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"Kampf der Kriegeraffen": Ein Tierfilm so spannend wie ein Politthriller

von Andreas Schöttl

Anthropologen und Tierfilmer brauchen vor allem eins, wollen sie die Entwicklung einer Population erforschen und auch noch in starken Bildern einer Öffentlichkeit darstellen: viel Geduld! Sehr viel Geduld brachten die Wissenschaftler David Watts und John Mitani auf. Mehr als zwei Jahrzehnte begleiteten sie tief im Dschungel des Kibale-Nationalparks in Uganda einen beachtlich großen Schimpansen-Clan von mehr als 140 Tieren.

ARTE
Kampf der Kriegeraffen
Dokumentarfilm • 20.09.2018 • 20:15 Uhr

Allein vier bis fünf Jahre dauerte es, bis sich die Affen an die Anwesenheit der Menschen gewöhnt hatten. Die Mühen, die Watts und Mitani aufgewendet haben, sind nun in dem beeindruckenden Gewinnerfilm des Jackson-Hole-Wildlife-Film-Festivals zu sehen.

Die Wissenschaftler reihen nicht einfach nur unter komplizierten Bedingungen gedrehte Schnipsel aneinander. Sie dringen tief in die Gesellschaft der Tiere ein. Die sehr männlich geprägte Hierarchie der Schimpansen weist dabei eine hohe Ähnlichkeit zu menschlichen Strukturen auf. Es gibt Anführer, zu denen die angeblich Untergebenen aufsehen. Gleichzeitig aber stricken Taktiker, Diplomaten oder Raufbolde eigene Allianzen. Ihr Ziel: Selbst die Macht in dem Clan zu übernehmen.

Streckenweise spannend wie ein Politthriller lassen sich die spektakulär bebilderten Machtspielchen innerhalb des Clans verfolgen. Alphamännchen wie die von Watts und Mitani benannten "Bartok", der Taktiker, und Lofty, der aggressive Raufbold, "kämpfen" darum, die Herrschaft des alternden "Mweya" zu brechen. Dafür buhlen sie in seltsam anmutenden Ritualen um die Gunst der anderen. Anthropologe Mitani fasst zusammen: "Als einziges Männchen hat man es nicht leicht."

Den Machtspielchen des einzelnen jedoch steht ein unbändiger Zusammenhalt gegenüber, wenn es darum geht, den eigenen Clan zu schützen. Oder das eigene Territorium gar zu erweitern. "Schimpansen töten einander. Sie töten ihre Nachbarn", sagt Mitani. Innerhalb von nur zehn Jahren hatte die Gruppe 21 Schimpansen anderer Familiengruppen getötet, darunter 13 aus einer Gruppe in der unmittelbaren Nachbarschaft. Mitani: "Wir gehen von einem direkten Zusammenhang zwischen der tödlichen Gruppengewalt und der Erweiterung des Territoriums aus."

Wie brutal die "Patrouillen" der stärksten Schimpansen mitunter vorgehen, zeigt die Dokumentation in einer fast gruselig anmutenden Jagdszene. Rote Stummelaffen hatten sich in das Gebiet des Clans "verirrt". Von der Schimpansengruppe eingekreist, kann einer der Eindringlinge nicht mehr entkommen. Er wird zu einem blutigen Opfer. Drei Schimpansen gleichzeitig vierteilen den Affen-Genossen. Als sie sich mit gieren Bissen über dessen Fleisch hermachen, erinnern die Tiere an Kannibalen. Wie die Wissenschaftler erklären, scheint Fleisch eine wichtige Rolle in den sozialen Beziehungen zu spielen.


Quelle: teleschau – der Mediendienst

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