ZDF-Talkrunde

"Sie haben ja sonst auch keine Ahnung!": Markus Söder poltert gegen Markus Lanz

03.05.2023, 09.09 Uhr

Was bedeutet die Abschaltung der letzten drei AKW für den Industriestandort Deutschland? Söder plädiert bei "Markus Lanz" für den Weiterbetrieb in der Krise. Ökonom Marcel Fratzscher sieht Söders Pläne kritisch. Er warnt vor Deindustrialisierung und fordert einen stärkeren Ausbau der Erneuerbaren.

Explodierende Energiepreise und die Angst vor Blackouts haben die Debatte um einen Weiterbetrieb der letzten deutschen Atomkraftwerke neu entfacht. Markus Söder will einen bayerischen Sonderweg, den Weiterbetrieb des AKW Isar 2 in Niederbayern in Eigenregie. Er sieht in steigenden Energiepreisen eine Gefahr für den Wirtschaftsstandort Deutschland, wie er am Dienstagabend bei "Markus Lanz" erklärte.

Heftiger Gegenwind kam dazu vonseiten der Wissenschaft. Marcel Fratzscher, Professor für Makroökonomie an der Humboldt-Universität Berlin, bezweifelte positive Effekte auf den Strompreis. Er hält Söders Pläne für einen "kompletten Irrweg". Dauerhaft günstige Energiepreise ließen sich nur durch den Ausbau der erneuerbaren Energien sicherstellen, erklärte Fratzscher. Journalistin Kristina Dunz vom "Redationsnetzwerk Deutschland" warf Söder Wahlkampftaktik angesichts der im Herbst bevorstehenden Landtagswahlen in Bayern vor: "Ihnen kommt es immer darauf an, dass es die große Mehrheit der deutschen Bevölkerung genauso sieht."

Söder: Die Grünen sind "eine totale Enttäuschung"

Harsche Kritik übte der bayerische Ministerpräsident an den Grünen: "Die Grünen sind aus meiner Sicht in der Regierung eine totale Enttäuschung." Söder monologisiert über grüne "Umerziehungswünsche" und Verbotspolitik. Er wettert gleichermaßen gegen Veganismus, die Legalisierung von Cannabis, Habecks Heizungskonzept, Baerbocks Chinapolitik, den Länderfinanzausgleich und natürlich die Abschaltung der AKWs. Als Lanz wissen will, wie schnell man Isar 2 wieder ans Netz bringen kann, kommt es zum heftigen Schlagabtausch. Söder weicht der Frage zunächst aus: "Ich glaube, dass es schneller geht, als gedacht." Der Moderator hakt nach: "Aber Sie wissen es nicht?" Söder kontert schnippisch: "Wissen Sie es?" Lanz legt vor: "Nein!" Und Söder verwandelt: "Eben!" Lanz; "Aber ich fordere auch nicht den Weiterbetrieb von Isar 2!" Söder: "Sie haben ja sonst auch keine Ahnung in den anderen Dingen!"

Einigkeit herrscht bei "Markus Lanz" nur in einem Punkt: Alle Gäste machen sich Sorgen um Deutschland als Industrieland. Söder sieht vor allem die steigenden Energiepreise als zentrales Problem: "Die Kernenergie ist jetzt das Richtige, um vorübergehend unsere Energie- und Netzstabilität und die Strompreise zu halten." Fratzscher widersprach: "Bestehende Kraftwerke laufen zu lassen, wäre ein minimalster Beitrag. Der wird das Problem für Deutschland nicht lösen."

Er argumentierte: "Energie aus Atomkraft ist doppelt so teuer wie Energie aus den Erneuerbaren." Fratzscher erklärte, dass er die Frage der Strompreise ohnehin für eine Scheindebatte halte. "Deutschland hatte nie einen komparativen Vorteil bei Energiekosten", erklärte der Professor. Ihm ging es vielmehr um ein anderes Thema: "Die Zukunft Deutschlands als Industriestandort entscheidet sich nicht an den Energiekosten, sondern daran, ob die Unternehmen die digitale Transformation hinbekommen."

Söder schließt erneute Kanzlerkandidatur aus

Kristina Dunz sah darüber hinaus noch ein weiteres Problem: "Wer über längere Laufzeiten, wie Sie nachdenkt, muss darüber nachdenken, wo bleibt der Atommüll." Söder blockte das ab: "Wenn wir jetzt drei oder vier Jahre verlängern, da fällt ja nicht viel Atommüll an." Doch wann könnte Isar 2 wieder ans Netz gehen? Letztendlich hat Söder doch noch eine Antwort parat: "Ich denke, dass es möglicherweise in Monaten der Fall ist." Kristina Dunz lachte: "Aber nicht bis zur bayerischen Landtagswahl. Solange halten wir das schön alles am Köcheln."

Zum Ende der Sendung stellte Lanz dann noch die K-Frage: "Angenommen, Sie wären jetzt Bundeskanzler ..." Söder winkte ab: "In die Rolle kann ich mir gar nicht hineinversetzen!" Er stehe da nicht zur Verfügung, seine Lebensaufgabe sei Bayern, stellte der bayerische Ministerpräsident klar.


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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