Selbstversuch bei "Extra": So sexistisch ist die deutsche Unterhaltungsbranche
Vor einem Jahr tauchte im Netz ein Hashtag auf, der die Gesellschaft gehörig aufwühlen sollte: Die "MeToo"-Debatte sorgte erst in Hollywood und der Unterhaltungsbranche, später auch gesamtgesellschaftlich für Aufsehen, Empörung und juristische Folgen. Abgesehen von einem sensibleren Blick auf Sexismus in Arbeitswelt und Alltag hat sich seither jedoch anscheinend nicht allzu viel geändert.
Wie schlimm es um Machtmissbrauch hierzulande vor allem in der Entertainmentbranche noch immer steht, soll nun die aktuelle Ausgabe des Magazins "Extra" belegen, die RTL am heutigen Montag, 15.10., um 20.15 Uhr ausstrahlt.
Eine Schauspielerin machte nach Hinweisen einer Betroffenen den Selbstversuch und bewarb sich als "Lockvogel" bei einer Künstleragentur. Für einen Probedreh sollten die Bewerberinnen laut Agent in kurzem Rock, High Heels, mit tiefem Dekolleté und ohne Strumpfhose erscheinen – und anschließend die berühmte Sharon-Stone-Szene aus "Basic Instinct" nachstellen. "Ich möchte wissen, ob Sie spielen können, auch wenn ich ihre nackten Oberschenkel etwas sehe", so der Agent.
Mit versteckter Kamera dokumentiert "Extra" die "Bewerbung": Schon bald eröffnet der Agent der Lockvogel-Schauspielerin, dass 90 Prozent der Entscheidungen in der Branche von Männern getroffen würden – "Und die reagieren häufig mit dem Schwanz und nicht mit dem Kopf. Man muss das als Meta-Ebene immer mit berücksichtigen." Simone Wagner vom Bundesverband der Schauspieler gesteht gegenüber "Extra": "Da sind wir natürlich angreifbar oder verwundbar, wenn jemand das ausnutzt, seine Macht missbraucht."
Das tut der heimlich gefilmte Agent der bekannten Agentur offensichtlich; schließt beim Probedreh die Tür und fordert die Schauspielerin auf, eine Augenmaske zu tragen. "Er will auf etwas hinaus – das wissen wir, die wir die Branche kennen und einfach wissen, dass das, was er tut, nichts, aber auch wirklich überhaupt nichts mit einem normalen Gespräch zwischen einem Agenten und einer Klientin zu tun hat", so Schauspielerin Julia Beerhold im Interview mit "Extra".
Das von Birgit Schrowange moderierte Magazin konfrontierte den Agenten anschließend mit seinem Verhalten. Derlei Aufnahmen seien notwendig, "deswegen haben wir diese beiden Szenen seit 2012 bei circa 50 oder 60 Bewerberinnen benutzt und werden dies auch weiterhin tun." Nach "MeToo" scheinen ihm zumindest die möglichen Folgen bewusst: "Die Videos der Probeaufnahmen und Gespräche hinterlegen wir immer bei einem Anwalt. Das Material dient als Sicherheit für den Fall, dass ein Bewerber uns sexuelle Belästigung vorwirft."
Quelle: teleschau – der Mediendienst