Film am Sonntagabend

"Ein Sommer an der Moldau" bringt frischen Wind ins ZDF-"Herzkino"

von Wilfried Geldner

Privatdetektivin Sophie soll während einer Schiffsreise herausfinden, ob der Moldauschiffer Tomasz für seine Tochter Katka wirklich ein guter Vater ist. Leitet der Film eine Neue Welle im sonst so verkitschten "Herzkino" ein?

ZDF
Ein Sommer an der Moldau
Komödie • 27.09.2020 • 20:15 Uhr

"Ein Sommer an der Moldau" ist der 34. Film der ZDF-Sonntagsreihe "Ein Sommer in ..." und – eingebettet zwischen Pilcher, Lilli Schönauer und Katie Fforde – sicher einer der schönsten überhaupt. Was vor allem der minderjährigen, mit ihrem Vater auf der Moldau schippernden und über den Wolken schwebenden kleinen Katka und deren Darstellerin Ziva Marie Faske zu verdanken ist. Aber auch sonst wirkt die kümmerliche Crew, die uns auf dem kleinen Dampfer namens "Svoboda" ("Freiheit") begleitet, sehr erfrischend.

Zwar wirken die Anfänge der Reise ein wenig wie aus dem Papierkorb der ZDF-Sonntagsmelodramen gezogen, doch dann nimmt der Film allmählich Fahrt auf. Er spielt unter der Regie von Sarah Winkenstette (mit dem Jugendfilm "Zu weit weg" soeben im Kino) unbekümmert mit allerlei Klischees am Rande des Kitsches, liefert satteste Prag- und Moldau-Bilder und dringt mit munteren Adhoc-Dialogen in die Seelen seiner Protagonisten ein.

Dabei hat Alina Levshin als Agentin einer Berliner Detektei gewiss den schwierigsten Part. Sie soll auf einer Undercover-Schiffsreise auf der Moldau den tschechischen Dampferkapitän Tomasz (Marko Cindric) ins Visier nehmen und feststellen, ob der noch der richtige Vater für die kleine Katka sei. Katkas Großeltern gaben den Auftrag, sie möchten Tomasz das Sorgerecht für ihre Enkelin entziehen. Sophie, die Detektivin, gibt denn auch fleißig ihre Texte in den Laptop ein und fotografiert heimlich die Szenerie auf dem Dampfer. Arbeitet Katka, die sich bei hrer Vorstellung kühn als "Schwermatrose" bezeichnet, nicht zu viel, ist hier womöglich Kinderarbeit im Spiel?

Noch bevor sich der Dampferkapitän als vorzüglicher, weil liebevoller Vater erweisen kann, freunden sich Sophie und Katka miteinander an. Katka, deren Mutter vor Zeiten starb, hat viel zu erzählen – von der Mutter, die jetzt am Grunde der Moldau beim Wassermann ein Schloss bewohnt und, wenn sie eine Truhe öffnet, mit Katka sprechen kann. Katka hört dann auf einer Muschel mit. Als die mitlauschende Sophie selbst nichts hören kann, nuschelt Katka was von "Zeitverschiebung", also Schlafenszeit.

Selbst die sich ewig streitenden Mitreisenden, mit Franziska Walser und Rudolf Kowalski in ihrer nachdenklichen Ernsthaftigkeit hochbesetzt, versöhnen sich irgendwann. Er ist auf der Suche nach einer alten Jugendliebe aus Vor-68er-Zeiten und findet "nach 50 Jahren" unverhofft einen Sohn. Sie ist vor Langem eine Vernunftehe eingegangen und hat sich damit abgefunden. Katka ginge – und geht – unter solchen Umständen lieber gleich ins Wasser. Aber sie wird dann gerettet und will auch brav in die Schule gehen, die sie bislang stets verachtet hat.

Mit viel Unbekümmertheit und Empathie für alle handelnden Personen bringt diese Moldaureise (ohne Smetana, nur mit sanfter Geigen- und Klavierbegleitung) einen frischen Ton ins oft schrecklich leichtfertig verkitschte Herzschmerz-Revier des ZDF-"Herzkinos". Das könnte ein gutes Vorbild für weitere Filme sein. "Einmal Flusspirat, immer Flusspirat", grüßen sich Vater und Tochter im Film – und sagen stets "Ahoi!", wie einst der "schwarze Peter" in Milos Formans erstem Film. Ganz die Neue Welle.


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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