Tatort-Wiederholung

"Taxi nach Leipzig": Ein Kammerspiel mit Psycho

von Eric Leimann
Im neuen Fall "Taxi nach Leipzig" fliehen die Hannoveraner Kommissarin Charlotte Lindholm (Maria Furtwängler) und der Kieler Kommissar Klaus Borowski (Axel Milberg) aus einer langweiligen Fortbildung.
BILDERGALERIE
Im neuen Fall "Taxi nach Leipzig" fliehen die Hannoveraner Kommissarin Charlotte Lindholm (Maria Furtwängler) und der Kieler Kommissar Klaus Borowski (Axel Milberg) aus einer langweiligen Fortbildung.  Fotoquelle: NDR/Meyerbroeker

Der 1.000. "Tatort" vom Herbst 2016 brachte die Jubiläums-Kommissare Charlotte Lindholm (Maria Furtwängler) und Klaus Borowski (Axel Milberg) auf engstem Raum in eine lebensbedrohliche Situation.

ARD
Tatort: Taxi nach Leipzig
Kriminalfilm • 22.07.2018 • 20:15 Uhr

Unwahrscheinlich, dass sich die kühle Einzelgängerin Charlotte Lindholm (Maria Furtwängler) und der manierierte Eigenbrötler Klaus Borowski (Axel Milberg) im "wirklichen" Leben irgendwo kennenlernen würden. Es sei denn, man besucht gemeinsam ein offenbar gähnend langweiliges Polizeiseminar in Braunschweig, von dem sich beide Ermittler absetzen, um sich ein Taxi zum Bahnhof zu teilen. Dieses wird im nun wiederholten "Tatort"-Krimi "Taxi nach Leipzig" von einem liebeskranken Psycho (Florian Bartholomäi) gefahren, der gerade erfuhr, dass seine große Liebe (Luise Heyer) am nächsten Tag seinen Todfeind heiraten will. Als ein dritter Gast durch die Hand des Fahrers zu Tode kommt und die beiden Kommissare gefesselt auf dem Rücksitz über nächtliche Straßen rauschen, wissen sie, dass dies alles andere als eine Lustfahrt ist.

Alexander Adolph, auch für die skurrile ZDF-Krimireihe "München Mord" verantwortlich, schrieb und drehte diese 1000. Folge der "Tatort"-Reihe vom Herbst 2016. Der Münchener Autorenfilmer, Freund des Genrekinos und bekennender Fan alter Gruselfilme, spielt im "Kommissarsdoppel" des NDR fast schon nach Herzenslust mit den von ihm bevorzugten Stilmitteln. Sein Film ist ein Kammerspiel mit Psycho. Gefühlt zwei Drittel des "Tatorts" wurden in einem aufgesägten Taxi gedreht. Weil man zu dritt im Auto zwar Angst voreinander haben kann, aber das Gruseln doch eher schwerfällt, lässt Adolph seine Kommissare irgendwann durch dunkle Wälder stapfen und Wölfen begegnen. Vielleicht – am Ende – ein bisschen viel des Guten, vor allem weil der Filmemacher zudem die Idee verfolgt, mit Off-Kommentaren aus vier Perspektiven die Gedanken der Kammerspielenden laut werden zu lassen.

Mutig und spannend

Trotz mancher Manierismen ist "Taxi nach Leipzig" ein mutiger und spannender "Tatort". Dass man zwei – eher kühle – Kommissare in Todesangst Gedanken formulieren lässt, mag für manche gewöhnungsbedürftig sein, wird aber schauspielerisch überzeugend vermittelt. Langzeitstudierende von Kommissars-Seelen können vor allem über Charlotte Lindholm einiges dazulernen.

"Taxi nach Leipzig" hieß auch der erste "Tatort", den der NDR im Jahr 1970 sendete. Ein Krimi, der seinen heute noch spürbaren Grusel aus der deutschen Teilung bezog. Kommissar Trimmel (Walter Richter) aus Hamburg reiste damals inkognito in die DDR ein, um auf eigene Faust Ermittlungen anzustellen. Der Bezug zum Urfilm mag in der Einsicht liegen, dass 1970 der Grusel Deutschlands – wie vielleicht nirgendwo sonst – auf Transit-Autobahnen und ihren Parkplätzen zu finden war, politisch-topografisch sozusagen an nicht vorhandenen Orten. Und heute? Da wohnt das Unbehagen nur noch in den Seelen der Deutschen selbst.


Quelle: teleschau – der Mediendienst

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