"Eine Frau tut dieser Sendung gut"

Ruth Hofmann über Bierduschen, das WM-Aus und ihre Rolle im "Doppelpass"

von Frank Rauscher

SPORT1-Moderatorin Ruth Hofmann kommt aus einer sportverrückten Familie. Sportjournalistin zu werden, kam ihr aber erst spät in den Sinn. Im Interview spricht sie über Frauen im Fußball und erläutert das Erfolgsgeheimnis des Fußball-Talks "Doppelpass".

Angeberei ist nicht Ruth Hofmanns Sache: Ja, verrät die aus Augsburg stammende Fußball-Reporterin und Moderatorin, sie hat einst in der Jugend ein paar Jahre bei einem kleinen Verein gekickt. Doch sie räumt im gleichen Atemzug lachend ein, dass die Karriere als Stürmerin aufgrund einer verheerenden Trefferquote nicht wirklich ruhmreich verlief. Für den Sender SPORT1 hat sich die 32-Jährige hingegen als Volltreffer erwiesen. Als kompetente Co-Moderatorin sorgt die Blondine im männerlastigen Kulttalk "CHECK24 Doppelpass" für viel frischen Wind. Die von Thomas Helmer angeführte Expertenrunde kommt am Sonntag, 19. August, aus der kurzen Sommerpause, und Ruth Hofmann kann die Sendung zum bevorstehenden DFB-Pokalwochenende nach eigener Aussage kaum erwarten: "Es kribbelt", bekundet sie im Interview, in dem aber auch Zeit ist für einen Blick zurück auf die WM. Was lief schief, und was muss besser werden? – Die Fachfrau hat griffige Antworten parat.

prisma: Frau Hofmann, Sie wurden im Mai 1986 geboren. Fußballfans auf der ganzen Welt verbinden einiges mit jenem Sommer.

Ruth Hofmann: Ja, da war die denkwürdige WM in Mexiko und natürlich Maradona mit seiner Hand Gottes – ich habe davon gehört (lacht). Das hätte ich gerne miterlebt damals. Auch im Sommer 1990, als wir in Italien Weltmeister wurden, war ich noch zu klein. Das finde ich manchmal etwas schade... Wenn man die Bilder sieht, das muss toll gewesen sein. Zum ersten Mal wirklich gepackt hat mich als kleiner Fan die EM 1996: Natürlich saß ich beim Golden Goal von Oliver Bierhoff im Finale gegen Tschechien gebannt vor dem Fernseher. Etwas später war ich mit meinem Vater erstmals im Olympiastadion bei den Bayern – da war ich bereits an den Fußball verloren.

prisma: Sie kommen aus einem Fußball-Haushalt?

Hofmann: Ja. Meine ganze Familie ist schon ein bisschen sport- und fußballverrückt. Und dann wächst man eben so hinein...

prisma: Als Mädchen aber wohl nicht zwingend ...

Hofmann: Doch. Für mich war es ganz selbstverständlich. Wir schauten zusammen Fußball, und weil auf dem Dorf der Sportverein zum Leben gehört, fing ich auch irgendwann an, bei uns im Ort in der Mädchenmannschaft zu kicken. Ein paar Jahre habe ich durchgehalten.

prisma: Was war Ihre Position?

Hofmann: Sturm! Ich lebte von meiner Grundschnelligkeit, aber es war keine besonders ruhmreiche Zeit – ich habe das Tor einfach zu selten getroffen (lacht).

prisma: Wussten Sie damals schon, dass Sie Fußballreporterin werden wollen?

Hofmann: Nein. In meiner Familie hatte niemand etwas mit Medien zu tun, ich bin da der Exot. Das kam mir erst beim Sportstudium an der TU München in den Sinn. Ich hatte mich auf den Medien- und Kommunikationszweig spezialisiert und merkte, dass mir das liegt. Nach diversen Praktika kam ich zu Sky, wo ich ein Volontariat absolvierte.

prisma: War es Ihr Ziel, eines Tages vor der Kamera zu landen?

Hofmann: Ja, ich am Spielfeldrand im Stadion als Fernsehreporterin – das war schon länger mein Traum. Aber natürlich denkst du in dem Alter, dass so etwas nicht besonders realistisch ist. Es hätte also auch Radio sein dürfen. Nur dass ich unbedingt moderieren wollte, war mir schon nach ein paar Übungseinheiten beim Münchner Sender M 94.5 klar. Das ist mein Ding. Vor der Kamera landete ich schließlich nach einem Casting bei Sky. Das war meine große Chance, und ich hatte das Glück der Tüchtigen. Bald wurde ich als Field-Reporterin in der Zweiten Liga eingesetzt – und die erste Bierdusche ließ nicht lange auf sich warten. Daran werde ich mich immer erinnern.

prisma: Wie merkt man eigentlich, dass man für den Job vor der Kamera gemacht ist?

