Ein Hut voller Träume – Kritik zur Musical-Abenteuerkomödie „Wonka“
Zum Jahresendspurt bringt Warner Bros. mit „Wonka“ einen magisch-märchenhaften Film in die Kinos, der fast so gut in die Weihnachtszeit passt wie Punsch und Lebkuchen. Auch wer Timothée Chalamet schon immer mal singen hören wollte, ist mit „Wonka“ hervorragend beraten.
Roald Dahls „Charlie und die Schokoladenfabrik“ (1964) gehört zu den bekanntesten Kinderbüchern aller Zeiten. Erstmals verfilmt wurde der Klassiker 1971 mit Gene Wilder als Willy Wonka. Unter der Regie von Gruselvirtuose Tim Burton verkörperte 2005 niemand Geringeres als dessen langjähriger Weggefährte Johnny Depp den bizarren Schokoladenfabrikanten, Erfinder und Zauberkünstler. Auf diese beiden Adaptionen folgt 2023 „Wonka“ mit Timothée Chalamet in der titelgebenden Rolle. „Wonka“ macht aus dem Stoff jedoch etwas ganz Eigenes. Ein spaßiges und auch rundes Abenteuer, das auf eigenen Beinen stehen kann.
„Wonka“ oder auch „David gegen Goliath“
Kinobesucher erwartet nämlich nicht einfach eine dritte Umsetzung des Kinderbuchklassikers. Stattdessen spielt die Handlung noch vor den Ereignissen aus „Charlie und die Schokoladenfabrik“. Im Mittelpunkt des Prequels steht ein junger Willy Wonka, der nach einer siebenjährigen Weltreise mit einem Schiff in den Hafen einer Großstadt einfährt. Hergeführt hat ihn ein großer Traum: Willy Wonka will ein Schokoladengeschäft eröffnen, und zwar in den noblen Galleries Gourmet. Dort – so hat es ihm seine Mutter erzählt – soll es die beste Schokolade der Welt geben. Zunächst scheint Willy Wonkas Plan aufzugehen. Seine Kunden sind nicht nur vom Geschmack seiner besonderen Schokolade und deren teils magischer Wirkung begeistert, sondern auch von ihrem günstigen Preis. Das ruft jedoch die drei führenden Chocolatiers – das „Schokoladen-Kartell“ – auf den Plan. Das Trio setzt alles daran, den jungen Willy Wonka aus dem Geschäft zu verdrängen. Damit erzählt der Film eine klassische David-gegen-Goliath-Geschichte.
Was kann Timothée Chalamet eigentlich nicht?!
„Wonka“ überzeugt nicht zuletzt wegen seines Charmes, den er vor allem seinem Hauptdarsteller zu verdanken hat. Mit nahezu jedem Film etabliert sich Timothée Chalamet immer mehr als vielfältig begabter Charakterdarsteller. Welche Bandbreite er dabei abdeckt, macht allein ein Blick auf die beiden neuesten Filme Chalamets deutlich: Die märchenhaft anmutende Abenteuer-Komödie „Wonka“ mit seinen Musicaleinlagen und das 2022 erschienene Horror-Drama „Bones and All“, das zugleich ein Roadmovie über das Anderssein ist. Von seinem verträumten Blick, über das charmante Lächeln bis hin zu seinen Performances in den diversen Musicalnummern – für den nicht düsteren, sondern liebenswürdigen Willy Wonka ist Timothée Chalamet die perfekte Besetzung. Er interpretiert seine Rolle angenehm überdreht, ohne dabei nervig zu sein. Neben seiner schauspielerischen Begabung stellt Chalamet auch sein Gesangstalent eindrucksvoll unter Beweis. Besonders viel tanzen darf Chalamet zwar nicht, seine eleganten Bewegungen in Kombination mit dem unverwechselbaren Kostüm (purpurfarbener Mantel, Zylinder und Gehstock) sind aber dennoch schön anzusehen.
Ohrwürmer garantiert – „Wonka“ als Musical
Auch die Songs selbst sind eine Bereicherung für „Wonka“. Besonders an den Stellen, an denen die Handlung vorübergehend an Fahrt verliert, bringen sie neuen Schwung in den Film. Zwar klingen die Lieder teils ziemlich ähnlich, mindestens zwei von ihnen hinterlassen aber einen bleibenden Eindruck und sind so eingängig, dass sie auch nach dem Kinobesuch noch eine Weile munter im Kopf weiterdudeln. Jenseits von Timothée Chalamet hat auch der übrige Cast sichtlich Spaß mit den Musicaleinlagen und liefert ebenfalls gesanglich ab. Das gilt etwa für die herrlich überdrehte Olivia Colman als hinterhältige Herbergen- und Wäschereibetreiberin Mrs. Scrubbit. Oder auch für Hugh Grant freuen, der als vornehm-ernster, aber auch liebenswerter Oompa Loompa Lofty gerne noch etwas öfter hätte zu sehen sein dürfen. Weitere Highlights sind der Komiker Keegan-Michael Key als korrupter Polizeichef mit einer ungesunden Vorliebe für Schokolade sowie die fiesen Chocolatiers Slugworth (Paterson Joseph), Prodnose (Matt Lucas) und Fickelgruber (Mathew Baynton).
Gute-Laune-Kino lässt Schwächen vergessen
Trotz all des Lobes ist „Wonka“ kein Film ohne Makel. Die klassische Handlung ist vorsehbar und bietet keine wirklichen Überraschungen. Das CGI ist nicht immer ein Volltreffer und nicht alle Witze dürften jeden Geschmack treffen. Zudem sind einige Figuren eindimensional und wirken teils wie aus einem Comic genommen. Auch bleibt die Frage, wie genau dieser Willy Wonka zu jenem aus „Charlie und die Schokoladenfabrik werden konnte. Dazwischen scheinen noch einige Entwicklungsschritte zu liegen. Erwarten uns hier vielleicht noch weitere Teile?
„Paddington“-Regisseur und -Drehbuchautor Paul King gelingt es, dass man sich an den genannten Makeln kaum stört. In der märchenhaft-anmutenden Abenteuerkomödie wirken die Figuren mit ihren simplen Motiven und ihrer absurden Komik auf einmal sehr stimmig. Gerade deshalb und wegen der klaren Handlung ist „Wonka“ eine Geschichte für Groß und Klein. Ein sehr humorvoller Familienfilm, der so gefühlvoll und magisch daherkommt, dass er fantastisch in die Weihnachtszeit passt. Die Unmengen von Schokolade tragen ihr Übriges dazu bei. Nach knapp zwei Stunden Laufzeit entlässt „Wonka“ sein Publikum mit einem warmen Gefühl, der Lust auf Süßes und dem ein oder anderen Ohrwurm.
„Wonka“ läuft ab dem 7. Dezember 2023 in den deutschen Kinos.