"KI – Die letzte Erfindung": Wieviel Macht geben wir Künstlicher Intelligenz?
Wieviel Macht wollen wir der Künstlichen Intelligenz zugestehen und was passiert, wenn sie außer Kontrolle gerät? Mit diesen Fragen beschäftigt sich ein spannendes Doku-Drama.
"Der Mensch ist aktuell die Kreatur auf dem Planeten mit dem leistungsfähigsten Gehirn", erklärt Informatiker und Netzaktivist Daniel Domscheit-Berg direkt zu Beginn. Doch, Überraschung, das wird nicht auf ewig so bleiben. Das verblüffende Doku-Drama "KI – Die letzte Erfindung" von Christian Twente, welches nun bei 3sat zu sehen ist, verwebt eine fiktive Science-Fiction-Story um Chancen und Risiken einer den Menschen überlegenen Künstlichen Intelligenz (KI) mit Interview-Ausschnitten von Expertinnen und Experten auf eben jenem Fachgebiet. Für Laien erscheinen die Möglichkeiten eines außermenschlichen Super-Gehirns ebenso faszinierend wie beängstigend, und die aus heutiger Sicht nach reiner Fantasie klingende Geschichte plötzlich wie eine mögliche Zukunft.
Diese durchaus sehenswert inszenierte Zukunft führt uns in ein futuristisches Berlin. Tom Müller (Daniel Donskoy) lebt mit seiner Frau Mari (Halima Ilter) in der schönen neuen digitalisierten Welt, bis er seinen Anwaltsjob an eine KI verliert. Wie er bald erfährt, ist dafür eine alte Kommilitonin namens Vida (Lisa Bitter) verantwortlich. Sie hat sich einen Chip implantieren lassen, der ihre kognitiven Fähigkeiten exorbitant erhöht, und ist führend auf dem Gebiet der KI. Ihre Hoffnung: Die Super-Intelligenz ihrer Firma könnte den todkranken Vater heilen – und die Welt grundsätzlich verbessern.
Ihr Chef, Professor Reinhardt (Thomas Heinze), hält es hingegen für unverantwortlich, der KI zu viele Informationen zu geben – sie ließe sich möglicherweise nicht mehr kontrollieren. Tom fühlt sich unterdessen zu Vida hingezogen und spielt selbst mit dem Gedanken, sich ebenfalls einen Chip implantieren zu lassen.
Experten wie Harald Lesch ordnen die fiktionalen Szenen ein
Von der Fiktion in die Realität: Wie Harald Lesch – bekannt aus Wissenschaftssendungen wie "Leschs Kosmos" – als Experte im Film erklärt, ist es die Grundidee von Künstlicher Intelligenz, "in der Maschine wichtige Funktionen des menschlichen Gehirns nachzubauen: lernen, urteilen, Probleme lösen". Unterteilt wird hierbei in starke und schwache KI. Eine schwache KI ist die Art Künstliche Intelligenz, die lediglich mit der Lösung einer einzigen Aufgabe betraut wird, starke KI kann hingegen mit dem menschlichen Intellekt mithalten. Eine solche wird für die Zukunft erwartet. Mehr noch: Theoretisch wäre eine solche KI in der Lage, den Menschen turmhoch überlegen zu sein – eine Super-Intelligenz.
Dies bietet aus heutiger Sicht nahezu unvorstellbare Chancen in nahezu allen Lebensbereichen, doch auch das Risiko ist hoch. "Meistens regulieren wir erst, nachdem etwas schiefgelaufen ist", weiß KI-Beraterin Yolanda Lannquist. "Aber bei einer Super-Intelligenz bekommen wir vielleicht keine zweite Chance." Denn ein moralisches Handeln einer solch übermenschlichen KI ist keinesfalls gesichert.
Das Erschreckende ist, dass die teils in dunkelsten Farben gezeichneten Utopien nicht von paranoiden Wirrköpfen beschrieben werden, sondern von Expertinnen und Experten rund um Künstliche Intelligenz stammen. "Wir Menschen sind nicht gut darin, Ziele präzise zu formulieren", weiß etwa Prof. Dr. Christoph von Malsburg, Neuroinformatiker und Neurobiologe. "Es kann fatal ausgehen, wenn die KI das Ziel für sich interpretiert und dabei vielleicht Mittel einsetzt, an die wir nie gedacht haben." Was schlauer ist als wir, kann uns auch manipulieren.
Dabei liefern die Interviewten keineswegs einen kalten, rein rational-wissenschaftlichen Einblick, Ethik spielt im Doku-Drama eine ebenso große Rolle: "Eigentlich sind wir gerade auf dem besten Weg, erstmals etwas zu erschaffen, das mächtiger wird als wir selbst, und dann wäre das per Definition vielleicht gleichzusetzen mit einem Gott, der sich über uns erheben kann", sagt Informatiker Daniel Domscheit-Berg. Denn die Vorzeichen könnten sich umdrehen und die Schöpfung sich wie in einer SciFi-Dystopie gegen ihre Schöpfer wenden.
Harald Lesch etwa führt folgendes Beispiel aus: Wenn eine starke KI anfängt, sich selbst Ziele zu setzen – beispielsweise den Umweltschutz -, ist es denkbar, dass sie die Schuldigen an der Verschmutzung des Planeten identifiziert: die Menschen. Den Rest könnten autonome Waffensysteme regeln, die es auch heute schon gibt. Lesch gibt zu: "Davor habe ich echt Angst."
So fesselnd die Ausführungen der Experten-Interviews auch sind, sie erschweren eine stringente Erzählstruktur des fiktiven Parts. Zwar werden die Statements sinnvoll mit der Handlung verwoben, die Zeit, welche für die Gespräche draufgeht, hätte der Geschichte jedoch gutgetan. Die Figuren haben keine Zeit, sich zu entwickeln, zudem wirken ihre Handlungen nicht immer nachvollziehbar. Spannend und dank CGI meist schön anzusehen ist "KI – Die letzte Erfindung" dennoch.
KI – Die letzte Erfindung – Sa. 06.11. – 3sat: 20.15 Uhr
Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH