Nils Glagau ist neu bei "Die Höhle der Löwen"

"Habe kein Problem damit, in Damenunterwäsche oder Pferdesport zu investieren"

von Eric Leimann
Frank Thelen und Judith Williams sind seit der ersten Staffel dabei. Wie schlagen sie sich im Vergleich zu den anderen Investoren? Das erfahren Sie in den folgenden Grafiken.
BILDERGALERIE
Frank Thelen und Judith Williams sind seit der ersten Staffel dabei. Wie schlagen sie sich im Vergleich zu den anderen Investoren? Das erfahren Sie in den folgenden Grafiken.  Fotoquelle: MG RTL D / Bernd-Michael Maurer

Deutschlands erfolgreiche Gründer-Show "Die Höhle der Löwen" präsentiert ihren neuen, ungewöhnlichen Investor: Nils Glagau ist studierter Ethnologe und sieht aus wie ein Surflehrer. Was macht er anders als die anderen?

Er ist der Neue in der VOX-Gründershow "Die Höhle der Löwen" (ab Dienstag, 3. September, 20.15 Uhr, VOX): Nils Glagau, 43, trägt zum Interview in einem Hamburger Coworking-Space mitten im Sommer eine hochgeschlossene, reichlich verzierte Lederjacke. Der Beau mit den halblangen Haaren wirkt ein bisschen wie ein Rockstar. Eigentlich ist er Gesundheitsapostel. Nach dem überraschenden Tod des Vaters 2009 übernahm Nils Glagau das Familienunternehmen Orthomol. Bereits Mitte der 90-er setzte es auf gesundheitsfördernde Nahrungsergänzungsmittel, als dies noch als ziemlich skurrile Idee galt. Mittlerweile beschäftigt Orthomol 400 Mitarbeiter. In der vergangenen Saison war die rheinländische Firma Trikotsponsor des Fußball-Erstligisten Fortuna Düsseldorf. Im Interview spricht Glagau, Vater von Zwillingstöchtern, über seinen merkwürdigen Werdegang und was sein eigentliches Fachgebiet, die Ethnologie, mit modernen Märkten zu tun hat. Auch zur Frage, wie man heute noch glücklich werden kann, zwischen all den Versuchungen der Nahrungsmittelindustrie und dem Zwang zur Selbstoptimierung, hat sich Nils Glagau etwas überlegt.

prisma: Herr Glagau, mal ganz spontan – was macht am meisten Spaß, wenn man eine Staffel auf dem Löwen-Sessel gesessen hat?

Nils Glagau: Die Überraschung und das Kribbeln machen am meisten Freude. Dann nämlich, wenn ein Gründer hereinkommt und vor die Gruppe tritt. Man weiß in diesem Moment nichts. Dann fängt er an zu reden – und manchmal dachte ich frühzeitig: Dieses Produkt ist nichts für mich. Trotzdem schaffen es die Leute immer wieder, mich mit ihrem Spirit zu begeistern, sodass es bei mir "klick" macht. Diese Momente finde ich am schönsten.

prisma: Investiert man mehr mit Kopf oder Bauch?

Glagau: Für mich muss eine Idee Hand und Fuß haben. Ich muss mich damit identifizieren können. Trotzdem sind mir die Menschen hinter der Idee fast noch wichtiger. Wenn beides stimmt, hat man ein gutes Gefühl, den Weg zusammen gehen zu wollen.

prisma: Welche Branchen interessieren Sie – wo sehen Sie als Neuer im Kreis der Löwen Ihre besondere Kompetenz?

Glagau: Mich interessieren fast alle Branchen. Natürlich ist es gut, wenn man einen persönlichen Bezug zum Produkt hat. Aber wenn die Rahmenbedingungen und das Persönliche stimmen, habe ich auch kein Problem damit, in Damenunterwäsche oder Pferdesport zu investieren – obwohl ich davon wirklich wenig Ahnung habe (lacht). Ich kann "Marke". Da hebe ich mich sicher ab von klassischen Nur-Investoren. Natürlich bin ich grundsätzlich besonders erfahren, was die Bereiche Gesundheit, Sport, Ernährung betrifft.

prisma: Was würden Sie als Ihre herausragende unternehmerische Qualität bezeichnen?

