Sonntag am Tatort

Im Auftrag des Legaten

08.12.2017, 14.56 Uhr
von Florian Blaschke
Beeindruckendes Schauspiel: Luise Aschenbrenner und Christoph Bach.
BILDERGALERIE
Beeindruckendes Schauspiel: Luise Aschenbrenner und Christoph Bach.  Fotoquelle: Gordon Muehle/rbb

Ganz schön viele Baustellen für den Einstieg in einen Krimi. Da jagen sich zwei Männer in einem verwinkelten Labyrinth aus Gängen, irgendwo in Berlin, und prügeln aufeinander ein, bis der eine es schafft, den anderen niederzuringen und zu betäuben. Kommissarin Rubin (Meret Becker) schlägt sich ebenfalls im wahrsten Wortsinn herum, allerdings mit ihrem Sohn, der immer wieder droht, aus der Spur zu geraten. Und auch Kommissarsanwärterin Anna Feil (Carolyn Genzkow) muss eine schmerzhafte Nachricht verkraften. Bloß Robert Karow (Mark Waschke), den interessiert das alles nicht. Der will sich um den Toten kümmern, den Kollegen gerade gefunden haben. Und sich ein bisschen über andere lustig machen.

Nicht mal die "Horrorleiche", wie die Spurensicherung sie bezeichnet, kann ihn aus der Ruhe bringen. Dabei ist das wirklich kein schöner Anblick. Verkohlt und verbrannt liegt die in einem alten Lieferwagen, abgestellt am Straßenrand. Nicht der erste Mord dieser Art, auch wenn die anderen teilweise schon einige Jahre zurückliegen.

Und dann wäre da noch der Mann vom Schlüsseldienst (Christoph Bach), der sich in seinem staubigen, Verschlag in der Berliner U-Bahn hinter halbblinden Scheiben versteckt und offensichtlich verfolgt fühlt. Und der Akten führt für einen "Legaten" – unter anderem auch über Anna Feil, bei er eines Tages vor der Wohnung steht und sich als Handwerker ausgibt, um in ihren privaten Sachen herumzuschnüffeln. Hängt all das mit den Morden zusammen? Ein gespenstisches Spiel beginnt. Das Beste daran ist: Rubin und Karow wissen durchaus, wie man mitspielt. Zumindest glauben sie das.

Herausragende Riege an Schauspielern

Es beginnt aber auch ein Spiel mit den Sympathien der Zuschauer. Nicht nur beim Ermittler-Duo schwankt der zwischen Wut und Zuneigung, zwischen Unverständnis und Bewunderung, auch bei diesem Mann vom Schlüsseldienst und etlichen anderen Charakteren muss er immer wieder ganz genau hingucken, um zu wissen, was er davon zu halten hat. Beeindruckend dabei: Ob Zuneigung oder Ablehnung, zu jedem der Charaktere, ob Haupt- oder Nebenrolle, kann der Zuschauer eine Beziehung aufbauen.

Selbst beim Thema, das schlussendlich hinter dem Mord steckt, weiß man oft nicht, wie einem geschieht. Versteht man das nun richtig, was da passiert? Wie kann man dazu eine Haltung, eine Meinung entwickeln? Unterstützt wird all das durch eine herausragende Riege an Schauspielern, darunter Christoph Bach, Almut Zilcher, Eleonore Weisgerber oder Luise Aschenbrenner. So hochkarätig war lange kein Tatort besetzt. Und auch die Schauplätze sind so gut gewählt und so stimmig inszeniert wie lange nicht mehr in einem Sonntagabend-Krimi der ARD.

Die derzeit modernste Tatort-Variante

Zwar gibt es zwischendurch ein paar kleine logische Schnitzer und ab einem gewissen Moment wird "Dein Name sei Harbinger" auch komplexer als man es sich vielleicht wünschen würde, den Reiz aber mindert das nicht. Dazu kommt ein ausgereiftes Zusammenspiel von Kamera, Schnitt und Musik, das in den richtigen Momenten zu Tempo ansetzt, mit genauso sauberem Timing den Plot aber auch wieder abbremst. Auch deshalb, aber auch aufgrund seiner Schnörkellosigkeit, ist das, was der RBB da produziert, wohl die modernste Tatort-Variante derzeit.

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