Britische Serie bei ARTE

"Black Earth Rising": Der Völkermord an den Tutsi in Ruanda als komplexer Thriller

04.05.2023, 07.45 Uhr
von Eric Leimann

In der gefeierte britische Serie "Black Earth Rising" wird der Völkermord an den Tutsi in Ruanda als spannender, komplexer Thriller erzählt. Eine Verhandlung am Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag zeigt, dass die Wahrheit schwer zu finden – und immer wieder brüchig ist.

ARTE
Black Earth Rising
Miniseerie • 04.05.2023 • 21:40 Uhr

Der Völkermord in Ruanda begann am 7. April 1994 und kostete bis Mitte Juli desselben Jahres etwa 800.000 bis einer Million Menschen das Leben. Auch heute noch ist die fast 30 Jahre zurückliegende Gewalttat Gegenstand von Recherchen, Untersuchungen und eben auch Plot-Hintergrund für Fictionstoffe. Stoffe, die sich trauen, in die Fratze eines der unmenschlichsten Akte zu blicken, zu dem Menschen fähig waren. Eine kluge und auch von der Kritik weitgehend hochgelobte Aufarbeitungen gelang dem britischen Filmemacher Hugo Blick in seiner achtstündigen Miniserie "Black Earth Rising". Die Koproduktion von BBC und Netflix zeigt ARTE nun an zwei Donnerstagen als deutsche Free-TV-Premiere.

Die Suche nach Wahrheit und Aufklärung

Nach den Folgen eins bis vier am Donnerstag, 4. Mai, findet der spannende Thriller am Donnerstag, 11. Mai (ab 22.25 Uhr), mit den Episoden fünf bis acht sein Ende. In der Mediathek steht die mit John Goodmann ("The Big Lewbowski") und Michaela Coel ("I May Destroy You") stark besetzte Serie ebenfalls.

Der ruandische Warlord General Nyamoya (Danny Sapani) soll mithilfe der taffen und erfahrenen Staatsanwältin Eve (Harriet Walter) vorm Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag angeklagt werden. Dabei gerät Eve in einen heftigen Streit mit ihrer Adoptivtochter Kate (Michaela Coel), die aus Ruanda stammt. Für sie ist Nyamoya ein Held, denn er hat den Völkermord in Ruanda gestoppt. Nyamoya hat sich zwar mittlerweile zum Schurken gewandelt, stand aber früher auf der Seite der Guten. Viel schlimmere Verbrecher, die die Verantwortung für den Genozid tragen, befinden sich hingegen immer noch auf freiem Fuß. John Goodman spielt den Anwalt Michael Ennis, mit dessen Hilfe Eve für Aufklärung und Gerechtigkeit sorgen will.

Es ist ein komplexer Stoff, auf den sich Filmemacher Hugo Blick ("The Honourable Woman") mit "Black Earth Rising" einlässt. Nicht nur Hugo Blick ist ein weißer Engländer, auch das Zentrum seiner Erzählung, der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag, vor dem bereits diverse Afrikaner standen, wird mitunter als Institution kritisiert, in der die alten Kolonialherren über Schwarze richten, auch wenn dies natürlich eine etwas einseitige Darstellung jener Institution ist, die zuletzt Putins Taten im Angriffskrieg auf die Ukraine zur Anklage bringen will.

Der Kolonialismus aus unterschiedlichen Blickwinkeln

Doch Hugo Blick, der zuletzt mit dem poetischen Western-Epos "The English" (in Deutschland bei Magenta TV) eine der beeindruckendsten Serienerzählungen des letzten Jahres schuf, ist ohnehin einer, der seinem Publikum einiges an "Gedankenarbeit" zutraut. In seinem achtstündigen Ritt durch Geschichte, internationale Verstrickungen sowie alte und neue Wunden des Kolonialismus, verändern sich immer wieder Wahrheiten und Blickwinkel, sodass man sagen kann: Diese Plot-Twists sind nicht nur spannend, sie dienen auch der eigenen Prüfung von Geschichts- und Menschenbildern.

Optisch ist "Black Earth Rising" hingegen nicht so bildgewaltig wie Blicks in Spanien gedrehte Westernserie "The English" mit Emma Stone als alleinreisende Britin im Wilden Westen, die sich mit einem indigenen Scout (Chaske Spencer) anfreundet. "Black Earth Rising" ist ein – und das trotz afrikanischer Schauplätze – überraschend nüchtern gefilmter Serienstoff, der in seinen verstiegenen Dialogen und Belauerungsmomenten fast ein bisschen an Agentenstoffe John le Carrés erinnert.

Netflix-Kunden können die Miniserie, die in Großbritannien zuerst bei der BBC lief, auch im deutschen Netflix-Programm abrufen. Die Britin Michaela Coel, 35, gewann als Autorin und Hauptdarstellerin der Missbrauchs-Serie "I May Destroy You" übrigens bereits einen Autoren-Emmy – mit damals 30 Jahren als jüngste schwarze Frau überhaupt.

Black Earth Rising – Do. 04.05. – ARTE: 21.40 Uhr


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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