Der Herr mit dem langen weißen Bart, den buschigen Brauen über den strahlend blauen Augen umgab sich schon früh mit einem Hauch von Geheimnis und Unnahbarkeit. Wenn er zu sprechen begann auf seine betont Wiener Art, dann wirkte er Jahre jünger, dieser Herr mit sieben Bambis, dem Bundesfilmpreis und dem Professorentitel, verliehen vom österreichischen Bundespräsidenten.
Noch im hohen Alter lag ein Hauch von mokanter Süffisanz um seinen Mund, Seine weit schweifenden Gesten und der prononcierte Sprachduktus verrieten immer wieder jene Spur von Überheblichkeit, mit der er Erfolge anzog und Misserfolge wegsteckte. Er eroberte die Herzen des deutschen Kinopublikums in den goldenen Fünfzigerjahren im Sturm, als man nach allem angelte, was schön, angenehm und unproblematisch zu sein versprach.
Bescheidenheit zählte nie zu seinen Tugenden, mit Worten und Gesten bewies er stets, dass er keine Unsicherheit an sich heranließ. Auch damals nicht, 1957, als sein groß angekündigter Hollywood-Vertrag mit Universal für die Titelrolle in Henry Kosters "Mein Mann Gottfried" nach 16 Drehtagen zu Ende ging, David Niven - so zeigte sich später am fertigen Film - war doch wohl die richtige Wahl; zuvor war schon ein anderes Projekt gar nicht erst mit ihm (sondern mit Rossano Brazzi) in die Produktion gegangen, als Fischer in Douglas Sirks "Interlude" einen Dirigenten spielen sollte, der sich in June Allyson verliebt.
Fischer betrachtete das nicht als Schmach, Hollywood war schließlich selbst schuld, dass es auf ihn verzichten musste! Auch das Publikum dachte nicht an einen Misserfolg, so nahm der größte Star des deutschen Nachkriegsfilms nicht Schaden und blieb erfolgreich bis zu seinem freiwilligen Rückzug Anfang der Sechzigerjahre. Obwohl im niederösterreichischen Klosterneuburg geboren, versuchte der Sohn eines Hofrats stets als der Wiener zu gelten. Der Otto stand übrigens für Bismarck, der Wilhelm für den Kaiser. Seit den frühen Jahren am Max-Reinhardt-Seminar waren er und die anderen von seinem Talent überzeugt, noch während der Schauspielschule stand er am Theater in der Josefstadt auf der Bühne, gehörte unter den Nazis zum Ensemble des "Deutschen Volkstheater Wien" und wurde danach Burgschauspieler.
Das Idealbild des Wiener Luftikus wurde in den deutschen Nachkriegsjahren zum Herzensbrecher und Lebenskünstler vom Dienst und gemeinsam mit Maria Schell waren der Österreicher und die Schweizerin zehn Jahre lang das Traumpaar des deutschen Kinos, immer einen Schritt vor Dieter Borsche und Ruth Leuwerik. Neben der Schell standen viele weibliche Stars an seiner Seite vor der Kamera: Winnie Markus ("Ein Herz spielt falsch", 1953) und Juliette Gréco ("Die schwarze Lorelei"), Heidemarie Hathheyer ("Das letzte Rezept", 1951) und Senta Berger ("Es muss nicht immer Kaviar sein", 1961), Ruth Leuwerik ("Ludwig II.", 1955; "Bildnis einer Unbekannten", 1954) und Liselotte Pulver.
Mit der Pulver hatte er seinen Durchbruch in dem Erfolgsfilm "Heidelberger Romanze" (1951) und sie war auch seine Partnerin in "Helden", einem der letzten und schönsten Filme seiner Karriere. Seit sich Fischer in den späten Sechzigerjahren in weiser Voraussicht von der Leinwand zurückzog, lebte er im Tessiner Dorf Vernate, wo er in der "Fischerburg" umgeben von Katzen residierte und von den Dörflern ehrerbietig als dottore angeredet wurde.
Zu O. W. Fischers bekanntesten Filmen zählen: "Bis wir uns wiedersehen" (1952), "Solange du da bist" (1953), "Herrscher ohne Krone" (1957), "Peter Voss, der Millionendieb" (1958), "Mit Himbeergeist geht alles besser" (1960), "Axel Munthe, der Arzt von San Michèle" (1962), sowie "Ich suche dich" (1953), neben "Hanussen" (1955) die zweite Regiearbeit des Stars.