Hofmann: Du musst dich auf Anhieb wohlfühlen. Mich hat die Situation mit Kamera und Scheinwerfer vor der Nase nie irritiert. Außerdem brauchst du neben dem Handwerkszeug und Fachwissen auch das, was man Talent nennt: In meinem Fall besteht es in meiner kommunikativen Art und einer gewissen Fröhlichkeit. Es geht ja im Fernsehen um Authentizität – ich denke, die strahle ich aus.

prisma: Wahrscheinlich wissen wenige, dass Sie auch als Popsängerin schon Erfahrungen gemacht haben. Hat Ihnen das beim Job vor der Kamera geholfen?

Hofmann: Natürlich. Ich hatte etwas Bühnenerfahrung, da gehst du angstfreier mit der eigenartigen Situation um, dass dich andere Leute ansehen. Ob beim kleinen Konzert in der Kneipe oder vor einer Million Menschen im Fernsehen: So groß fühlt sich der Unterschied für mich gar nicht an.

prisma: Hatten Sie je das Gefühl, dass Sie sich als Frau in der Männerdomäne Fußball auf besondere Art beweisen müssen?

Hofmann: Ach, nein. Das lief für mich eigentlich immer ganz geschmeidig. Natürlich bekommt man mal einen Spruch ab, auch mal eine forsche Anmache, aber damit kann ich umgehen. Zum Glück hatte ich noch keinen einzigen Moment, in dem ich dachte, dass ich vielleicht doch im falschen Beruf gelandet sein könnte. Frauen und Fußball, das ist heute doch recht selbstverständlich, darüber muss man nicht mehr diskutieren.

prisma: Es hat sich vieles verändert ...

Hofmann: Oh ja. Wir haben es deutlich leichter, als es Kolleginnen vor 10, 15 Jahren hatten. Da dürfen wir uns definitiv auch bei den prominenten Vorreiterinnen bedanken – angefangen bei einer Monica Lierhaus bis hin zu einer Jessica Kastrop. Sie haben Großartiges geleistet, Türen geöffnet. Womit man klarkommen muss, ist natürlich die Öffentlichkeit, die einen auch mal kritisch sieht. Das gilt aber für männliche Kollegen genauso.

prisma: Auf Ihrer Facebookseite erhalten Sie unheimlich viel Zuspruch – größtenteils geht es dabei um Äußerlichkeiten. Mal loben Männer Ihre Frisur, mal ist es die Figur oder Ihr Modestil ...

Hofmann: Ja, aber deswegen beschwere ich mich bestimmt nicht. Ich freue mich – weil ich weiß, dass ich auch wegen meiner kompetenten Arbeit von den Zuschauern respektiert werde. Ich erlebe das jedenfalls so. Facebook und Instagram sind nun mal eher oberflächlich, bei der Social-Media-Kommunikation geht es oft um Äußerlichkeiten. Das ist schon in Ordnung.

prisma: Eine Frau als Livekommentatorin wird aber offenbar immer noch vielfach kritisch gesehen. Claudia Neumann wurde nach Ihren WM-Auftritten im ZDF teilst wüst beschimpft ...

Hofmann: Leider wahr. Was da passiert ist, finde ich auch deshalb so traurig, weil Claudia Neumann nicht nach ihrer Kompetenz bewertet wurde, sondern offensichtlich wirklich nach dem Geschlecht. Die Wucht und Härte der Äußerungen in den Sozialen Medien hat jede Schmerzgrenze pulverisiert. Es geht mir nicht um Kritik, die darf jeder äußern. Aber die Art und Weise war nicht Ordnung. Dennoch sage ich: Die Typen, die da provoziert haben, sind in keinster Weise die Mehrheit. Das ist nicht repräsentativ. Wir Frauen im Fußball sind grundsätzlich auf einem guten Weg. Dass noch einiges passieren muss, steht aber außer Frage.

prisma: Sie sind seit 2016 bei SPORT1. Ihre "Doppelpass"-Sendung war im vergangenen Jahr erfolgreich wie nie zuvor in ihrer langen Geschichte. Was ist das Geheimnis?

Hofmann: Dass wir unseren Job gut machen und dass man nie genug über Fußball reden kann (lacht). Der "Doppelpass" hat, wie Sie wissen, neue Konkurrenz bekommen, und dass gerade diese Tatsache den Quoten nicht schadet, spricht Bände. Wir sind das Original, der 11-Uhr-Sendeplatz am Sonntag ist gelernt, und die Zuschauer schätzen diesen besonderen Mix, den wir bieten: eine lockere Atmosphäre und die lebhafte Diskussion, in die ich mit meinen Beiträgen auch mal etwas Buntes streue. Eine Frau tut dieser Sendung einfach gut (lacht). Ansonsten hängt der Erfolg immer auch von den Gästen und von der Brisanz des jeweiligen Spieltags ab.

prisma: Nach den "Doppelpass"-Ausgaben zur WM war die Sommerpause diesmal besonders kurz für Sie. Wie haben Sie die Wochen verbracht?

