"Marie Brand und das Spiel mit dem Glück"

Mord in der Spielehölle

von Wilfried Geldner

Die Kölner Kommissare Marie Brand und Jürgen Simmel müssen diesmal den Mord an einem Spielautomaten-Magnaten aufklären. Sie stellt sich dabei schlau an, er leider weniger.

ZDF
Marie Brand und das Spiel mit dem Glück
Kriminalfilm • 20.04.2019 • 20:15 Uhr

Marie Brand und Jürgen Simmel sind auf ihrem ZDF-Samstagstermin so beliebt wie sonst nur die "Tatort"-Kommissare am Sonntag. Zuletzt, im Januar, fuhren sie 7,6 Millionen Zuschauer ein (23 Prozent Marktanteil). Krimi mit Komödie ist eben beliebt, wie nicht zuletzt der "Tatort" aus Münster im Ersten zeigt. In ihrem 25. Fall sind Mariele Millowitsch und Hinnerk Schönemann dem Mörder eines Spielhöllen-Magnaten auf der Spur, der zwischen Geldeimern und -koffern im Auto vor einer seiner Spielhöllen sitzt. Der Tat verdächtig sind wahrhaft viele: Raubmörder und Rachelüsterne, "professionelle" und süchtige Spieler. Ein Jubiläumsfilm, der offensichtlich den Jackpot leeren will.

Tot sitzt der Spieautomatenhersteller und Spielothekenbetreiber Calser in seinem Auto. Gerade hat er sein letztes Casino entleert, die Eimer und Koffer sind voller Geld. Zwei Jungen, von Marie Brand später die "Kakaozwerge" genannt, weil sich der mit ihnen fraternisierende Simmel zum Kakao verabreden will, entdecken den Mann. Von den Münzen im Eimer kaufen sie Walki-Talkis, was wohl unter anderem den fragwürdigen Wert jeglichen Geldes unterstreichen soll. Immerhin kann Simmel, der diesmal arg unterbelichtet wirkt, auf diese Weise mit den jugendlichen Zeugen telefonieren.

Drin in der Spielothek, einer von hunderten im Kölner Raum, die dem Toten gehörten, sammelt derweil eine Servicekraft verzweifelt mit dem Staubsauger liegen gebliebene Münzen ein. Selbstverständlich gibt es "Profis", die Automaten immer mal wieder zum Rattern bringen, die genau wissen, wann und wo es zuzuschlagen gilt – etwa, wenn der Automat lange nichts mehr ausgeschüttet hat. Einer von ihnen arbeitet gar im Verborgenen, er klügelt auf einem Schrottplatz in einsamer Hütte Systeme aus, mit denen er ganze Spielketten sprengen kann. Lothar Emmerich (Michael Schenk) wurde vor wenigen Wochen aus der Automatenfirma geschasst. Nun tut er sich gar mit dem schon vor Jahren entwichenen "guten Sohn" des Automatenbetreibers zusammen. Der wechselte nach dem Selbstmord seiner spielsüchtigen Freundin schon vor Zeiten die Seiten.

Im offenbar bewusst schnell geschnittenen, farbbleichen Kölner Krimi (Regie: Michael Zens) rattern die Szenen wie die Slots beim Spielautomaten vorbei. Ein paar Schicksale zu viel sind da im Krimi-Baukasten zusammengesetzt – zweifelhafte Unternehmer und opponierende Ganoven, arme Würstchen, die der ungebrochen beworbenen Spielsucht verfallen sind, aber auch Robin Hoods mit Helfersyndrom. Es gibt die arme Ehefrau, die das Geld der Schwiegermutter und das damit geplante Häuschen verzockt. Aber auch die Freundin des geläuterten Magnaten-Sohnes, die sich in ihrer Sucht das Leben genommen hat.

Auf einer dritten Walze, um im Spielautomatenbild zu bleiben, wird dem Zuschauer viel von den Machenschaften des Gewerbes vermittelt, also auch davon, wer die wahren Gewinner sind. Leider wird diese Lektion nur selten von der gewohnten Komik der Reihe durchbrochen – etwa, wenn Marie Brand den Träumer Simmel fragt, ob denn der Geldtopf im Auto des Toten nicht abschreckend genug für ihn gewesen sei. Ohnehin wird Simmels Geldgier als Running Gag arg überstrapaziert. Dr. Engler (Thomas Heinze) ernennt ihn "pro forma" zu Maries Chef, bloß damit er mehr Geld bekommt. Er geriete damit, erklärt ihm Marie, in die Steuerprogression. Aus dieser Malaise kommt Simmel zuletzt nur durch einen angeblich leichtfertig abgefeuerten finalen Rettungsschuss und damit die Abstufung wieder heraus.

Allzu steil ist diesmal das Gefälle zwischen den Kommissaren Brand und Simmel. Marie ist stets die Schlaue, er der Tor. Man möchte beinahe den Inklusionsbeauftragten rufen. Zum sonstigen recht anspruchsvollen Noir-Szenario will die schlichte Konstellation jedenfalls so recht nicht passen.


Quelle: teleschau – der Mediendienst

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