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"Der Name der Rose" als Serie: mittelalterliches Pay-TV

von Eric Leimann

Umberto Ecos "Der Name der Rose" ist einer der erfolgreichsten Romane der Weltliteratur. Die 1986 produzierte Kinoversion mit Sean Connery war ein Kassenerfolg. Nun wurde der hochkomplexe Roman noch einmal als TV-Serie verfilmt. Ein Triumph des modernen Fernsehens?

Die Eckdaten weisen einen gewissen Sicherheitsabstand auf. 1980 erschien Umberto Ecos erster Roman "Der Name der Rose". Ein mit Wissen über das Mittelalter und Semiotik, Ecos wissenschaftliches Fachgebiet der Zeichenlehre, vollgestopftes Werk, wurde überraschend zu einem der größten Bestseller des Jahrzehnts. 1986 folgte der von Bernd Eichinger produzierte Kinofilm, eine europäische Koproduktion mit Ex-James Bond Sean Connery als mönchischer Detektiv und dem damals 16-jährigen Christian Slater als dessen jugendlicher Adlatus. Eco, der 2014 starb, ließ in Interviews stets durchblicken, dass er kein ausgewiesener Fan des Films war. Zu flach, reduziert auf die Kriminalhandlung einer Mordserie an Mönchen in einem Benediktinerkloster des Jahres 1327, ohne all die querdenkerischen Verweise auf Zeit-, Zeichen- und Philosophiegeschichte: So kann man die Kritik des intellektuellen Autors zusammenfassen. Fünf Jahre nach Ecos Tod kommt nun die achtteilige TV-Serie (ab Freitag, 24.05, 20.15 Uhr, Sky 1) der mittelalterlichen Mordgeschichte ins deutsche Pay-TV.

Sky zeigt die italienisch-deutsche Produktion an vier Freitagabenden in Doppelfolgen. Parallel kann man ab der Ausstrahlung von Folge eins sämtliche Episoden "on demand" abrufen. Schafft es "Der Name der Rose", eines der wichtigen Werke der Weltliteratur, im sechsstündigen TV-Format aufzublühen?

Gegenüber dem Film fast sechs Stunden Erzählzeit mehr – das ist schon ein Pfund, mit dem man künstlerisch wuchern kann. Oder sollte man besser sagen "könnte"? Denn tatsächlich macht die in Italien bereits seit März im Free-TV des Staatssenders RAI gesendete Serienversion wenig aus ihrer komplexen Vorlage. Die im Kinofilm von Jean-Jacques Annaud dominierende Kriminalhandlung steht auch hier im Mittelpunkt. Sie wird mit fast identischen Figuren und gleichem Plot nacherzählt.

Keinerlei Mehrwert gegenüber dem Film

Emmy-Gewinner John Turturro ("The Night Of", "The Big Lebowski") übernahm die Rolle des an Sherlock Holmes angelehnten Superhirn-Mönchs William von Baskerville, Damian Hardung ("Der Club der roten Bänder") ist sein Doc-Watson-artiger Gehilfe Adson von Melk. Mit Rupert Everett ("Die Insel der besonderen Kinder") als Inquisitor Bernado Gui – die Rolle wurde im Film von F. Murray Abraham gespielt – ist noch ein weiterer internationaler Filmstar mit an Bord. Michael Emerson ("Person of Interest") spielt den verhuschten Abt (im Film: Michael Lonsdale).

Das satte Plus an Erzählzeit füllte der 75-jährige Regisseur Giacomo Battiatio nach seinem eigenen Drehbuch (mit Andrea Porporati und Emmy-Gewinner Nigel Williams) vor allem mit Zeit- und Ortssprüngen, die diverse Vorgeschichten der Charaktere sowie eine historische Einordnung der Handlung leisten sollen. Leider geht durch dieses Gehopse der Erzählfluss baden. Die für einen 80er-Jahre-Film doch rechte dichte Atmosphäre des düsteren Alpen-Klosters wird im Serienformat aufgeweicht, die TV-Version langweilt sogar mit ziemlich daktisch vorgebrachten Erläuterungen zur Zeitgeschichte.

Selbst das Personal bleibt blass. John Turturro, seit seiner Hauptrolle im frühen Coen-Brüder Meisterwerk "Barton Fink" (1991) ein Kult-Schauspieler, gibt der Rolle des Gehirnakrobaten William von Baskerville nicht den verschmitzten Charme des Sean Connery, er tritt eher als Oberlehrer auf. Und "Club der roten Bänder"-Star Hardung? Ist eben der Prototyp des naiven Jünglings, ein Charakter, den Christian Slater 1986 nicht viel anders spielte.

Die TV-Version von "Der Name der Rose" entstand nach dem Erfolgsmodell, aus international bekannten Erzählmarken wie "Das Boot" eine zeitgemäße TV-Variante in der Ära des modernen Serienhypes zu erschaffen. In diesem Fall leider mit dem Problem, dass die knapp sechs Stunden "Der Name der Rose" weder besonders modern sind, noch mit irgendeinen künstlerischen Mehrwert gegenüber dem Roman oder einem 33 Jahre alten Film aufwarten können. Chance vertan, könnt man sagen. Immerhin kann sich Umberto Eco nicht mehr darüber ärgern.


Quelle: teleschau – der Mediendienst

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