"Otto ist für viele eine Identifikationsfigur": Florian Martens über seine Rolle als Otto Garber
Zum 100. Mal ermittelt Florian Martens in der ZDF-Reihe "Ein starkes Team", sein Otto Garber ist längst Kult. Im großen Jubiläumsinterview spricht der 66-jährige Berliner darüber, wie alles begann, wie ähnlich er seiner Figur ist – und wie sehr der Verlust von Maja Maranow noch heute schmerzt.
Berliner Schnauze, grummeliger Witz und eine ikonische Wollmütze als Markenzeichen: Seit 1994 ermittelt Florian Martens als Otto Garber in der beliebten ZDF-Krimireihe "Ein starkes Team" mit viel Herz und Humor. Der Hauptkommissar, der die kurzlebige Welt um sich meist mit einem knappen "Wat?" oder "Aha" kommentiert, gehört zu den dienstältesten TV-Ermittlern hierzulande, beschert dem Zweiten verlässliche Quoten und ist längst Kultfigur. Wenn er nun seinen 100. Fall erlebt und zugleich 30 Jahre im Dienst feiert, soll das angemessen geschehen – mit Sektchen, Pferdewetten, aber auch einem Mord und alten Feinden. Die Jubiläumsfolge heißt nicht ganz unpassend "Für immer jung" (Samstag, 25. Oktober, 20.15 Uhr, ZDF).
Dass er mit derlei runden Anlässen nicht viel anfangen kann, hat Otto mit dem Darsteller Florian Martens gemein – wie überhaupt so einiges, wie der gebürtige Ost-Berliner im großen Interview verrät. Im Gespräch blickt der 66-jährige Schauspieler zurück auf die holprigen Anfänge in einer Kneipe, auf den schmerzhaften Verlust seiner ehemaligen "Ein starkes Team"-Partnerin Maja Maranow und auf die nicht immer einfachen Veränderungen, mit denen sich die Krimireihe an den Zeitgeist anpasste.
"Die Figur ist mir natürlich auf den Leib geschrieben"
prisma: Herr Martens, Glückwunsch zu 100 Folgen "Ein starkes Team"! Sind Ihnen solche Jubiläen persönlich eigentlich wichtig?
Florian Martens: Nee, überhaupt nicht. Ich zähl auch nicht mit. Natürlich sehe ich die Zahl da stehen, aber das ist völlig irrelevant.
prisma: Und wenn nun in der Jubiläumsfolge auf Ottos "30-jähriges" Dienstjubiläum angestoßen wird – denken Sie da nicht an die vielen Jahre, die Sie mit der Rolle schon verbringen?
Martens: Das Gefühl hab' ich schon länger – es geht wirklich schon sehr lang. Das bekomme ich ja auch mit.
prisma: Ist es die Rolle Ihres Lebens?
Martens: Solche Begriffe nutze ich eigentlich gar nicht. Aber sicher, es ist eine der Rollen meines Lebens. Die Figur ist mir natürlich auf den Leib geschrieben.
prisma: Können Sie sich erinnern, wann Ihnen klar wurde, dass daraus so eine langlebige Reihe werden würde?
Martens: Tatsächlich haben meine damalige Partnerin Maja Maranow und ich erst nach mehreren Jahren mitgekriegt, dass wir eine eigene Reihe an der Backe haben. Als es 1993 anfing, war es einfach nur eine einzelne Krimikomödie. Und die kam wohl so gut an, dass der Sender das noch mal machen wollte. Wir haben das erst gar nicht so richtig mitbekommen.
"Ich gehe für den Otto nie in die Maske oder ins Kostüm"
prisma: Sie hatten ja auch anderes zu tun damals ...
Martens: Seit dem "Schattenmann" waren Maja und ich in jeder Wedel-Produktion gemeinsam zu sehen. Das waren tolle Rollen, Wedel mochte uns – und wir haben ihm Priorität eingeräumt. Das heißt, dass wir in diesen Zeiten natürlich kein "Starkes Team" drehen konnten. Dass es eine Reihe werden würde, haben wir erst nach vier oder fünf Folgen gemerkt. In den ersten 15 Jahren war es nur eine von mehreren schönen Rollen, die ich im Jahr spielte. Aber irgendwann musste ich dann auch einige Drehbücher ablehnen, weil das "Starke Team" schneller war. Teilweise sagte ich richtig gute Filme ab. Aber das war dann eben so.
prisma: Wie sehr haben Sie den Otto eigentlich im Laufe der Zeit mitgestaltet?
