ARD-Miniserie

"Bonusfamilie": der ganz normale Patchwork-Wahnsinn

von Eric Leimann

Die deutsche Adaption der schwedischen Erfolgsserie "Bonusfamiljen" erzählt Familie endlich mal (wieder) so, wie sie tatsächlich stattfindet. Die Miniserie (Fortsetzungen am Mittwoch, 27.11. und 4.12., 20.15 Uhr) mit Inez Bjørg David ist eine angenehm differenzierte Dramedy mit Tiefgang.

ARD
Bonusfamilie
Dramedy • 20.11.2019 • 20:15 Uhr

Die Mittdreißiger Lisa (Inez Bjørg David) und Patrick (Lucas Prisor) lieben sich, sind gerade zusammengezogen und wollen eine Familie gründen. Das Problem: Beide haben schon eine. Während die sanftmütige Dekorateurin Lisa (David) mit ihrer Jugendliebe, Möbelverkäufer Martin (Steve Windolf), früh die mittlerweile 16-jährige Tochter Bianca (Louise Sophie Arnold) und dann den zehnjährigen Eddie (Fillin Mayer) bekam, hat Deutschlehrer Patrick mit seiner taffen Architekten-Ex Katja (Anna Schäfer) den ebenfalls zehnjährigen William (Levis Kachel). Der zurückhaltende, leicht "nerdige" William und sein Stiefbruder, Draufgänger Eddie, hassen sich aus tiefstem Herzen. Jede Woche findet ein "Locationwechsel" statt. Sieben Tage verbringen die drei Kinder im neuen Heim von Lisa und Patrick, dann sind die beiden Liebenden wieder alleine. Die Patchwork-Kinder kehren zu den "verlassenen" Elternteilen zurück.

Dass Lisa kurz nach Etablierung des neuen Heims ungewollt schwanger ist, stürzt die "Bonusfamilie", wie derlei Patchworks in Schweden heißen, in eine noch tiefere Krise. "Bonusfamiljen" heißt auch das skandinavische Original, das dem deutschen Dreiteiler zugrunde liegt. Wer vergleichen möchte: Drei Staffeln des warmherzigen, klugen Schweden-Patchworks mit jeweils zehn Folgen kann man bei Netflix streamen. Die Fragen der Kinder, vor allem der jüngeren, sind indes länderübergreifend gleich: Lieben mich Mama und Papa noch, wenn sie bald ein neues Baby bekommen? Warum kann nicht alles wieder so sein wie früher? An drei aufeinanderfolgenden Mittwochabenden (Fortsetzungen am 27.11. und 4.12., 20.15 Uhr) zeigt das Erste seine neue Familienserie, die dem schwedischen Original schon ziemlich ähnelt. Sogar die Namen der Figuren wurden weitgehend übernommen.

Auch wenn das schwedische "Bonusfamiljen" aufgrund der Erzählspanne über mehrere "Seasons" einen weiteren Entwicklungsbogen der Figuren beschreibt, ist auch die deutsche Adaption (Buch: Antonia Rothe-Liermann) gelungen. Regie führte mit der erst 31-jährigen Isabel Braak ("Der Wedding kommt") eine hochgelobte Newcomerin, die mit ihren Arbeiten schon mehrere Preise abräumen konnte. Mit leichtem Ton, aber dennoch gutem Auge für die quälenden Details jener Dinge, die Familie zu einem Leben im Fegefeuer machen können, nimmt sich die ARD-Dramedy viel Zeit und Liebe für ihre Figuren.

Dass die deutsche Version den Ton des schwedischen Originals trifft und ab Film zwei sogar deutlich an Tiefgang zulegt, ist durchaus zu loben. Nun muss nur noch das Publikum mitspielen und akzeptieren, dass es ein neues Fernsehprogramm ohne Leichen oder schwerwiegende gesellschaftliche Trend-Probleme der Gegenwart gibt, das trotzdem sehenswert ist – und zwar gerade wegen der Normalität seines Themas. Ähnlich wie in der tollen VOX-Familieserie "Das Wichtigste im Leben" mit Jürgen Vogel und Bettina Lamprecht wird Familie hier endlich mal (wieder) so erzählt, wie sie tatsächlich stattfindet: wild, unberechenbar, tieftraurig und wunderschön.


Quelle: teleschau – der Mediendienst

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