Désirée Nosbusch im Interview

Die Wilde und das Biest

21.12.2020, 05.57 Uhr
von Marcus Italiani
Die alte Hexe (Désirée Nosbusch) braucht bei Sonnenfinsternis einen neuen Körper.
Die alte Hexe (Désirée Nosbusch) braucht bei Sonnenfinsternis einen neuen Körper.  Fotoquelle: ZDF / Conny Klein.

Weihnachtszeit ist Märchenzeit. Wer erinnert sich nicht an die Familienzusammenkünfte vor den TV-Geräten, wenn die Ausstrahlung bekannter Märchenfilme zwischen Weihnachten und Neujahr anstand? Leuchtende Kinderaugen, vor Aufregung glühende Wangen, Kakao und Kekse. So viel zur guten alten Zeit. Mit "Die Hexenprinzessin" hat das ZDF nun ein heißes Eisen im Feuer, das die Atmosphäre der Weihnachtsmärchenfilme vergangener Jahrzehnte einfängt, aber dabei produktionstechnisch auf dem neuesten Stand und zudem fantastisch besetzt ist.

Jürgen Vogel, Charlotte Krause, Jerry Hoffmann, Caro Cult und Désirée Nosbusch entführen die Zuschauer in eine Welt voller Zauber und Abenteuer. Die Geschichte handelt von zwei Königstöchtern – die eine liebreizend und der Stolz ihres Vaters, die andere wild, unangepasst und ziemlich unköniglich. Dass die schöne Tochter kurz vor ihrer Hochzeit mit dem schmucken Prinzen von Hexen entführt wird, stürzt das Königreich ins Chaos. Können die aufmüpfige Prinzessin und der Bräutigam das Desaster abwenden? Désirée Nosbusch spielt in der Geschichte, die auf dem "Zottelhaube"-Märchen basiert, die Oberhexe. prisma stand sie vorab zum zauberhaften Gespräch zur Verfügung.

Frau Nosbusch, warum brauchen wir im Jahr 2020 Märchen gerade zu Weihnachten?

Ich bin der Meinung, dass wir immer Märchen brauchen. Nicht nur in diesem Jahr und auch nicht nur zu Weihnachten. Märchen helfen einem, das Kind in sich wieder zu entdecken und zu bewahren und Platz für Träume zu schaffen. Dieses Jahr zu Weihnachten brauchen wir auf jeden Fall ein Märchen mit Happy End!

In "Die Hexenprinzessin" geht es um den ewigen Gegensatz "schön - gut – hässlich - böse", der im Sinne des "hässlichen kleinen Entleins" umgedeutet wird, aber auch um das Konzept der Verwandlung und Erneuerung. Was nimmt der Zuschauer mit?

Anders sein ist etwas Schönes und Positives! Es lohnt sich immer für seine Träume und Überzeugungen zu kämpfen. Vertraue auf dein Herz. Wenn man sich treu bleibt, und damit meine ich auch die Treue, sich zu verändern und lernen zu können, siegt am Ende das Gute. Ich liebe an diesem Märchen ganz besonders, dass es sehr viele starke Frauenrollen gibt.

Der Film unterscheidet sich in diversen Details von der Vorlage "Zottelhaube". Was kann die Geschichte vermitteln, das im Original-Märchen vielleicht in eine andere Richtung geht?

Ich kannte "Zottelhaube" nicht. "Die Hexenprinzessin" wendet sich in vielen Punkten von den Klischees klassischer Märchen ab. Zottel symbolisiert durch ihre Darstellung eine moderne, starke und unabhängige Frau, die für Emanzipation und Gerechtigkeit einsteht. Veraltete Rollenbilder werden gebrochen und neue erschaffen. Das ist sehr aktuell.

Die Wahrnehmung von Hexen in der Gesellschaft hat sich in den letzten Jahren stark gewandelt. Trägt Ihre Interpretation der Figur dem Rechnung?

Hexen sind keine alten Damen mit Buckel und Warze auf der Nase. Heute sprechen wir eher von modernen Hexen, die weiße Magie betreiben oder einfach nur mit der Natur im Einklang sind. Aber in Märchen sind Hexen eigentlich fast immer böse. Davon kann sich auch meine alte Hexe nicht freisprechen. Um zu überleben, muss sie dringend den Körper der jungen Prinzessin haben…

Wie haben Sie sich vorbereitet? Wie viel Hexe steckt in Désirée Nosbusch?

Ich habe mich an meine Kindheit zurückerinnert, als ich mich, mit allem was ich in den Schränken meiner Großeltern finden konnte, verkleidet habe und dann Märchen vorgespielt habe. Mal war ich Schneewittchen, mal der böse Wolf oder die sieben Zwerge. Ja, alle sieben zugleich. Für "Die Hexenprinzessin" habe ich meiner Spielfreude einfach freien Lauf gelassen. Und ein bisschen Hexe steckt doch in jedem von uns, oder?