Martens: Angelegt war Otto von Anfang an so als ostdeutsches Gegenstück zu Majas feiner Kommissarin aus dem Westen. Kettenraucher, Biertrinker, unkonventionell, relativ prollig und immer mal wieder in einem anderen Bett aufwachend. Die Wollmütze und Klamotten hab übrigens ich mit reingebracht. So war der konzipiert, und so hab ich ihn dann auch gespielt. Ich kam gut mit der Rolle klar, weil vieles davon auch auf mich zutraf. Obwohl mich die Autoren, als sie das erste Buch schrieben, noch gar nicht kannten. Ich zog die Rolle dann an mich ran, Ab diesem Zeitpunkt wurde sie mir auf den Leib geschrieben. Ich musste mich kaum verändern, in der Figur findet sich unheimlich viel von mir selbst.
prisma: Diese Parallelen sind also nach wie vor da?
Martens: Im Otto steckt extrem viel von mir drin. Das ist die einzige Rolle, in der ich mir das gestatte. Inklusive Berliner Dialekt. Ich habe in meiner Karriere sicher 200 Filme gemacht, Massenmörder, Komödien, Chefärzte, Kranke, Banker – und abgesehen von Otto und drei, vier anderen Rollen spreche ich in allen Hochdeutsch. Ich komme ja vom Theater, da hat man ja auch nicht berlinert.
prisma: Sind Ihre Drehs für "Ein starkes Team" also entsprechend unkompliziert?
Martens: Ich gehe für den Otto nie in die Maske oder ins Kostüm. Dann würde ich ja wie ein Schauspieler aussehen, das will ich vermeiden. Ich komme früh an, werde ans Set gefahren, steige aus dem Auto und kann sofort drehen. Weil ich auch immer gut vorbereitet bin, dieses Eigenlob würde ich mir ausnahmsweise mal gestatten. Wenn man so gut bezahlt wird wie ich, ist das mehr als eine Selbstverständlichkeit. Ich hoffe, dass das im Alter nicht nachlässt ...
"Man konnte sich schön fetzen, und das mochten die Leute"
prisma: Welchen Anteil haben Sie am subtilen Humor, der die Reihe von Beginn an trägt?
Martens: Ich spiele keine Komödie, ich lasse mir auch keine Gags reinschreiben. Das muss sich so ergeben im Spiel, wie im Leben auch. Im Leben läuft man ja auch mal aus Versehen gegen den Briefkasten oder tritt in Fettnäpfchen. Wenn das beim Dreh passiert, lass ich das zu. Die witzigsten Sachen stehen nicht im Drehbuch. Aber trotzdem ist es eine Krimireihe, die nie humorlos daherkommt. Das ist bis heute so geblieben.
prisma: Dabei begann alles als einzelne Krimikomödie mit Ost-West-Einschlag. Ihre Rolle haben Sie eigentlich Maja Maranow zu verdanken, oder?
Martens: Ja, das war 1993. Ein Freund und Kollege von mir hat damals zusammen mit zwei Griechen eine Kneipe in Berlin-Mitte eröffnet, dort wohnte ich damals – und geboren wurde ich da ja auch übrigens. Die Eröffnung war ein riesiges, feucht-fröhliches Fest. Nachts gegen zwei, ich war schon nett zurechtgemacht, wie man so sagt, stand plötzlich ein älterer Herr neben mir an der Bar – der rückblickend gar nicht so viel älter war. Mit dem kam ich ins Gespräch, und nebenbei sah ich immer die Maja Maranow durch den Raum tigern und mich fixieren. Ich fragte mich, was so eine schöne Frau von mir will, denn so schön bin ich ja nun auch wieder nicht.
prisma: Denn eigentlich kannten Sie sich noch nicht?
Martens: Ich kannte sie natürlich. Ich komme ja vom Galopprennsport, und da gab es Ende der 80-er die TV-Serie "Rivalen der Rennbahn", in der sie eine markante Hauptrolle spielte. Aber sie konnte mich ja nicht kennen! Deshalb war ich verblüfft, weshalb sie mich anguckt! Lange Rede, kurzer Sinn: Nachdem ich am nächsten Morgen meinen Rausch ausgeschlafen hatte, gratulierte mir meine Agentin zu der Rolle. Ich wusste nicht, wovon sie redet – und es stellte sich heraus, dass der Mann an der Bar der Regisseur war, der Maja die Wahl des männlichen Hauptdarstellers überließ. Sie hat mich dann inkognito beobachtet – und sich für mich entschieden.
prisma: Sie kamen aus dem Osten, Maja Maranow aus dem Westen. Am Anfang der Reihe ging es noch viel um diese Dynamik ...
