Rick Okon im Interview

"Wann ist man schon mal Kapitän eines U-Bootes?"

von Eric Leimann

    Knapp 40 Jahre nach dem Kino-Hit "Das Boot" kommt die mit Spannung erwartete Serie. Sky produzierte acht 60 Minuten lange Episoden, die ab Freitag, 23. November, in Doppelfolgen ausgestrahlt werden (immer freitags, 20.15 Uhr, Sky 1 HD). Rick Okon, der neue "Tatort"-Kommissar in Dortmund, ist nun der Kapitän.

    Im Gegensatz zu Jürgen Prochnow, der im Originalfilm "der Alte" gerufen wurde, spielt der 29-jährige Okon einen jungen Befehlshaber auf seiner ersten Kommandofahrt. Ohnehin lässt sich die Serie nicht darauf ein, das "Das Boot" von 1981 zu wiederholen. Die international nachgefragte deutsche Sky-Produktion erzählt eine neue Geschichte aus dem Weltkriegsherbst 1942, als die U-Boot-Kriegsführung zunehmend brutaler wurde. Rick Okon wurde im Jahr 2016 einem größeren Publikum bekannt, als er mit Ruby O. Fee im Kölner "Tatort: Kartenhaus" ein auf Liebestrip mordendes Bonnie & Clyde-Pärchen gab. Im Interview spricht er über den Reiz und die Schwierigkeit, einen Kultfilm neu zu erfinden.

    prisma: Was war zuerst da: "Das Boot" oder Ihre Rolle als Kapitän?

    Rick Okon (lacht): Mit Sicherheit – das Boot. Zuerst gab es eine Anfrage, ob ich Interesse hätte. Dann las ich das Drehbuch und fand es stark. Es folgten zwei Casting-Runden. Schließlich der Anruf, dass es geklappt hat.

    prisma: Regisseur Andreas Prochaska sagte, dass er sich den alten Film "Das Boot" sehr oft angesehen habe. Wie haben Sie es gehalten?

    Okon: Es gab den Wolfgang-Petersen-Film ja auch als Serie. Ich habe mir den Serienschnitt intensiv angeschaut, weil ja auch wir eine Serie produzieren wollten. Die Kinofassung kannte ich bereits vorher. Ich besorgte mir außerdem sämtliche anderen U-Boot-Filme, die auf dem Markt waren, auch Dokumentationen natürlich.

    prisma: Weil Sie ein möglichst authentisches Gefühl dafür bekommen wollten, wie es war, in einem U-Boot zu leben – und zu kämpfen?

    Okon: Ich glaube, ein wirkliches Gefühl zu bekommen, wie es war, 1942 in einem U-Boot zu sein, das in Kriegszeiten unter Beschuss gerät, ist nicht möglich. Diese Erfahrung ist so drastisch, dass wir uns das, glaube ich, nicht vorstellen oder nachempfinden können.

    prisma: Haben Sie es erlebt, unter Wasser zu sein?

    Okon: Nein, diese Möglichkeit haben wir leider nicht bekommen. Man kann sich denken, dass wir nicht unter Wasser gedreht haben. Deshalb weiß ich nicht, wie es sich anfühlt. Dennoch wurden gute Rahmenbedingungen geschaffen, die ein authentisches Gefühl unterstützten. Es war zum Beispiel sehr eng beim Dreh. Das Boot wurde originalgetreu nachgebaut.

    prisma: Welchen U-Boot-Film fanden Sie am beeindruckendsten?

    Okon: Wolfang Petersens Film aus den frühen 80ern ist immer noch sehr beeindruckend. Weil er der erste war und sich alle späteren Filme, deren Handlung sich in einem U-Boot abspielt, in irgendeiner Weise darauf beziehen oder sich daran orientieren. "Das Boot" war aber auch genial, wenn man bedenkt, welche technischen Möglichkeiten man damals hatte – oder besser: nicht hatte. Petersens Film war allein schon filmhandwerklich ein ganz großer Wurf.

    prisma: "Das Boot" ist fast 38 Jahre alt. Warum bekommen Leute, die den Film damals sahen, noch heute leuchtende Augen, wenn sie sich daran erinnern?

