Kritik an Corona-Maßnahmen

"Alles dicht machen": Kampagne spaltet die Künstlerszene

Rund 50 deutsche Schauspieler kritisieren die Corona-Maßnahmen und teilen im Rahmen einer Netzkampagne satirische Videos. Dafür gibt es heftigen Gegenwind – auch von Schauspiel-Kollegen.

Die "Tatort"-Stars Jan Josef Liefers (56), Wotan Wilke Möhring (53) und Ulrich Tukur (63) und sowie weitere prominente Schauspieler haben am Donnerstagabend mit einer Online-Aktion für Aufsehen gesorgt. Unter dem Motto #allesdichtmachen verbreiteten sie auf YouTube, Instagram und einer eigens dafür angelegten Plattform (allesdichtmachen.de) satirische Videos, in denen sie sich über die Corona-Politik der Bundesregierung empören. Die Webseite war am Freitagmorgen nicht mehr erreichbar.

Jan Josef Liefers etwa dankt in dem kurzen Clip ironisch den Medien, dass "kein unnötiger, kritischer Disput uns ablenken kann von den sinnvollen und immer angemessenen Maßnahmen". Währenddessen fordert Ulrich Tukur die Regierung auf, "ausnahmslos jede menschliche Wirkungsstätte und jeden Handelsplatz" zu schließen. Auch Volker Bruch (41), Meret Becker (52), Ulrike Folkerts (59), Richy Müller (65) und viele weitere Darsteller sind Teil der Aktion und tun in den Videos so, als wünschten sie sich strengere Maßnahmen. 

M'Barek und Böhmermann kritieren Kampagne

Im Netz reagierten viele andere Prominente entsetzt auf die Kampagne. Der Schauspieler Elyas M'Barek (38) kommentierte den von Volker Bruch auf Instagram geposteten Clip: "Come on, das ist doch Blödsinn. Was unterstellst du denn da unserer Regierung? Kann ich null nachvollziehen." M'Barek schrieb, jeder wolle zur Normalität zurückkehren und das werde auch passieren. "Wenn alle dafür sorgen, dass eine weltweite PANDEMIE bekämpft wird. Mit Zynismus ist doch keinem geholfen," so der "Fack ju Göhte"-Darsteller.

Auch TV-Moderator Jan Köppen (38) kritisierte die Videos auf seinem Twitter-Profil: "Ich sitze gerade irritiert und auch ein bisschen fassungslos vor meinem Handy und schaue mir diese Videos an. Egal, was die kreativ, witzig, satirische Idee dahinter ist – vor allem ist das gefährlich."

ZDF-Satiriker Jan Böhmermann (40) verwies auf Twitter auf eine Folge der ARD-Sendung "Charité Intensiv: Station 43", die den Pandemiealltag einer Berliner Intensivstation dokumentiert. Er schrieb: "Das ist das einzige Video, das man sich ansehen sollte, wenn man Probleme mit Corona-Eindämmungsmaßnahmen hat: Charité Intensiv: Station 43 – Sterben" und fügte den Hashtag #allenichtganzdicht hinzu, unter dem viele Twitter-Nutzer die Online-Kampagne kritisierten. Auch Christian Ulmen verwies in seiner Instagram-Story auf die Dokumentation.

Liefers reagiert mit Statement

Inzwischen hat Jan Josef Liefers auf die Empörung reagiert. In einer auf seinen Social-Media-Kanälen geposteten Klarstellung distanzierte sich der Schauspieler von der Querdenker-Bewegung, der AfD und wies "jegliche da hineinorakelte Nähe" zu "Reichsbürger, Verschwörungstheoretiker, Corona-Ignoranten und Aluhüte" zurück. Stattdessen sei er "bei all denen, die zwischen die Fronten geraten sind, den Verängstigten, den Verunsicherten, den Verstörten und Eingeschüchterten".

Das Statement kommentierte unter anderem Simone Thomalla (56), die schrieb, es gebe "leider zu viele Menschen, die diese Ironie in diesen Zeiten nicht verstehen".

Auch Schauspielkollegin Nora Tschirner (39) reagierte und hielt Liefers dazu an, "mehr Achtsamkeit, Konkretheit und Besonnenheit walten zu lassen". Weiter schrieb sie: "Als Schauspieler beschäftigt ihr Euch tagtäglich mit dem Stilmittel Sprache in all ihren Facetten. Und ihr müsstet wissen, wie sie wirkt. Mittlerweile ist es doch wirklich dem Letzten klargeworden, dass das nicht das Kommunikationsmittel eines nachhaltigen Diskurses sein kann. Es ist schon echt sauschade, dass ihr zu fünfzigst auf kein genaueres Instrument gekommen seid."

Heike Makatsch zeigt Reue

Heike Makatsch, die sich ebenfalls an der Kampagne beteiligt hatte, scheint dies mittlerweile zu bereuen. In einem Statement auf Instagram schrieb sie: "Ich erkenne die Gefahr, die von der Corona-Pandemie ausgeht und will niemals das Leid der Opfer und ihrer Angehörigen schmälern und sie womöglich dadurch verletzen. Sollte dies geschehen sein, so bitte ich um Verzeihung." Zudem distanzierte sie sich von rechtem Gedankengut und gab an, zutiefst zu bereuen, falls sie mit der Aktion rechten Demagogen in die Hände gespielt habe.


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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