Glagau: Ich bin ein sehr offener Mensch. Deshalb bin ich dazu fähig, quer zu denken und auch neue, ungewöhnliche Ideen ernst zu nehmen.

prisma: Wie wichtig ist es für Sie, in "gute" Produkte zu investieren, die das Leben besser machen?

Glagau: Meinen Sie Produkte, die Probleme lösen?

prisma: Eher Produkte, die sich nicht nur gut verkaufen lassen, sondern das Leben von Menschen tatsächlich verbessern ...

Glagau: Ich komme aus dieser Welt. Es gibt nichts Schöneres, als wenn man von Kunden Briefe bekommt, weil dein Produkt ihnen geholfen hat. Es gibt nichts Kostbareres als die Gesundheit. Wenn man sie jemandem zurückgeben kann, der sie verloren glaubte, ist das ein wunderbares Gefühl. Ich finde jedoch, dass auch Produkte, die Spaß erzeugen, nicht zu verachten sind. Natürlich darf es sich nicht um einen kurzzeitigen Kick handeln, sondern die Produkte sollten eine nachhaltige, wohltuende Freude erzeugen. Wer mehr von dieser Art Spaß im Leben hat, lebt auch gesünder.

prisma: Ihr Vater gründete das Unternehmen Orthomol. Sie wollten eigentlich Archäologe werden ...

Glagau: Das stimmt nicht ganz. Ich habe Ethnologie mit dem Schwerpunkt Altamerikanistik studiert, weil ich mich sehr für Mexiko und Mittelamerika interessiere. Archäologie ist zwar ein Baustein dieses Studium, aber eben nicht mehr.

prisma: Warum kann ein Ethnologe auch ein guter Unternehmer sein?

Glagau: Ethnologen sind sehr flexible Menschen. Man beschäftigt sich mit verschiedenen Kulturen und versucht sie zu entschlüsseln: Sprache, Gebräuche, Religion, Lebensumwelt. Letztendlich will man verstehen, wie bestimmte Gruppen von Leuten tickten – und was sie von anderen Gruppen unterscheidet. Märkte funktionieren ähnlich.

prisma: Was können Sie als Unternehmer und Ethnologe besonders gut?

Glagau: Ich kann Menschen, vor allem unterschiedliche Gruppen von Menschen besser verstehen als Leute, die sehr von ihrem eigenen Status Quo aus auf die Welt blicken. Letzteres ist der Grundstein für viele Konflikte. Dass Menschen andere Menschen, die sich in ihren Sitten und Gebräuchen von ihnen unterscheiden, nicht verstehen können – und ihnen deshalb ablehnend oder zumindest skeptisch gegenüberstehen – ist eines der größten Probleme, die wir auf dieser Erde haben.

prisma: Was wollten Sie – bevor Sie nach dem überraschenden Tod des Vaters ins Unternehmen einstiegen – eigentlich werden?

Glagau: Feldforschung und die Vermittlung zwischen Gruppen hat mich am meisten interessiert. Eine Arbeit für UNICEF oder UNO hätte mich interessiert. Letztendlich war es Kommunikation, die mich faszinierte. Auf diesem Feld wollte ich mich engagieren. Insofern war der Schritt zurück zur Firma im Prinzip nichts völlig anderes. Auch eine Marke zu entwickeln und zu pflegen, ist vor allem Kommunikation.

prisma: Hat Sie die Firma Ihres Vaters am Anfang nicht so interessiert?

Glagau: Doch, ich habe da auch anfangs mitgearbeitet. Damals war ich allerdings noch Schüler. Wir haben ganz klassisch die ersten Produkte aus der Garage heraus verkauft. Die ganze Familie half damals mit. Trotzdem gingen meine Schwester und ich nach dem Abitur – und bei mir nach dem Zivildienst – erst mal andere Wege. Sie studierte Psychologie, ich Ethnologie. Dennoch waren wir immer nah dran am Unternehmen.

prisma: Was war die Motivation Ihres Vaters, sich mit Nahrungsergänzungsmitteln und Gesundheitsprodukten zu beschäftigen, als dies noch kein gesellschaftlicher Trend war?

Glagau: Tatsächlich war es damals noch ziemlich ungewöhnlich, sich mit solchen Dingen zu beschäftigen. Die orthomolekulare Medizin wurde vom zweifachen Nobelpreisträger Linus Pauling entwickelt. Aber damals gab es sie noch gar nicht so richtig – zumindest nicht in Deutschland. Mein Vater kam eher von der klassischen Pharmaindustrie, sah im Bereich gesunder Nahrungsergänzungsmittel aber einfach Nachholbedarf. Genau das war seine Idee.

prisma: Warum gab es damals hier noch keinen Markt für solche Produkte?