Martens: Ja, da war die Wende noch nicht so lange her. Das war ein aktuelles Thema, das man mit Humor gut rüberbringen konnte. Man konnte sich schön fetzen, und das mochten die Leute. Von Anfang an war "Ein starkes Team" ziemlich beliebt.
prisma: 2016 starb Ihre Partnerin Maja Maranow mit nur 54 Jahren. Stand man damals eigentlich vor der Entscheidung, die Reihe vollständig einzustellen?
Martens: Für mich stand das schon im Raum. Von oben wurde das allerdings nicht kommuniziert – es war ja eine Erfolgsreihe, die fortgesetzt werden sollte. Aber ich musste mir selber diese Frage stellen.
prisma: Sie überlegten also auszusteigen?
Martens: Das war ein längerer Gedankenprozess. Zunächst fiel Maja ja aus gesundheitlichen Gründen aus. Und weil sie zwei Jahre vorher schon einmal an Krebs erkrankt war, schrillten natürlich die Alarmglocken. Sie sagte aber, es sei nur ein Virus, und wir waren alle erleichtert. Der Film musste aber 2015 nach der Hälfte der Drehzeit eingestampft werden. In der Sommerpause kam dann die Rundmail, dass Maja sich schweren Herzens entschlossen hätte, die Reihe zu verlassen, damit sie andere Aufgaben wahrnehmen kann. Da ich das Problem auch hatte, habe ich das komplett verstanden. Sie war ja auch bei Top-Regisseuren wie Dominik Graf gefragt. Das fand ich schlüssig.
"Steffi ist komplett anders als Maja, aber wir verstehen uns sehr gut"
prisma: Kam Ihnen an diesem spontanen Ausstieg nichts eigenartig vor?
Martens: Mich hat nur gewundert, dass sie mich nicht separat und privat informierte. Die Reihe lief da ja schon über 20 Jahre, und wir hatten in den Wedel-Filmen zusammengearbeitet. Wenn ich in diesen Jahren zur Arbeit ging, war zu 80 Prozent meine Haupt-Arbeitskollegin Maja Maranow. Außerdem waren wir ja auch privat sehr eng. Dass auch ich dann nur Teil dieser Rundmail war, hat mich sehr irritiert. Da wurde ich stutzig, ob nicht vielleicht doch etwas anderes dahintersteckt. Ich machte mir dann kurz Gedanken, ob ich jetzt auch aufhören soll. Da ich den wahren Grund noch nicht wusste, war mir das aber zu plötzlich. Ich spielte erst mal alleine weiter, aber man wollte ganz schnell eine neue Partnerin für mich. Und so kam Stefanie Stappenbeck ins Boot, die ich schon vorher kannte. Nach zwei Filmen mit ihr kam dann die alles niederschmetternde Nachricht von Majas Tod.
prisma: Zwischendurch gab es keinen Kontakt mehr?
Martens: Nein. Nicht zu mir. Sie hatte enge eingeschworene Freunde um sich. Sie ließ mich komplett außen vor – über die Gründe dafür kann ich nur spekulieren. Null Kontakt, abgesehen von einer SMS, die Sie mir schickte, nachdem wir als Team einen Blumenstrauß ins Krankenhaus geschickt hatten.
prisma: Das heißt auch, dass Sie sich nicht verabschieden konnten?
Martens: Nein, überhaupt nicht.
telschau: Wenn Sie so auf die Zusammenarbeit mir Maja Maranow zurückblicken: Konnten Sie von Ihr etwas für Ihren Beruf lernen?
Martens: Sie war eine erstklassige Schauspielerin, sehr expressiv, das hat mich schon beeindruckt. Beruflich haben wir uns sehr gut verstanden. Wir brauchten uns bloß ansehen und wussten, was los ist. Und sie hatte eine Lebenserfahrung – davon konnte ich lernen!
prisma: Zum Beispiel?
Martens: In den 90-ern sind wir nach dem Dreh manchmal bis frühmorgens um die Häuser gezogen. Da gerieten wir im Berliner Nachtleben manchmal in brenzlige Situationen Maja konnte damit viel besser umgehen als ich. Sie kam ja aus prekären Verhältnissen in Hamburg, mit schwerer Kindheit und Jugend, sie kannte das Milieu. Und wenn es kurz vor einer Prügelei stand, konnte sie das gut entschärfen.
prisma: Die West-Frau half dem jungen Mann aus dem Osten also nicht selten aus der Patsche?
