Drama mit Florian David Fitz

"Kästner und der kleine Dienstag": Freundschaft mit Langzeitwirkung

von Eric Leimann

Das Drama "Kästner und der kleine Dienstag" erzählt die wahre Geschichte einer Freundschaft, die den Zweiten Weltkrieg – fast – überdauert hätte.

ARD
Kästner und der kleine Dienstag
Drama • 21.12.2017 • 20:15 Uhr

Erich Kästner, scharfzüngiger Literat, Pazifist und Autor wahrlich zeitloser Kinderbücher, war bereits in der Weimarer Republik ein Star. 1931 wurde sein Buch "Emil und die Detektive" verfilmt, wobei der damals 42-jährige Schriftsteller und Bonvivant schon vor dem Casting eine freundschaftliche Beziehung zu Hans Löhr, dem Darsteller des "kleinen Dienstag" pflegte. Der Junge aus kleinen Verhältnissen war ein Fan und Brieffreund Kästners. Und der Schriftsteller, der "privat" nicht viel mit Kindern anfangen konnte, war vom Jungen gerührt, was später wohl zur Rolle im Film führte. Mit dem überzeugenden Florian David Fitz ("Vincent will Meer") in der Rolle des Schriftsteller-Granden erzählt "Kästner und der kleine Dienstag" am Donnerstagabend die wahre Geschichte einer ungewöhnlichen Freundschaft in düsterer deutscher Zeit.

Fast so, als hätte man den ARD-Start (Herbst 2018) der bislang nur im Pay-TV zu bestaunendenen Tom Tykwer-Serie "Babylon Berlin" vorweggenommen, berichtet "Kästner und der kleine Dienstag" zu Beginn vom unbeschwerten Intellektuellenleben im freizügigen Berlin um das Jahr 1930.

Erich Kästner, der übrigens bis zu seinem Tode 1974 in München ein Leben lang unverheiratet blieb und erst mit Ende 50 Vater eines Sohnes wurde, genießt das Leben und seinen Erfolg in vollen Zügen. In den Clubs und Bars wurde getrunken und getanzt. Anschließend testete die Intellektuellenszene Berlins mit wechselnden Liebschaften die Betten der deutschen Hauptstadt.

Kästner, charmant verkörpert vom ewig jungenhaften Florian David Fitz, lässt sich nebenbei vom Charme des jungen Hans Löhr (Nico Ramon Kleemann) einfangen, der ihn als Autor für seine Schülerzeitung gewinnen will. Wie Kästner selbst stammt der kleine Hans aus einfachen Verhältnissen. Und wie der Schriftsteller pflegte der Junge eine enge Beziehung zu seiner alleinerziehenden Mutter (Katharina Lorenz). Die ungewöhnliche Freundschaft der beiden führte zu einem Vorsprechen des Jungen für die Kinderrollen von Gerhard Lamprechts berühmter "Emil und die Detektive"-Verfilmung, für die der damals noch in Berlin arbeitende Billy Wilder das Drehbuch mitverfasste.

Zwischen kritischer Distanz und guter Miene

Nach dem Wahlsieg der Nationalsozialisten 1933 ändert sich die freizügige, wenn auch umkämpfte Stimmung in Deutschland. Die Schriften des Erich Kästners werden verboten. Doch er geht nicht wie die meisten Intellektuellen ins Exil. Stattdessen veröffentlicht Kästner unter Pseudonym und schafft es, mit einer Haltung zwischen kritischer Distanz und guter Miene zum bösen Spiel die Kriegsjahre bis 1945 zu überstehen. Anders als Hans Löhr, Darsteller des "kleinen Dienstag". Er starb wie fast alle anderen Kinderdarsteller aus "Emil und die Detektive" im Krieg. Nur zwei der "Detektive" aus dem Film überlebten. Erich Kästner betonte ein Leben lang, wie sehr ihm dieser Tod nahe gegangen sei.

Die vielfach ausgezeichnete Drehbuchautorin Dorothee Schön ("Charité", "Frau Böhm sagt nein") arbeitet seit 15 Jahren an dem Stoff über Erich Kästner, einem ihrer Lieblingsliteraten. Herauskam dennoch ein eher konventionelles Biopic, das jedoch mit ordentlicher Ausstattung und guten Darstellern zu punkten versteht. Die Inszenierung des österreichischen Regie-Routiniers Wolfgang Murnbergers ("Kleine große Stimme") ist solides Historienfernsehen, das sein Drama einer komplizierten Freundschaft in schwieriger Zeit ein wenig erwartbar vorträgt. Dank der Anziehungskraft Forian David Fitz' und des starken, berührenden Plots kann man sich nach dem dramatischen Finale des 100 Minuten langen Dramas dennoch nicht ohne Augenfeuchte verabschieden.


Quelle: teleschau – der Mediendienst

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