Glagau: Weil man in Deutschland lange Zeit nur in den Kategorien gesund oder krank dachte. Man nahm nur etwas ein, wenn man krank war. Dass man auch vorbeugend, also präventiv handeln kann, um Krankheiten zu vermeiden oder sich einfach besser zu fühlen, kam hier etwas später an als anderswo. Davon haben wir mit unseren Produkten profitiert. Orthomol baute diesen Markt vor 27 Jahren auf. Damals hielten viele Nahrungsergänzungsmittel für eine fast skurrile Idee. Heute sind die Regale voll davon.

prisma: Was sagen Sie jenen, die Ihre Produkte für Hokuspokus halten und darauf hinweisen, es gäbe keine validen Studien, dass die Mittel wirklich helfen?

Glagau: Was den gesamten Markt betrifft, gebe ich dieser Skepsis Recht. Es gibt mittlerweile viele Produkte, die wahrscheinlich niemand braucht. Das lasse ich aber für unsere Produkte nicht gelten. Sie werden von sehr vielen Ärzten empfohlen, obwohl diese keinen Vorteil davon haben. Wir haben zigtausend Studien gesammelt, eigene Studien durchgeführt. Ich bin mir sicher, dass die Produkte gut sind und helfen. Wer heilt, hat ohnehin recht – und das tun wir. Oft ist es so, dass wir schulmedizinische Therapien begleiten, dazu ist alles nebenwirkungsfrei. Insofern habe ich ein absolutes reines Gewissen – und eine große Überzeugung.

prisma: Noch nie wurde in unserer Gesellschaft so viel über Gesundheit und insbesondere Ernährung diskutiert wie heute. Trotzdem leben viele ungesund, immer mehr Menschen sind übergewichtig. Wie passt das zusammen?

Glagau: Wir haben uns zu einer "Sekt- oder Selters-Kultur" entwickelt. Es gibt eine große Gruppe, die viel tut, um gesund zu bleiben. Aber es existieren auch jene, denen das alles egal ist. Ich verstehe auch diese Gruppe zum Teil. Man sagt ja auch nicht: Ich gehe mich heute Abend ernähren. Man sagt: Ich gehe heute Abend essen. Ein gutes Leben hat viel damit zu tun, dass man seine Leidenschaften ausleben kann. Gutes Essen und Trinken gehört für die meisten dazu. Ich finde, ein gesunder Mittelweg ist richtig. Ich bin auch kein Asket. Aber ein Mensch, dessen Glück durch den Mix aus Gesundheitsbewusstsein und Leidenschaft entsteht. Es kommen heute viele Versuchungen auf uns zu – vor allem durch die Lebensmittelindustrie. Es wird zunehmend wichtig, sich mit dem Thema Ernährung zu beschäftigen.

prisma: Bringt ein gesundes Leben unterm Strich mehr Spaß?

Glagau: Ich glaube, ja. Wir werden alle immer älter. Immer mehr Menschen in Deutschland knacken das magische Lebensalter von 100 Jahren. Doch was bringt uns das, wenn wir uns ab 60 nicht mehr gut fühlen. Dann haben wir 40 Jahre mehr oder weniger unglückliches, zumindest aber stark belastetes Leben vor uns. Insofern lohnt es sich sehr, etwas für die eigene Gesundheit zu tun.

prisma: Was tun Sie persönlich, um fit zu bleiben?

Glagau: Ich nehme mir vor, alles, was ich zu mir nehme, zu genießen. Egal, ob es ein Hamburger ist oder ein Salat. Ich trinke auch gern ein Glas Rotwein. Ansonsten tut Bewegung dem Körper gut. Ich liebe alles, was eine spaßorientierte Bewegung zulässt. Vor allem Sportarten, die mit einem Ball zu tun haben. Ich bin keiner, der alleine eine lange Straße entlang rennt. Dennoch kann ich mit Begriffen wie Loslassen und Natur viel anfangen. Wichtig für mich ist, dass ich mit anderen Menschen Spaß habe – mit der Familie oder Freunden. Dann befindet sich meine Seele ziemlich im Lot.


Quelle: teleschau – der Mediendienst

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