Hofmann: Sehr entspannt am Meer und in der Sonne. Ich war auf Kreta und habe dort Urlaub gemacht mit allem, was dazu gehört – von Knossos bis Stand Up Paddling, aber ohne Fußball und weitgehend auch ohne Smartphone. Abstand ist hin und wieder sehr wichtig. Ich habe mich auch wieder mal ans Klavier gesetzt, ein paar Songs komponiert. Ich denke, dass ich Ende des Jahres wieder etwas veröffentlichen, vielleicht ein paar Konzerte geben werde. Aber jetzt ist erst mal Fußball angesagt. Es kribbelt schon, und ich fiebere unserem Saisonstart entgegen. Gerade bin ich dabei, mir sämtliche News der letzten Zeit anzuschauen.

prisma: Mit der Distanz von ein paar Wochen: Wie sehen Sie nun das überraschende Aus der deutschen Elf bei der WM?

Hofmann: Ich denke, dass das desaströse Abschneiden ein echter Weckruf war, dass die Verantwortlichen dies als Chance nehmen und dass wir nun eine Kehrtwende erleben werden – auch was unseren Blick auf die Bundesliga angeht. Wir sind seit Jahren im internationalen Vergleich relativ abgehängt – damit muss man endlich ehrlich umgehen. Klar darf man im Land des Weltmeisters stolz auf das Erreichte sein und ein gewisses Selbstverständnis ausleben. Das artete aber mitunter in Selbstgefälligkeit und Überheblichkeit aus.

prisma: Was war Ihrer Meinung nach der entscheidende Grund für das frühe Ausscheiden?

Hofmann: Es lag bei der WM einfach eine komische Schwere auf dem Team, etwas, das man von dieser Truppe so nicht kannte. Das hatte sich schon Wochen vorher beim Trainingslager in Eppan und bei den enttäuschenden Vorbereitungsspielen angedeutet und wurde immer schlimmer. Da drückte irgendetwas auf die Mannschaft ...

prisma: Was war das?

Hofmann: Es wird viel spekuliert, aber im Grunde weiß keiner, was es wirklich war. Fakt ist, dass beim Turnier keiner seine Leistungsgrenze erreicht hat. Warum das so war, dafür gibt es auch viele konkrete Gründe – unter anderem trug sicherlich die Debatte um das Foto von Mesut Özil und Ilkay Gündogan mit dem türkischen Präsidenten dazu bei, dass der Weg fürs Team bei dieser WM zu keinem Zeitpunkt ein leichter war. Ich hoffe sehr, dass mit Özils Rücktritt unter dieser Causa nun folgerichtig ein Schlussstrich gezogen wurde. Für ihn wünsche ich mir, dass er bei Arsenal schnell wieder zu seiner alten Form zurückfindet.

prisma: Sind auch die Sportjournalisten lange zu wenig kritisch mit der Liga und der Nationalelf umgegangen?

Hofmann: Nein, das finde ich nicht. Die Spieler sagen ja das genaue Gegenteil. Denken nur Sie an die Medienschelte von Toni Kroos nach seinem Siegtreffer in der Nachspielzeit gegen Schweden.

prisma: Von der DFL und den Medien wird die Bundesliga seit Jahren als Hochglanzprodukt präsentiert. Hat sie durch die WM Kratzer bekommen?

Hofmann: Schon ein wenig. Die Bundesliga steht aber immer noch gut da, die Stadien sind auch in der kommenden Saison voll. Es ist ja nicht so, dass vorher alles nur schöngeredet wurde, das haben wir zum Beispiel im "Doppelpass" nicht getan. Sicherlich wäre es aber hilfreich, wenn wir nun alle wieder ein bisschen kritischer analysieren würden, weshalb der FC Bayern seit Jahren so dominant ist und warum wir international so schlecht abschneiden. Vor allem das zum großen Teil verheerende Auftreten in der Europa League, die wir vergangene Saison ja auf SPORT1 präsentiert haben, muss zu denken geben. Warum unterschätzt man andere europäische Teams augenscheinlich?

prisma: Wird jetzt alles wieder besser?

Hofmann: Auf jeden Fall – sage ich als Optimistin. Ich bin überzeugt, dass jetzt auch dem Letzten die Augen geöffnet wurden.


Quelle: teleschau – der Mediendienst

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