Martens: Ich hatte zwar einen ähnlichen Hintergrund. Aber ich reagierte immer eins-zu-eins. Und Maja konnte Gefahrensituationen viel besser analysieren. Dafür habe ich sie bewundert.
prisma: Noch vor ihrem Tod bekamen Sie mit Stefanie Stappenbeck eine neue Partnerin im "Starken Team". War das anfangs nicht schwierig?
Martens: Ich wollte eigentlich nicht so einen jungen blonden Hüpfer. Das wäre mir unangenehm gewesen. Als Steffi dann aber kam, wusste ich ja, dass sie viel älter ist als sie aussah. Wir kannten uns ja – und hatten vorher schon gedreht, einmal sogar ein Liebespaar gespielt. Und: Wir sind beide Profis. Obwohl sie keine Schauspielausbildung hat und wir etwa 15 Jahre auseinander liegen, sind wir beide genauso lange im Beruf. Steffi hat schon mit 13 angefangen.
prisma: Läuft man nicht trotzdem Gefahr, zu vergleichen?
Martens: Mit Maja vergleichen – das darf man einfach nicht machen. Es gibt natürlich krasse Unterschiede, aber ich meine nicht qualitativ. Privat sind sie in vieler Hinsicht genau das Gegenteil. Steffi ist komplett anders als Maja, aber wir verstehen uns sehr gut.
prisma: Wie hat sich "Ein starkes Team" mit ihr verändert?
Martens: Als Gegenpol zu Otto funktioniert ihre Rolle natürlich gut, da war Majas Figur näher dran. Die hatte denselben Humor, da konnte man sich die Bälle zuspielen. Anders bei Linett Wachow, die ihre politisch korrekte Haltung vehement behauptet – da habe ich natürlich auch gutes Futter, mich mit ihr anzulegen. Weil ich genau das Gegenteil bin, privat als auch in der Rolle. Also es funktioniert völlig anders, aber auch hervorragend.
"Meine Figur verrate ich nicht!"
prisma: Kürzlich sagten Sie, dass in den alten Episoden mehr Leben gesteckt hätte. Wie meinen Sie das?
Martens: Da unterlagen wir noch keinen Zwängen, da konnten wir machen, was wir wollten! Da gab es Szenen und Sprüche, die sind heute schlichtweg nicht mehr möglich aufgrund dieser zum Teil völlig übertriebenen Political Correctness. Das ist schade.
prisma: Aber Ihr Otto verweigert sich dem ja auch ...
Martens: Ja, ich habe gesagt, das könnt ihr selbst machen. Meine Figur verrate ich nicht! Wenn ich gendern soll, dann bin ich raus. Das würden auch die Zuschauer übelnehmen. Und wenn die nicht mehr einschalten, wäre das Ding ja sowieso gestorben. Aber das würde auch keiner von Otto verlangen, das würde ihm auch keiner glauben. Deshalb zieh ich meine Figur durch, wohlgemerkt, weil es mir noch Spaß macht. Natürlich sage ich manche Wörter nicht mehr, die man früher gesagt hat, das ist klar. Da habe ich auch eine Schmerzgrenze. Ich finde mich absolut politisch korrekt. Aber nicht auf diese übertriebene, von oben diktierte Art und Weise, gerade was die Sprache angeht.
prisma: Wie sieht Ihre persönliche Vorstellung von politischer Korrektheit denn aus?
Martens: Ich würde nie jemandem zu nahe treten, insbesondere sogenannten Minderheiten oder anderen Ethnien nicht. So etwas gibt es bei mir gar nicht. Als gebürtiger Ostler habe ich ja sowieso ein ganz anderes soziales Gewissen, als jemand, der von Anfang an in der freien Marktwirtschaft und Ellenbogengesellschaft aufgewachsen ist. Deshalb: Ich verhalte mich oft korrekter als andere, die nur korrekter wirken und aussehen. Da geht es um soziale und humanitäre Fragen.
prisma: Blicken Sie – so wie Otto – manchmal wehmütig auf alte Zeiten?
Martens: Man muss nicht allem nachtrauern, um Gottes willen. Aber alte Zeit heißt nicht immer schlechte Zeit. Otto kann auch sehr modern sein. Aber nicht im woken Sinne der Dandy-Gesellschaft. Ein Überbleibsel ist er aber auch nicht. Er ist, genauso wie ich, auch nicht aus der Zeit gefallen. Solche Typen gibt es natürlich, ich laufe ja nun auch nicht nur in Manager- oder Künstlerkreisen herum.
prisma: Das heißt, auch Florian Martens fühlt sich wie Otto den "normalen" Menschen verbunden?
