Netflix-Serie

"The Billion Dollar Code": Berliner Nerds gegen Google

von Andreas Fischer

Diese Netflix-Serie kommt aus Deutschland – und sie ist richtig gut: In "The Billion Dollar Code" sagen zwei Berliner Computernerds Google den Kampf an.

Ach, was waren das für Zeiten, als die Menschen mit voller Überzeugung Sätze sagten wie: "Computer können Kunst und Schönheit vereinen" oder "Das Internet kann die Welt für alle zugänglich machen". Anfang der 1990er-Jahre in Berlin, da war noch alles möglich: Die vierteilige deutsche Miniserie "The Billion Dollar Code" erzählt ab 7. Oktober bei Netflix vom Traum einer großen digitalen Freiheit, von der mittlerweile nur noch die Realität übrig geblieben ist.

Diese Wirklichkeit sieht so aus: Die einen haben die Visionen, die anderen die Geschäftsideen. Und wenn man nicht aufpasst, dann stehen die einen 25 Jahre später mit leeren Händen da, während aus den anderen die mächtigste Internetfirma der Welt geworden ist.

Die einen, das sind der Kunststudent Carsten (Leonard Schleicher) und der Programmierer Juri (Marius Ahrendt). Die beiden haben in der Zeit, in der Berlin in jeder Hinsicht grenzenlos war, einen genialen Einfall: Sie entwickeln ein Programm, mit dem man virtuell die ganze Welt entdecken kann. "Terra Vision" nennen sie ihr Projekt, das damals nur auf einem sündhaft teuren Hochleistungscomputer läuft.

Ihre Idee ist so neu und zwingend – dass sie nicht aufzuhalten ist. Jahre später kommen also die anderen ins Spiel, und die beiden Freunde (jetzt von Mark Waschke und Mišel Maticevic gespielt) legen sich mithilfe einer knallharten Anwältin (Lavinia Wilson) juristisch mit Google an.

"The Billion Dollar Code" – der Titel für die deutsche Netflix-Produktion ist treffend gewählt: Die Showrunner und Co-Autoren Oliver Ziegenbalg ("25 km/h", "Friendship!") und Robert Thalheim ("Kundschafter des Friedens", "Eltern") haben die mutmaßlich wahren Hintergründe der echten "TerraVisionen"-Erfinder Joachim Sauter und Axel Schmidt fiktionalisiert. Mit dieser Freiheit erzählen sie eine lebenspralle, mitreißende Geschichte vom Aufbruch und was davon übrig blieb. Das ist alles ziemlich idealistisch und so herrlich nostalgisch, dass man sich fast einen 386er-Prozessor und einen 4-MB-Arbeitsspeicher zurückwünscht. Aber nur fast: Denn die Miniserie zeigt auch, das ist wohl nicht nur als Rückblick zu verstehen, wie verkrustet und innovationsfeindlich Deutschland in den 1990er-Jahren war.

Das Projekt "Terra Vision" gab es wirklich

Das Unfassbare an der Geschichte ist etwas anderes: Sie beruht auf wahren Begebenheiten. "Terra Vision" hat es gegeben, es wurde als Kunstprojekt von der damals ziemlich verstaubten Telekom ("Das Internet wird sich niemals durchsetzen. Wir haben Studien!") gefördert. Bekannter wurde die Technologie der beiden jedoch erst durch ihre Anwendung in Google Earth. Das hat den beiden Erfindern gar nicht gefallen: Was heute selbstverständlich ist, sagen sie, wirkt im Rückblick immer so, als müsste man nur eins und eins zusammenzählen. Aber damals musste man sich das erst einmal vorstellen können. Die Idee jedenfalls hatten sie.

"Wir müssen das doch machen, wir können es doch nicht nicht machen", hatte Carsten seinen Freund einst bekniet, mit ihm "Terra Vision" zu entwickeln. Damals glaubten beide wirklich, mit Computern, mit dem Internet, eine demokratische Plattform für die ganze Welt schaffen zu können – nur um festzustellen, dass der ganze Idealismus in jeder revolutionären Zeit beim Geschäftsmodell endet. Dabei hätten sie es wissen können. Schließlich prophezeite Juri schon früh: "Daten sind die Pershings der Zukunft. Und wenn wir nichts unternehmen, gehören sie in Zukunft den Falschen."


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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