"37°" begleitete Betroffene

Begeisterung nach ZDF-Reportage über ME/CFS: Endlich Aufmerksamkeit für die Krankheit

05.04.2023, 15.32 Uhr

Nach der Ausstrahlung der ZDF-Reportagereihe "37°" zeigten sich die Zuschauer im Netz begeistert vom Film. Die Doku begleitete betroffene Menschen, die unter der Krankheit "Chronisches Fatigue-Syndrom" leiden, die meist durch eine Virusinfektion ausgelöst wird. Den Patienten fehlt jegliche Energie, um ihren Alltag zu meistern. 

Einfach nur kraftlos: Wer von einer chronischen Multisystemerkrankung betroffen ist, wartet meist vergeblich auf eine Genesung. Wie der berührende Beitrag "37°: Jede Anstrengung ist zu viel" aus der ZDF-Reportagereihe am Dienstagabend zeigte, entwickelt sich für die Betroffenen das pure Überleben zum täglichen Kampf. Die Filmemacher Max Rachels und Andrea Wörle stellten mit Pauline, Martin und Barbara drei Menschen vor, die unter dem Krankheitsbild "ME/CFS", das für "Myalgische Enzephalomyelitis" und "Chronisches Fatigue-Syndrom" seht, leiden – wie 17 Millionen Menschen weltweit.

Schlafstörungen und grippeähnliche Symptomen

Meist ist der Auslöser für die Krankheit, welche die Fachwelt noch rätseln lässt und der breiten Mehrheit völlig unbekannt ist, eine verschleppte Virusinfektion, oft zuletzt auch die Folge einer Covid-Infektion. Wovon alle Betroffenen berichten: Sie leiden an Schlafstörungen und dauerhaften grippeähnlichen Symptomen. Die Belastungsintoleranz ist stark ausgeprägt, hinzu kommen oft kognitive Störungen. Nicht selten leiden sie an so starken Schmerzen, dass sie sich fast täglich die Frage stellen: Ist das wirklich noch ein lebenswertes Leben? Die ZDF-Reportage, die nun auch in der Mediathek zu sehen ist, nimmt ihre Ängste, Sorgen, aber auch ihre Heilungshoffnungen ernst.

In Deutschland sind circa 250.000 bis 300.000 Menschen von der Erkrankung betroffen, davon 40.000 Kinder und Jugendliche. Knapp 60 Prozent können laut Schätzungen nicht mehr arbeiten gehen, ein Viertel das eigene Zuhause nicht mehr verlassen. "Von heute auf morgen kam ich nicht mehr aus dem Bett", erklärte Martin, einer der Protagonisten der Reportage. Nach einer Grippeinfektion erkrankte er vor zehn Jahren an ME/CFS und musste sogar zurück zu seinen Eltern ziehen. "Das war einer der schlimmsten Momente", erinnerte sich sein Vater, "weil ich da zum ersten Mal gespürt habe: Da kommt ein Schwerkranker wieder nach Hause."

"Ich war mir nie sicher, ob ich den Tag überleben werde"

Vor seiner Erkrankung hatte Martin viel vor im Leben, nun muss er rund um die Uhr betreut werden. "Das tut weh. Das tut fürchterlich weh. Das kann ja gar nicht anders sein als Elternteil, den Sohn so leiden zu sehen", schildert sein Vater bewegend, "zu sehen, dass er sein Leben, was er sich vorgestellt hat, nie mehr so leben kann." Vor seiner Erkrankung studierte Martin Jura, arbeitete als DJ und legte in Clubs auf. All das ist nicht mehr. Der Tiefpunkt seiner Krankheitsgeschichte? Im Jahr 2019 verschlechterte sich Martins Zustand so sehr, dass er künstlich ernährt werden musste. "Das war so ein fürchterliches Gefühl teilweise", erinnerte sich der Betroffene zurück. "Ich war mir nie sicher, ob ich den Tag überleben werde."

Martin bekommt viel Unterstützung von seinen Eltern und seiner Freundin, doch nicht bei jeder erkrankten Person ist das der Fall. Aus diesem Grund gründete er mit einem Freund die ME/CFS Research Foundation und sammelt Spenden, um die Forschungen finanziell zu unterstützen. Bis vor drei Jahren gab es in Deutschland keine offiziellen Forschungsgelder.

Auch die 19-jährige Münchnerin Pauline lernte das Publikum im Film kennen. Sie stand kurz vor ihrem Abitur, als sie schwer erkrankte. Mittlerweile kann sie kaum das Bett verlassen. Ihre Zukunftsträume, zuvor geprägt von jugendlichem Ehrgeiz, erloschen mit ihrer Schock-Diagnose: ME/CFS. Nun liegt sie meist kraftlos im Bett oder sitzt im Rollstuhl. Für Schritte vor die Tür ist die junge Frau auf einen Rollator angewiesen. Doch ihre Familie, vor allem ihr Zwillingsbruder Emil und der 13-jährige Leo, geben ihr Halt.

Großes Mitgefühl bei den Zuschauern

Auch die 44-jährige Barbara wurde für die "37°"-Reportage in ihrem Alltag begleitet. Viele Jahre hat sie sich nicht ernst genommen gefühlt, besonders von den Ärzten nicht. Ganze zwölf Jahre hat es gedauert, bis sie eine Diagnose bekam. An zehn Tagen in einem Monat verbringt sich 15 Stunden liegend, weil sie die Kraft nicht hat aufzustehen. "Der Schmerz ist so unerträglich, dass ich mir oft wünsche, ich hätte keine Familie. Weil dann hätte ich für mich eine ganz klare Entscheidung getroffen", gesteht Barbara.

Im Netz zeigen sich die Zuschauerinnen und Zuschauer begeistert über den Film und teilten ihr Mitgefühl gegenüber den drei betroffenen Personen, die in der Reportage gezeigt wurden. "Super, dass das Thema hier aufgegriffen wird" und "Vielen Dank für den Beitrag und an alle Betroffenen & deren Familien, die mitgewirkt haben" sind nur wenige der vielen positiven Kommentare, die auf Facebook verfasst wurden. "Der Beitrag hat mich sehr erschüttert", lautet der Kommentar einer Zuschauerin, "wie immer bei '37 Grad' sehr einfühlsam berichtet. Ich wünsche den Dreien alles erdenklich Gute."

Einige machten auch darauf aufmerksam, dass die Forschungen unterstützt werden müssen. "Es muss dringend etwas unternommen werden. Die Forschung, Entwicklung und vor allem die pflegerische Unterstützung muss vorangetrieben werden", schrieb ein Facebook-Nutzer. Viele berichteten in den Kommentaren auch über ihre eigene Krankheitsgeschichte. "Seit neun Jahren bin ich permanent hausgebunden und überwiegend bettlägeriger Pflegefall Grad vier", teilte eine Zuschauerin mit. Eine Erkrankte sei sogar "18 Stunden" täglich ans Bett gebunden.


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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