ZDF-Mehrteiler

"Der Palast": Tanztheater im Wandel der Zeit

von Eric Leimann

Der Berliner Friedrichstadt-Palast wurde als "Las Vegas des Ostens" eröffnet, wenige Jahre später fiel die Mauer. Vor der Kulisse des Veranstaltungsorts erzählt der ZDF-Mehrteiler eine deutsch-deutsche Familiengeschichte.

ZDF
Der Palast
Historien-Drama • 03.01.2022 • 20:15 Uhr

Episch lange schrieb der Berliner Friedrichstadt-Palast nicht DDR-Geschichte. Erst 1984 wurde das "Las Vegas des Ostens" mit großem Staats-Pomp eröffnet. Hier sollte der Sozialismus tanzen lernen und dazu ziemlich gut aussehen. Doch schon fünf, sechs Jahre später war es vorbei mit der DDR. Der mit 1.895 Sitzplätzen größte Theaterbau Berlins existiert jedoch bis heute. Nach Vorbild ihres erfolgreichen ZDF-Mehrteilers "Das Adlon" aus dem Jahr 2013 erschufen Autorin Rodica Doehnert und Regie-Veteran Uli Edel nun ein 270 Minuten-Stück, das vom Tanztheater im Wandel der Zeit berichtet. Mit einem fast märchenhaften Trick wird dazu auch deutsch-deutsche Geschichte erzählt. Sonst hätte man im öffentlich-rechtlichen Fernsehen mit einem solchen Projekt wohl auch schlechte Karten.

Und darum geht's: Chris Steffen (Svenja Jung), Tänzerin in der berühmten "Girl Line" im Friedrichstadt-Palast, hat endlich ihr ersehntes erstes Solo bekommen – und steht plötzlich ihrer unbekannten Zwillingsschwester aus Westdeutschland gegenüber. Unternehmertochter Marlene Wenninger (ebenfalls Svenja Jung) ist aus Bamberg nach Ost-Berlin gekommen, um für ihr Familienunternehmen Verhandlungen mit dem DDR-Außenhandelsministerium zu führen. Als Höhepunkt des deutsch-deutschen Treffens war sie in den Friedrichstadt-Palast eingeladen worden und hatte ihre Doppelgängerin auf der Bühne entdeckt. Verblüfft versuchen die Schwestern herauszufinden, wodurch sie getrennt wurden. Dabei spielen natürlich Chris' Ost-Mutter (Anja Kling) und Marlenes West-Vater (Heino Ferch) eine Rolle ...

Wann laufen Teil 2 und 3?

Teil zwei und drei des bildersatten Historienreigens füllen die ZDF-Primetime der folgenden beiden Tage, Dienstag, 4. Januar, und Mittwoch, 5. Januar, jeweils 20.15 Uhr. In der ZDF-Mediathek ist "Der Palast" bereits ab 27. Dezember als Sechsteiler à 45 Minuten zu sehen. Bereits vor Teil eins läuft im ZDF am 3. Januar, um 19.25 Uhr, "Der Palast – Die Dokumentation", wo die wahre Geschichte des Tanztempels erzählt wird.

In der Fiction-Variante trifft klassisches öffentlich-rechtliches Historienfernsehen (der schwächere Part des Dreiteilers) auf eine wüste Mischung aus "Das doppelte Lottchen", "Flashdance" und "Fame". Oder man setze jeden anderen, beliebigen Teen- und Twen-Hit der letzten Jahre, der im Musical- oder Showbusiness spielt, an die Stelle der letzten drei Namen. Hauptdarstellerin Svenja Jung strebte früher selbst eine Tanzkarriere an und füllt die Doppelrolle mit beeindruckender Energie. Dass die 28-Jährige nicht nur tanzen kann, sondern auch eine sehr begabte Schauspielerin ist, zeigte sie in anspruchsvollen Rollen wie der feinfühligen Netflix-Miniserie "Zeit der Geheimnisse" (2019) oder als geistig behinderte junge Frau im ZDF-Krimi "Ostfriesenkiller" (2017).

Svenja Jung trägt diese Serie, man schaut ihr beim Entdecken ihr jeweils anderen Zwillingswelt fasziniert zu. In den Nebenrollen helfen Stars wie Jeanette Hain oder Daniel Donskoy als Choreografen, Matthias Mattschke spielt einen Maskenbildner, die Eltern- und Großelterngeneration ist mit Heino Ferch, Anja Kling oder Friedrich von Thun ebenfalls prominent besetzt.

Die zweite Hauptrolle neben Svenja Jung spielt am Ende aber dennoch der Friedrichstadt-Palast selbst. Die Tanzszenen, bei denen das echte Ensemble des Friedrichstadt-Palastes kräftig mithalf, sehen wirklich gut aus und können mit höher budgetierten Serien aus dem Streamingbereich durchaus mithalten. Letztendlich kommt es bei "Der Palast" darauf an, ob man sich vom abenteuerlichen Geist der Handlung samt ihrer Choreografien zwischen Spät-Sozialismus und George Michael mitreißen lässt oder nicht. Falls ja, erlebt man mit der ZDF-Produktion viereinhalb sehr vergnügliche Stunden. Strenges Historien-TV gibt es dann wieder an anderer Stelle.

Der Palast – Mo. 03.01. – ZDF: 20.15 Uhr


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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