Sie stehen vor der Kamera seit Sie ein Teenager waren. Kinder der 80er erinnern sich an die hippe Moderation der "Music-Box", den für damalige Verhältnisse skandalumwitterten Auftritt in "Der Fan", Grand Prix, Tatort, Goldene Kamera etc. Irgendwie waren Sie immer öffentlich – jeder Mensch in Deutschland über 40 hat mindestens zwei Assoziationen, wenn Ihr Name fällt. Wie arrangieren Sie sich damit und welcher Lernprozess ging damit einher?

Es ist nicht immer einfach eine private Person zu sein, wenn man vor den Augen der Öffentlichkeit erwachsen geworden ist. Andererseits empfinde ich es aber als ein großes Kompliment, dass Menschen sich mit meiner Arbeit und meiner Person auseinandersetzen. Ich musste aber lernen, mein Lebensglück nicht davon abhängig zu machen, was andere Menschen, und dazu gehören ja auch Kritiker, über mich denken. Und was meine Arbeit betrifft, bin ich selbst mein größter Kritiker.

Bereits als sie 16 waren lieferten Sie sich in "Auf Los geht's los" eine aus heutiger Sicht bizarre Auseinandersetzung mit dem bayerischen Ministerpräsidenten Franz-Josef Strauß um die Frage, ob übergewichtige Menschen für den Öffentlichen Dienst geeignet seien. Ihr Argument, das Aussehen habe nichts mit der Qualifikation zu tun, führte damals zu Auftrittsverboten und sogar Morddrohungen. Was empfinden Sie, wenn Sie sich die Situation heute vorstellen?

Zum Glück haben sich die Zeiten geändert und so etwas würde heute nicht mehr unkommentiert bleiben. Ich bin stolz darauf, dass ich damals ohne Rücksicht auf meine Karriere den Mund aufgemacht habe und dieser jungen Frau zur Seite stand.

Hexenprinzessin-Hauptdarstellerin Charlotte Krause ist mit ihren gerade einmal 18 Jahren ebenfalls schon seit einiger Zeit im Geschäft. Konnten Sie Erfahrungen austauschen? Was ist für Nachwuchsschauspielerinnen heutzutage anders? Was konnten Sie ihr vielleicht mit auf den Weg geben?

Ich bin ganz begeistert von Charlotte und bin überzeugt, dass sie eine tolle Karriere machen wird. Das Schöne ist, dass junge Schauspielerinnen heute genau wissen was sie wert sind und was sie wollen. Ich würde jeder Kollegin genau das sagen, was ich auch meinen Kindern immer mit auf den Weg gegeben habe: Folge der, an die du glaubst: dir selbst.

Seit "Bad Banks" hat Ihre Karriere erneut einen immensen Schub genommen. Was bedeutet Ihnen die Serie?

"Bad Banks" und Christelle Leblanc werden immer einen ganz besonderen Platz in meinem Herzen haben. Die Serie hat mir nicht nur eine neue Karriere und die Chance ermöglicht, so zu spielen, wie ich es immer wollte, sondern auch Begegnungen mit wunderbaren und großartigen Kollegen. Die Zusammenarbeit mit Christian Schwochow, unserem Regisseur, war ein Geschenk. Er holt im wahrsten Sinne des Wortes das Beste auf einem heraus.

Wie geht es weiter? An welchen Projekten können Sie aktuell arbeiten? Was ist aufgrund der Pandemie nicht möglich?

Ich hoffe, dass es für die gesamte Welt bald wieder besser und gesund weitergehen kann. Sicherlich leidet auch unsere Branche sehr unter COVID und viele Künstler wissen nicht mehr, wie sie ihre Miete zahlen sollen. Leider hat die Politik uns da etwas im Stich gelassen. Aber, wie sollen auch festangestellte Menschen, die das Leben von Freiberuflern nicht kennen und sich auch noch nie so richtig damit auseinandergesetzt haben, die richtigen Entscheidungen treffen? Anfang des Jahres hatte ich einen voll ausgebuchten Kalender und am Ende sind dann noch sechs Drehtage möglich gewesen. Noch so ein Jahr würde mich finanziell, wie viele andere Kollegen auch, an die Grenzen bringen. Ich versuche jedoch positiv zu bleiben und hoffe, dass wir im Februar wieder zwei Folgen unseres Irland-Krimis in Galway drehen können, und im Mai geht es dann mit einem spannenden Zweiteiler für das ZDF weiter. Ich glaube jetzt mal ganz fest daran.

TV-TIPP

  • "Die Hexenprinzessin"
  • Sonntag, 27. Dezember
  • 13.20 Uhr
  • ZDF

Das könnte Sie auch interessieren