Sonntag am Tatort

Hier könnte noch Großes entstehen

27.03.2018, 06.10 Uhr
von Florian Blaschke
Was sagt man einer Mutter, deren Kind höchstwahrscheinlich entführt wurde? Ellen (Heike Makatsch) will nichts Unmögliches versprechen.
BILDERGALERIE
Was sagt man einer Mutter, deren Kind höchstwahrscheinlich entführt wurde? Ellen (Heike Makatsch) will nichts Unmögliches versprechen.  Fotoquelle:  © SWR/Julia Terjung

Der zweite Tatort mit Heike Makatsch vermeidet etliche Fehler ihres Erstlings und überzeugt sowohl optisch als auch dramaturgisch.

Die böse Vorahnung befällt den Zuschauer, als ein Rot-Kreuz-Mitarbeiter einen blutverschmierten Kapuzenpullover aus einem Altkleidersack zieht. Denn Marie (Aniya Wendel), die kurz zuvor auf einer Mittelstufenparty noch mit Jonas (Luis August Kurecki) aneinandergeraten und danach verschwunden ist, hatte genau so einen Pullover an. Und dieser Jonas ist nicht gerade das, was man einen gewöhnlichen Jungen nennt. Er wirkt überdurchschnittlich klug, aber unterdurchschnittlich gesellig für sein Alter. Doch das Wichtigste: Jonas ist der Sohn von Maja Ginori (Jule Böwe), und die ist die Cousine von Hauptkommissarin Ellen Berlinger (Heike Makatsch), die seit Jahren in verschiedenen Fällen getöteter Mädchen in Mainz ermittelt. Auch sie befällt eine böse Vorahnung.

Die Sache aber wird komplizierter als sie auf den ersten Blick scheint. Denn kurze Zeit später erreicht Maries Eltern ein Erpresserschreiben. Das Erstaunliche daran: Die vorgeblichen Entführer verlangen nur 10.000 Euro. Und auch sonst machen sie einige Fehler.

Liebe und Trauer und Wut und Agonie

Ganz anders als Marco Wiersch und Florian Oeller, die Autoren des zweiten Tatorts, in dem Heike Makatsch die Hauptrolle spielt. Nach dem für viele Kritiker misslungenen ersten Fall mit Makatsch, der noch in Freiburg spielte und sich verzettelt habe (FAZ), in dem "die Haupthandlungsstränge nicht schlüssig ineinander" liefen (Süddeutsche), erzählen sie diesen ungewöhnlichen Fall auf ebenso ungewöhnliche Weise. Denn fast alles in "Zeit der Frösche" wirkt fast beiläufig, dabei aber ist die Kamera in vielen Moment so dicht dran an ihren Protagonisten, dass es den Zuschauer schon fordert, den vielen Emotionen zu folgen, sich einzulassen auf Liebe und Trauer und Wut und Agonie.

Dazu kommt, dass dieser Krimi filmisch zwar Hochglanz ist, die Welt, in der Berlinger und ihr Kollege Martin Rascher (Sebastian Blomberg) ermitteln, aber derart auf Matt gebürstet ist wie in kaum einem anderen Tatort derzeit. Das Spiel der perfekt ausgeleuchteten Inszenierung trifft hier auf eine Stadt, die so gar nicht dem Klischee der deutschen Provinz entspricht. Einmal quer durch die Gesellschaftsschichten galoppiert Regisseur Markus Imboden mit seinem Film, der dabei unter anderem durch überraschende Schnitte, herausragende Schauspielkunst, insbesondere von den jüngeren Protagonisten, und den auf ein Minimum reduzierten Einsatz von Musik beeindruckt.

Vor allem aber hat das Drehbuch einige der tatsächlichen Fehler des Erstlings ausgebügelt. So hat Heike Makatsch mit Sebastian Blomberg einen passenden, weil komplett konträren Sparringspartner an die Seite gestellt bekommen, der dem Zuschauer mit seiner empfindsamen Art schon manchmal gehörig auf den Zeiger gehen kann. Und sie hat eine Familienkonstellation, die spannende Begegnungen erlaubt – wie in diesem Fall mit Erzieher Bassi Mahler (Lucas Prisor), der nicht nur an Berlingers Tochter einen Narren gefressen zu haben scheint.

Auch auf die völlige Fokussierung auf Makatsch als Hauptfigur hat Markus Imboden verzichtet. Zwar gelingt ihm das nur mit Hilfe einiger Füllszenen, doch zumindest sind auch diese stimmig inszeniert und optisch opulent verfilmt. Und so bleibt zu hoffen, dass der SWR auch weiterhin Geduld hat im Fall Heike Makatsch. Sie macht sich – und die Fälle machen sich mit ihr. Hier könnte noch Großes entstehen.

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