Angriff auf Netflix und Amazon

Alles, was Sie über Apple TV+ wissen müssen

Am Montag stellte Apple-Boss Tim Cook seinen mit Spannung erwarteten neuen Streaming-Dienst TV+ vor. Wir schauen drauf: Für wen lohnt sich ein Apple-Abo in Sachen Filme, Serien und Dokus?

Nicht mehr die Präsentation neuer Geräte lässt die Apple-Gemeinde beben. In Zeiten rückläufiger Smartphone-Erlöse hat der Technikriese aus dem Silicon Valley Content-Abos als vielversprechenden Wachstumsmarkt identifiert. Folgerichtig stellte Apple am Montagmorgen kalifornischer Zeit Details zu neuen Dienstleistungen vor: darunter ein neues Apple TV, welches Inhalte verschiedener Content-Lieferanten wie HBO, Starz oder Showtime bündelt und das über das Apple-eigene Angebot TV+ zusätzlich exklusive Programme bereithält.

Um es zu bewerben, sprangen an der amerikanischen Westküste Medienstars und Macher wie Steven Spielberg, Oprah Winfrey, Reese Witherspoon, Jennifer Aniston, Jason Mamoa oder Star Wars-Zampano J.J. Abrams an Cooks Seite. Sendefertig sind die von Apple produzierten Exklusivprogramme jedoch erst im Herbst. Auch über die Kosten des neuen Netflix-Konkurrenten schwieg sich das Unternehmen aus. Neben den TV-Angeboten wurden weitere neue Dienstleistungen unter dem Siegel des angebissenen Apfels vorgestellt. Darunter ein eigenes Kreditkartensystem (Apple Card), ein kuratiertes digitales Zeitschriften-Abo (Apple News +) sowie ein ebenfalls kurartiertes Bundle ausgewählter Spiele (Apple Arcade).

Was bringt das neue Apple TV?

Das neue Apple TV wird in den USA die Angebote einiger renommierter Programmlieferanten bündeln. Darunter Big Player wie HBO ("Game of Thrones"), Showtime ("Homeland") oder Starz ("Outlander", "American Gods"). Auch Amazon wird wohl mit an Bord sein. Explizit totgeschwiegen wurden von Apple die Angebote des größten Konkurrenten Netflix, mit dem es keine Zusammenarbeit geben soll. Vorteile der neuen Apple-Plattform ist nicht nur ein leichteres Hin- und Herschalten zwischen verschiedenen Anbietern, sondern auch Empfehlungen anderer Programm auf der Basis des bereits gesehenen. Dies kennt man allerdings bereits von Netflix. Auch die Bündelung verschiedener Programmanbieter über eine App gibt es bereits bei Amazon Channels.

Welchen exklusiven Content bringt Apple TV+?

Die Präsentation von Apple TV+ stand am Ende einer knapp zweistündigen Produktpräsentation im Steve Jobs Theatre von Cupertino. Nicht ohne Grund, denn es war ein Schaulaufen der Stars angesagt. Steven Spielberg begann mit der Erläuterung seiner neuen Apple Anthology-Serie "Amazing Stories". Es folgten Jennifer Aniston und Reese Witherspoon, gefolgt von Steve Carell, die ihre Serie "The Morning Show" bewarben, eine wohl tragikomische Erzählung "über Männer und Frauen" aus der Welt des Frühstücksfernsehens. "Aquaman" und "GoT"-Star Jason Mamoa brachte dem Auditorium anschließend die Science Fiction-Saga "See" nahe, die in einer dystopischen Welt spielt, in der alle Bewohner blind sind – bis sehende Zwillinge geboren werden. Ein optisch und erzählerisch auf den ersten Trailerblick komplex und ansprechend wirkendes Projekt, das "Peaky Blinders"-Schöpfer Steven Knight verantwortet.

Ebenfalls eine schöne Idee: die Anthology-Serie "Little America", die in jeder Folge eine Einwanderergeschichte erzählt – tragisch, komisch oder irgendetwas dazwischen. Auch die J.J.-Abrams-Serie "Little Voice", deren Titelsong Sängerin Sara Bareilles live am Piano vortrug, erzählt von Träumen – jenen einer Community junger, hoffnungsvoller Künstler, die sich auf dem Sprung zur Karriere befinden. Zum Schluss kündigte Star-Talkerin Oprah Winfrey noch zwei Apple-exklusive Dokumentarfilme über sexuelle Belästigung sowie "Mental Illness" an – und wurde dafür von Tim Cook mit Tränen in den Augen umarmt.

