oder doch sogar so etwas wie der Einbruch der Nahost-Weltlage, projiziert auf die Berliner Subkultur? Die Öffentlichkeit möchte rasch einen Täter sehen, der Innensenat der Hauptstadt ist alarmiert. Doch Sara bleibt vorsichtig. Für sie passen die Motive, die vielen Fäden und Anschuldigungen ("Typisch Palästinenser") nicht zusammen. Sie selbst möchte sich nicht vereinnahmen lassen, weil plötzlich Thema sein soll, dass sie selbst Jüdin ist. Bislang hatten das die meisten ihrer Kollegen gar nicht gewusst. Stein bleibt skeptisch, hart sogar – auch dann, als ihr Fall eine unerwartete Wendung nimmt. Khalids Vater Tarik (Ramin Yazdani), ein sittenstrenger Patriarch, wird von seinem eigenen Sohn der Bluttat bezichtigt. Auf dem Kommissariat bezeichnet er sich selbst als Täter – als Tamars Mörder. Doch gelöst ist damit noch nichts.

Regie-Routinier Matthias Tiefenbacher ("Polizeiruf 110: Einer für alle, alle für Rostock") setzt eine sehr düstere Szenerie ins Bild und kann mit großartigen Schauspielern, darunter vielen angenehm unverbrauchten Gesichtern, arbeiten. Dass der erste Fall (bis auf wenige Einstellungen) noch so gut wie gar nicht in Israel spielt, ist kein Manko. Alles ist hier eng verwoben. Und Berlin ist die Stadt, die gleichzeitig trost- und gesichtsloser Moloch, aber auch Geschichts- und Geschichtenzentrum ist.


Quelle: teleschau – der Mediendienst

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