Dokumentarfilm bei ARTE

"Frühjahr 48": Als der Eiserne Vorhang niederging

von Hans Czerny

Flüchtlingsströme zogen durch Europa, die Welt wurde für lange Zeit zweigeteilt. Der WDR / ARTE-Film "Frühjahr 48" veranschaulicht das Nachkriegsjahr 1948 mit vielfältigen Erinnerungen und Aufnahmen aus den Archiven.

ARTE
Frühjahr 48
Dokumentation • 17.04.2018 • 21:55 Uhr

"Europa war wie ein großer Ameisenhaufen voller Flüchtlinge!" – So veranschaulicht einer der Zeitzeugen in der Querschnitts-Doku "Frühjahr 48" von Mathias Haentjes die damalige Situation. Berlin lag in Trümmern, die Stadt war in vier Sektoren geteilt. Man hoffte auf eine baldige Wiedervereinigung, doch die Grenze blieb, der Eiserne Vorhang teilte Berlin und Europa in zwei Lager. Doch nicht nur in Berlin ging es den Leuten schlecht, auch in Großbritannien wurden die Lebensmittel aus Mangel rationiert. Man lebte von den Kolonien und musste sie in Gegenleistung aus dem Commonwealth entlassen. Zeitzeugen wie der Schauspieler Günter Lamprecht oder die Autorinnen Anna Seghers und Simone de Beauvoir erinnern sich und geben zu den Archivaufnahmen ebenso subjektive wie genaue Beobachtungen wieder.

So wird ein Wendepunkt der europäischen Geschichte lebendig – ein kommunistischer Putsch in Prag, die Ausbreitung des Stalinismus im Osten Europas, der Bruch zwischen Tito und Stalin in Jugoslawien, die Berlinkrise, die bald die Welt an den Rand eines neuen großen Kriegs führt. Viele der europäischen Juden wandern aus nach Israel. Zum Teil waren sie auch nach dem Krieg in Lagern interniert. Landsberg am Lech, so ein Zeitzeuge, hatte ein eigenes "Schtetl". Der Berliner Metzger, bei dem kurz zuvor noch die Hakenkreuz-Flagge am Laden hing, grüßte mit der Aufschrift "Es lebe der Bolschewismus", beobachtete Anna Seghers, die damals im amerikanischen Sektor wohnte. Simone de Beauvoir, die schockiert war über die Ruinen, war es peinlich, dass man sie vor den Deutschen eigens zur "Fliegen"-Premiere eskortierte. Es erinnerte sie an die deutsche Besatzung in Paris.

Das alles hebt die Dokumentation über gängige Zeitreisen in die jüngere Vergangenheit hinaus und macht sie sehr lebendig. Ein "Idyll" waren die Olympischen Winterspiele 1948 in St. Moritz, mit denen der Film beginnt, freilich zumindest für die Deutschen nicht – die Teilnahme war ihnen damals (noch) verboten.


Quelle: teleschau – der Mediendienst

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