    Okon: Ich glaube, das hat verschiedene Gründe. Zum einen ist "Das Boot" ein großer, ungeheuer spannender Film. Dann wurde ein Thema behandelt, das damals noch nicht besprochen war: der U-Boot-Krieg, dargestellt aus nächster Nähe – quasi von innen. Natürlich hat den Zuschauer auch die Kameradschaft fasziniert. Der Zusammenhalt der Leute im Boot, mit denen man sich auch identifizieren kann, weil es einfach etwas sehr Menschliches ist. "Das Boot" erzählte immer eng an seinen Figuren. Das ist immer eine gute Orientierung, wenn ein starker Film dabei herauskommen soll.

    prisma: An welchen alten Charakter erinnern Sie sich am besten?

    Okon: Ach, es gibt viele extreme, spannende Charaktere an Bord. Vielleicht ist es die Stimme von Martin Semmelrogge (lacht). Die kriegt man kaum noch aus dem Kopf raus.

    prisma: Wie versucht sich die Serie "Das Boot" nun vom Originalfilm abzugrenzen?

    Okon: Wir tun es, indem wir eine ganz andere Geschichte mit neuen Figuren erzählen. Die Serie ist kein Remake des alten Kinofilms oder der alten Serie. Es passieren ganz andere Dinge als beim Original. Unsere Serie spielt etwa zur Hälfte an Land, wo eine eigene Geschichte vorangetrieben wird. Außerdem bin ich nicht der Alte 2.0 – wie man sich denken kann.

    prisma: Begreifen Sie die neue Serie trotzdem auch ein Stück weit als Hommage?

    Okon: Klar, auch wenn das sicher nicht unser vorrangiges Ziel war. Trotzdem haben wir ein paar Zeilen aus dem Original eingebaut, die man als eine Art Hommage an die filmischen U-Boot-Fahrer von 1981 begreifen darf.

    prisma: Ach ja, welche denn?

    Okon:"Verdammt hell" oder "Ruhig, ganz ruhig" – das sind Sätze, die im Original fallen und auch jetzt wieder vorkommen. Es macht Spaß, solche kleinen Dinge einzubauen – die aber natürlich vorwiegend Experten auffallen.

    prisma: Sie sind erst 29 Jahre alt. Ist der Originalfilm für jemanden wie Sie gut gealtert oder sieht man ihm seine Entstehungszeit arg an?

    Okon: Ich finde, der Film ist sehr gut gealtert. Petersen hatte damals Ideen, die waren absolut innovativ. So wie die Kamerafahrt durch die Schotten. Natürlich sieht man dem Film hier und da an, dass er aus einer anderen Zeit stammt. Einem U-Boot minutenlang beim Fahren oder Tauchen zusehen – so etwas würde man heute wahrscheinlich nicht mehr machen.

    prisma: Sie spielen einen jungen Kommandanten auf seinem ersten Kommando. Das klingt auf dem Papier nach einer Heldenfigur ...

    Okon: Es ist trotzdem keine klassische Heldenfigur. So eine würde man im modernen Serienfernsehen – jedenfalls in dem, das wir produzieren wollten – nicht mehr reinschreiben. Nein, ich spiele einen hochambivalenten jungen Kapitän. Ich will nicht zu viel verraten, aber man merkt gleich am Anfang: Aha, da ist jemand, dessen Vater ein großer Held, eine Legende ist. Deshalb hat es meine Figur schon mal mit der Last oder dem Trauma sehr großer Fußstapfen zu tun.

    prisma: Ist es eigentlich Zufall, dass man Sie bisher oft als jungen, aber eher düsteren Charakter besetzte?

    Okon: Ich sehe das anders. Ich hatte – nach meinem Empfinden – in den letzten Jahren eher das Glück, in keiner Schublade zu landen. Wenn Sie die düsteren Charaktere stärker in Erinnerung haben, vielleicht – weil es einfach gute Rollen oder Filme waren. Trotzdem ist die Rolle in "Das Boot" natürlich eine große Sache für mich. Die Serie kommt zwar als Ensemblestück daher und ist keine klassische Hauptrolle in dem Sinne, dass ich da total im Mittelpunkt stehe. Andererseits ist die Figur natürlich eine Zäsur für mich. Wann ist man schon mal Kapitän eines U-Bootes (lacht)? Und das in einem Format, das in die halbe Welt exportiert wird? Ich bin sehr stolz auf diese Rolle, und ich glaube, dass sie mich vielleicht noch lange begleiten wird.


    Quelle: teleschau – der Mediendienst

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