Dritte Staffel

Mit "True Detective" in die Hölle Amerikas

von Eric Leimann

Mehr als drei Jahre nach der enttäuschenden zweiten Staffel gibt es doch noch die überraschende Fortsetzung der ruhmreichen HBO-Serie "True Detective".

Zwei bärbeißige Südstaaten-Cops werden wegen eines lange zurückliegenden Verbechens befragt. Der schwarze Detective Wayne Hays (Mahershala Ali, "Moonlight") und sein ehemaliger Partner Roland West (Stephen Dorff) ermittelten 1980 wegen des Verschwindens zweier Kinder in Arkansas. Serienschöpfer Nic Pizzolatto erzählt die dritte Runde seines düsteren Crime-Dramas "True Detective" auf drei Zeitebenen. Neben dem Jahr 1990, in dem der Fall noch einmal aufgerollt wird, springt die Erzählung über acht Folgen auch immer wieder ins Jahr 2015, wenn längst berentete Cops auf die traumatischen Ermittlungen zurückblicken. Der Eindruck, dass Showrunner Pizzolatto die Erfolgsfaktoren der ersten Staffel kopiert – Südstaaten, verschiedene Zeitebenen, ein knorriges Ermittlerduo -, lässt sich nicht von der Hand weisen. Trotzdem ist sein achteiliges Drama furios erzählt und gespielt. Tatsächlich entwickelt "True Detective" wieder jenen dunklen Sog der legendären ersten Staffel mit Matthew McConaughey und Woody Harrelson.

Am 7. November 1980, dem Tag, als US-Schauspieler Steve McQueen verstarb, machen sich zwei Kinder im ländlichen Arkansas mit ihren Fahrrädern auf den Weg. Der Vater (Scoot Mc Nairy, "Godless") ruft ihnen noch hinterher, sie sollen bei Dunkelheit zurück sein. Die Mutter (Meryl Streeps Tochter Mamie Gummer) ist wie so oft mal wieder nicht zu Hause. Natürlich kommen die Kinder nicht zurück, und die Ermittler Hays und West veranlassen eine immer größer werdende Suchaktion.

Über Tage, Monate und Jahre tauchen immer neue Spuren auf – und doch behält der Fall sein Rätsel für sich. Über acht Stunden verknüpft Serienschöpfer Nic Pizzolatto furios drei Zeitebenen. Dabei erzählt er, wie das Schicksal von Ermittlern und Angehörigen der Opfer über Jahrzehnte durch tausendfach durchdachte Spuren verändert wird.

Einerseits nähert man sich durch die Augen der beiden Ermittler immer mehr dem Kern des Verbrechens an, andererseits mäandert Pizzolattos Erzählkunst auf eine Art und Weise um Lebensgeheimnisse und verborgenen Fakten herum, dass die subtile Spannung über sätmliche Folgen auf gleichbleibend hohen Niveau erhalten bleibt.

Nic Pizzolatto ist als Autor und Showrunner die einzige Konstante der Anthology-Serie "True Detective" – neben der Tatsache, dass Polizeiermittler im Mittelpunkt des Plots stehen. Diesmal führt er bei zwei Folgen sogar selbst Regie. Wie der 43-jährige Sohn einer italienischstämmigen Arbeiterfamilie aus Louisiana den Crime-Plot mit höchster Akribie vorantreibt, wie er eine von düsteren Ängsten und Ahnungen geprägte ländliche Hölle Amerikas beschreibt – das ist ganz großes (Pantoffel)kino. Auch wenn Matthew McConaugheys Darstellung des Detectives Cohle in Staffel eins (2014) wohl zu den größten schauspielerischen Leistungen der Fernsehgeschichte gehört, muss sich Oscarpreisträger Mahershala Ali ("Moonlight") mit seinem Detective keineswegs hinter McConaugheys verstecken. Alis Figur Wayne Hays ist zwar weniger wuchtig angelegt, dafür aber "auf Strecke" beeindruckend präzise. Auch der in letzter Zeit etwas in Vergessenheit geratene Stephen Dorff ("Blade") spielt als Co-Ermittler zunehmend groß auf. Zudem dürfte sich Carmen Ejogo ("Selma") als in jeder Hinsicht starke Ehefrau von Detective Hays Hoffnungen auf den ein oder anderen Nebenrollen-TV-Preis machen.

Insgesamt gelingt den neuen "True Detective"-Episoden das Kunststück, die Stärken der hochgelobten ersten Staffel zurück ins "Sehbewusstsein" zu holen und dennoch in keinster Weise zu langweilen. Dies muss man den Machern nach der Enttäuschung von Staffel zwei und einer langen Pause hoch anrechnen. Die reichlich disparate Erzählung von Staffel zwei konnte dem Mega-Hype des Formats nach dem Aurtakt nie gerecht werden. Auch das veränderte Umfeld – Südkalifornien statt des Faszinosums ländlich-schmutziger Süden – tötete in der zweiten Story die oft analysierte Pizzolatto-Stimmung zwischen anspruchsvollem Hard Boiled-Krimi, modernem Grusel-TV-Roman und Existenzialismus-Gedankenexkursen des studierten Philosophen und Anglizisten Nic Pizzolatto.

Wer glaubt, die Fortsetzung der HBO-Serie "True Detective" 2019 getrost links liegen lassen zu können, weil es doch zur Genüge neue spannende Serien gäbe, der irrt. Pizzolatto zeigt beim Comeback seiner Detektive, dass es wohl derzeit keinen Autor außer ihm gibt, der innerhalb des Krimigenres mit vergleichbarem visionärem Größenwahn zu Werke geht.

Die erste Folge "True Detective" ist ab der Nacht zum 14. Januar parallel zur US-Ausstrahlung über Sky Ticket und Sky Go auf Abruf oder ab 14. Januar immer montags, um 20.15 Uhr, auf Sky Atlantic HD zu sehen. Pro Woche gibt es allerdings nur eine neue Episode – wahlweise auf Deutsch oder nicht gerade leicht verständlichem Südstaaten-Amerikanisch ohne Untertitel. Doch wer es einfach mag, der ist ohnehin falsch bei "True Detective".


Quelle: teleschau – der Mediendienst

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