Neues Format mit Klaas Heufer-Umlauf

Was wir von "Late Night Berlin" erwarten dürfen

von Frank Rauscher

Spontan, witzig und brandaktuell muss sie sein, die gepflegte Late-Night-Show. Sie gilt nicht zu Unrecht als Königsdisziplin in der TV-Unterhaltung. Dass das anspruchsvolle Genre im deutschen Fernsehen seit Jahren brachliegt, kommt allerdings auch nicht von ungefähr. Denn so eine Sendung steht und fällt mit ihrem Moderator, einem über alle Zweifel erhabenen Host, der sein Publikum am späten Abend auch dann noch mit Charme und treffsicheren Pointen wachhält, wenn am Tag mal wieder genau gar nichts passiert ist ... – Und, da muss man ehrlich sein, wer hätte die Leerstelle nach Harald Schmidts endgültigem Abgang 2014 füllen sollen? Jetzt versucht es mit Klaas Heufer-Umlauf einer der ganz wenigen, deren Namen überhaupt für die Nachfolge für dieses Hochamt gehandelt wurden. "Late Night Berlin" geht auf ProSieben am Montag, 12. März, 23 Uhr, erstmals auf Sendung. Ein Abenteuer für den Moderator, ein spannender Feldversuch für die gesamte Branche.

Auch wenn es sich lediglich um ein wöchentlich ausgestrahltes Format handelt, werden sich Insider und TV-Experten das Experiment sehr genau ansehen: Wie relevant und politisch ist das Ganze? Welche Stars kommen? Ist "Late Night Berlin" näher an einem Klassiker wie Harald Schmidts alter Show oder an Jan Böhmermanns anarchistischerem Hybrid-Format "Neo Magazin Royale"? Und natürlich: Erreicht die Show am Montagabend, um 23 Uhr, ein größeres Publikum?

Klaas Heufer-Umlauf – der Gepriesene

Zumindest zum Start ist dem 34-Jährigen die geballte Aufmerksamkeit gewiss – nicht nur, weil ein "deutscher Jimmy Fallon, Jimmy Kimmel, Conan O'Brien, Trevor Noah oder Seth Meyers" schon viel zu lange herbeigesehnt wird, sondern eben auch, weil die gesellschaftliche und politische Großwetterlage seit geraumer Zeit so spannend ist, dass es schon fahrlässig war, die klaffende Lücke so lange unbesetzt zu lassen. Auf einem anderen Blatt steht, dass so eine Show vergleichsweise teuer zu produzieren ist und das Genre Late Night dem deutschen Publikum traditionell schwer zu vermitteln ist. Auch ein Harald Schmidt hatte selbst in seinen besten Zeiten keinen Quotenhit vorzuweisen, bis er irgendwann bei Sky fast unter Ausschluss der Öffentlichkeit plauderte und es schließlich ganz sein ließ. Dass die Sender zauderten, hat also diverse Gründe.

Es passt ins Bild, dass im Vorfeld der neuen Show seitens der Verantwortlichen praktisch nichts über den inhaltlichen Ansatz verraten wurde. "Popkultur, Politik, Musik, Sport, Gesellschaft und Medien – Klaas Heufer-Umlauf kommentiert und diskutiert die wirklich wichtigen Themen und ist dabei ganz subjektiv" – so beschreibt ProSieben das Konzept. Dazu gehörten auch Live-Auftritte von nationalen und internationalen Musikgrößen – "von A wie Casper bis Z wie Adele". Von Senderchef Daniel Rosemann bekam Heufer-Umlauf noch die üblichen Vorschusslorbeeren für sein neues Format: "Das Genre Late Night gehört zu den Königsdisziplinen im TV", ließ er sich zitieren. "Dazu braucht man einen Moderator mit Persönlichkeit, Erfahrung, Witz, Mut, vielen Ideen und einer besonderen Mission. All das vereint Klaas Heufer-Umlauf auf sich." Der so Gepriesene kommentiert seine neue Show erst mal nur so: "Jetzt haben wir den Salat." So ist er, der Klaas.

Man muss dennoch nicht vorschnell befürchten, dass die Relevanz auf der Strecke bleiben wird. Denn dass sich der Entertainer und Comedian ("Circus HalliGalli", "Die beste Show der Welt") auch aufs politische Fach versteht und ein Händchen für die Politiker hat, bewies er kurz vor der Bundestagswahl mit seiner launigen Sendung "Ein Mann, eine Wahl", in der er einigen Granden aus Berlin auf den Zahn fühlte. Der Mann, der sonst – vornehmlich zusammen mit seinem Kumpel Joachim "Joko" Winterscheidt – vor keiner Wahnsinnstat vor der Kamera zurückschreckt, kündigte nun an, dass er in "Late Night Berlin" alle Themen behandeln werde, über die gesprochen wird: "Natürlich wird es auch politisch. Aber man darf bei all der Regierungsbildung auch die Kardashians nicht vergessen." In einem Trailer witzelt er: "Sie fragen sich bestimmt, warum soll ich 'Late Night Berlin' gucken? – Na ja, die ganze Scheiße, die uns eine ganze Woche begegnet, die nehm' ich mir vor und werde sie für Sie ordnen, damit Sie gut in die Woche kommen."

"Das Genre hat natürlich seine klassischen Elemente"

Late-Night-Fans werden es sich bei aller Individualität des Neuen nicht verkneifen, ihn mit den großen Vorbildern zu vergleichen. Zumindest einige Parallelen wird es geben. Im STUDIO FIVE in Potsdam begrüßt Heufer-Umlauf jede Woche nicht nur nationale und internationale Musik-Acts und Gäste, auch eine Studioband gehört zur neuen ProSieben-Late-Night-Show. Klaas Heufer-Umlauf: "Das Genre hat natürlich seine klassischen Elemente. Das heißt für uns aber nicht, dass wir diese auch klassisch umsetzen werden. Bis Montagabend wird uns da sicher etwas einfallen."

Und vielleicht gibt es ja auch für all jene, die sich das trotz allem nicht so recht vorstellen können und weiterhin beharrlich nölen, dass es hierzulande nur einen Late-Night-Talker geben kann, noch Hoffnung: Nachdem Netflix zuletzt schon der Legende David Letterman (70) zu einem bemerkenswerten Comeback verhalf, wäre Ähnliches vielleicht auch mit einem Harald Schmidt denkbar. Der 60-Jährige scheint in seiner Rolle als Kreuzfahrtdirektor Oskar Schifferle auf dem ZDF-"Traumschiff" nun wirklich nicht ausgelastet ... Die Altherren-Fraktion parliert beim Streamingdienst, während im linearen Fernsehen die Jungen ran dürfen? Ein gar nicht mal so absurdes Gedankenspiel, das einen schmunzeln lässt – auch weil es zeigt, dass derzeit auf dem Fernsehmarkt nichts mehr unmöglich erscheint.


Quelle: teleschau – der Mediendienst

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