Vorab-Kritik zum Krimi am Sonntag

Warum der "Tatort: Echolot" krachend scheitert

28.10.2016, 09.14 Uhr
von Florian Blaschke
Tod in der Start-up-Szene: Die Chefin von "Golden Bird Systems" stirbt bei einem Autounfall.
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Tod in der Start-up-Szene: Die Chefin von "Golden Bird Systems" stirbt bei einem Autounfall.  Fotoquelle: Radio Bremen/Christine Schroeder

Das ist schon mehr als ärgerlich, wenn die Polizei eine Tote findet, die steif und fest behauptet, nicht tot zu sein. Doch Vanessa Arnold (Adina Vetter), Gründerin des Startups "Golden Bird Systems", ist tot und lebendig zugleich. Gestorben bei einem Autounfall im Bremer Umland, lebendig als Avatar ihrer eigenen Software.

Und so ermitteln Kommissarin Lürsen (Sabine Postel) und ihr Kollege Stedefreund (Oliver Mommsen) schon fleißig die Todesursache, während "Nessa" über Smartphones und Tablets noch mit Freunden, Verwandten und ihrer Tochter kommuniziert.

Die Probleme aber liegen eigentlich ganz woanders: Das, was man sich da bei Radio Bremen so unter Startup-Szene vorstellt, ist so hanebüchen, so weltfremd, dass man schon nach wenigen Minuten wieder ausschalten möchte. Und das, was Lürsen und Stedefreund da im Tatort "Echolot" – der im Rahmen der ARD-Themenwoche "Zukunft der Arbeit" läuft – von sich geben über Autos, die sich hacken lassen, Jungfirmen, die da residieren, wo früher Kaffee geröstet wurde und Menschen, die sich an ein Geschäftsmodell klammern, ist in jeder Silbe so kulturpessimistisch, dass es einem die Tränen in die Augen treibt.

Eine Weltbeschreibung, die nie die Welt gesehen hat

Aus jeder Pore der beiden Ermittler dringt da die Technikfeindlichkeit, aus jedem ins Klischee überzeichneten Büro-Detail lacht einem der Hohn entgegen. Dieser Tatort, er verrennt sich, wie schon so mancher vor ihm, in einer Weltbeschreibung, die nie die Welt gesehen hat.

Da befragen sonst so überkritische Kommissare tatsächlich virtuelle Assistenten als Zeugen, da wird die virtuelle Realität dargestellt, als habe man den Praktikanten auf Recherche geschickt und nicht gestandene Filmemacher. Und da sind Floskeln wie "In unserer Branche ist eine Woche ein Jahr, und wenn die Angels nervös werden, fliegt das Geld davon", tatsächlich ernst gemeint.

Das ist umso trauriger, als es durchaus an der Zeit wäre, der Startup-Szene endlich einen würdigen Tatort zu widmen. Ein Krimi um den digitalen Fortschritt aus deutscher Feder, er wäre überfällig. Doch wenn Drehbuchautoren und Regisseure schon daran scheitern, einfachste Apps realistisch auf einen Screen zu bringen, muss man sich nicht wundern, wenn ein solches Vorhaben krachend scheitert.

Zu plump für eine Utopie, zu absurd für einen Tatort

Und so ist "Echolot" am Ende zu plump für eine Utopie und zu absurd für einen Tatort von 2016. "Wir senden Signale in Form von Filmen, in sozialen Netzwerken oder auf Kurznachrichtendiensten aus und warten gespannt, ob etwas zurückkommt", erklärt Autor und Regisseur Peter Henning den Titel dieses Films. Darauf darf man nun äußerst gespannt sein.

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