Wann kommt Apple TV+ und was kostet das Ganze?

Der Start des Apple-Streamingdienstes war für April oder Mai erwartet worden. Die Überraschung des kalifornischen Morgens lautete allerdings: Die neuen Apple-Filme und Serien kommen erst im Herbst, dann jedoch in mehr als 100 Ländern. Auch auf ein Preismodell wartete man vergeblich. Ob es also stimmt, dass man die Abos im Bundle bei Apple billiger bekommt, als wenn man sie einzeln bucht, wie vorher spektuliert wurde , bleibt also vorerst – Spekulation.

Was heißt das alles für den deutschen Markt?

Für das deutsche Angebot des neuen Apple TV beziehungweise TV+ dürften noch mehr Fragezeichen hochpoppen als im Heimatmarkt USA. Immerhin sind in Deutschland Angebote wie von HBO (deren Serien laufen beim Pay-TV-Sender Sky Atlantic), Showtime oder Starz ohne Weiteres nicht zu nutzen. Zwar kann man auch hier viele Serien dieser Anbieter sehen, allerdings als Linzenzprodukte auf anderen Plattformen. Welche Anbieter also hier vom neuen Apple TV gebündelt werden, bleibt abzuwarten. Die Einspeisung der Apple-exklusiven Serien und Filme dürfte hingegen kein allzu großes Problem darstellen.

Müssen sich Netflix und Amazon fürchten?

Vorerst nicht. Zwar machen die Apple-Serien einen guten ersten Eindruck, und auch die Namen der beteiligten Kreativen lesen sich nicht schlecht, allerdings stehen das kolportierte Budget von Apple (ein bis zwei Millarden Dollar zum Start für die Programme) und jenes von Netflix (circa 15 Milliarden 2019) in keinem Verhältnis. Hinzu kommen der Verbreitungsvorsprung von Netflix und Amazon sowie ein relativ gesättigter Markt, bei dem vor allem Zuschauer im Free-TV-starken Deutschland wohl schon bald nicht mehr wissen, welche Abos sie nun noch abschließen sollen. Es droht die mediale Überforderung. Doch Apple wäre nicht Apple, hätte man sich für den späten Start als Content-Plattform keine erfolgsversprechende Langzeitstraegie überlegt. Wie sie aussieht und ob sie aufgehen wird, bleibt abzuwarten.

Was wurde außer dem neuen Apple-Fernsehen vorgestellt?

Am Montagmorgen drehte sich alles bei Apple um Dienstleistungen und Content. Tim Cooks Präsentation begann mit dem sehr schick aussehenden "Apple News +", das dem Abonenten (9,99 Dollar pro Monat, auch für Familien) über 300 hochklassige Print-Magazine und Tageszeitungen (Los Angeles Times, Wall Street Journal) über alle Themensparten zugänglich macht. Ein erstaunlich günstiges Presseabo, das den Leser im Einzelabo 8.000 Dollar pro Jahr kosten würde, wie Cook scherzte. Vor allem die animierten Magazincover, die man sich wie die bewegten Ölgemälde aus der Welt Harry Potters vorstellen darf, verzückten. "Apple News +" ist ab heute erhältlich – jedoch nur in den USA und Kanada. Im Laufe des Jahres sollen Australien und das UK hinzukommen.

Darüber hinaus wurde die kuratierte Spiele-Plattform Apple Arcade vorgestellt, die 100 neue, ansonsten kostenpflichtige Games gegen Herbst in 150 Länder bringen will. Auch hierzu gab Apple noch keine Preise bekannt. Was auch immer die Apple-Dienstlesitungen kosten werden – das Bezahlen soll mit der neuen Apple Card "angenehm" einfach werden. Sogar ein Finanzmanagement-System zur persönlichen oder familiären Kostenkontrolle will der neue Content-Player aus Cupertino zeitgleich auf seine Endgeräte bringen. Man wird es wohl brauchen, wenn sich das eigene Leben mehr und mehr mit Abos füllt.


Quelle: teleschau – der Mediendienst

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