Martens: Ich wechsle auch mal ein Wort mit dem Baggerfahrer auf der Baustelle, weil ich das vor 40 Jahren selbst gemacht habe. Oder ich schau mir die Betonmischanlagen an, weil ich selbst früher mal Beton gefahren habe.
"Mit Basecap und Brille erkennt mich schon nur noch jeder Dritte"
prisma: Nach Ihrer Lehre als Baumaschinist arbeiteten Sie fünf Jahre lang auf dem Bau ...
Martens: Berliner Stadtbezirke wie Marzahn und Hellersdorf habe ich ja mit aufgebaut, die gab's damals noch gar nicht. Das war damals Lichtenberg-Nordost, und da gab es Kiesgruben, die wir ausgebaggert haben. Diese Zeiten haben mich auch geprägt, und die werfe ich nicht einfach über Bord, weil alles schicker, korrekter und moderner geworden ist. Das gehört genauso zu meinen Wurzeln wie die Rennpferde, meine Clique, die Volksbühne und die Schauspielschule. Das ist meine Vergangenheit und davon lösche ich nichts.
prisma: Aufgewachsen sind Sie in Ost-Berlin in Prenzlauer Berg. Auch diese Gegend hat sich nach der Wende enorm verändert ...
Martens: Ich bin eigentlich in Pankow aufgewachsen, allerdings auch teilweise in Prenzlauer Berg, da meine komplette Familie mütterlicherseits aus dem Bötzowviertel stammt. Die wohnten alle in der Hufelandstraße. Dort wurde ja fast die gesamte Bevölkerung ausgetauscht. Da hört man auf der Straße niemanden mehr berlinern. Wenn ich da zum Bäcker gehe und Schrippen bestelle, dauert es nicht mehr lang, dann googelt die Verkäuferin heimlich, was das ist. Dort wo meine Familie wohnte, fühlt es sich heute an wie ein Besuch in einer anderen modernen Gegend. Alles schön und hübsch, und da wohnen ja auch Kollegen, die ich sehr schätze. Aber ich würde da nie wieder hinziehen. Wenn ich null Erinnerungen habe, wo ich eigentlich tausend haben müsste, dann treibt es mich da wieder raus.
prisma: So geht es Ihnen wahrscheinlich an vielen Orten ...
Martens: Ich habe 20 Jahre am Hackeschen Markt in den Hackeschen Höfen gewohnt. Damals konnte ich meinen Müllbeutel in Turnhosen runterbringen – dafür müsste ich mich heute bei den ganzen Galerien und Touristen dort in Schale schmeißen Dann lieber wieder nach Pankow, wo ich meine Kindheit verbracht habe und heute wieder wohne.
prisma: Können Sie dort eigentlich unerkannt auf die Straße gehen?
Martens: Nein, ich kann fast nirgendwo mehr unerkannt herumlaufen, außer ich verkleide mich. Aber das gehört zur Schauspielerei dazu, das wusste man ja vorher. Ich bin bekannt wie ein bunter Hund, durch meine Filme, aber natürlich auch durch die markante Hauptfigur. Otto ist für viele eine Identifikationsfigur. Vor allem merke ich aber an den Reaktionen, dass die Leute mich mögen. Das Gefühl, nicht nur bekannt, sondern auch beliebt zu sein, ist natürlich angenehm.
prisma: Kann die Popularität trotzdem bisweilen nerven?
Martens: Klar, manchmal wird es zu viel. Oder ich bin aus irgendwelchen Gründen nicht gut drauf. Dann habe ich nicht die Nerven für jedes Selfie. Aber ich würde es nicht ablehnen, wenn jemand freundlich auf mich zukommt. Was hilft: Ich bin privat Brillenträger und setze mir in solchen Situationen ein Base-Cap auf, auch wenn ich kein Basecap-Fan bin- vom Schüler bis zum US-Präsidenten laufen ja alle damit rum. Aber mit Basecap und Brille erkennt mich schon nur noch jeder Dritte.
prisma: Die Wollmütze haben Sie sich also selbst auf ewig verbaut?
Martens: Naja, das würde ich nicht sagen, es ist mein Markenzeichen. Mir stehen aber auch Hüte. Die setze ich aber nur auf der Rennbahn auf. Denn mit Hut sehe ich aus wie ein Schauspieler, das möchte ich nicht.
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Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH