Berg und Tobler zurück im Schwarzwalddorf

"Tatort: Unten im Tal": Alte Wunden reißen wieder auf

12.02.2023, 09.40 Uhr
von Eric Leimann

Für Friedemann Berg (Hans-Jochen Wagner) und Franziska Tobler (Eva Löbau) geht es nach mehr als zehn Jahren zurück in ein winterliches Schwarzwalddorf. Eine Teenager-Mutter wurde damals vermisst, nun wurde ihre Leiche gefunden. Heute Abend läuft der neue "Tatort: Unten im Tal" mit stimmungsvollen Naturbildern. 

ARD
Tatort: Unten im Tal
Kriminalfilm • 12.02.2023 • 20:20 Uhr

Ein bisschen fühlen sich die ersten zehn oder 15 Minuten vom "Tatort: Unten im Tal" an, als würde man in eine Serie einsteigen, deren erste Folge man verpasst hat. Friedemann Berg (Hans-Jochen Wagner) und Franziska Tobler (Eva Löbau) reisen in ein entlegenes Schwarzwalddorf und reden darüber, dass sie nicht gedacht hätten, noch mal hierherzukommen. Doch keine Sorge, liebe "Tatort"-Gemeinde, der fiktive "erste Teil" des neuen Abenteuers von Tobler und Berg wurde nie gedreht, wird aber über diverse Rückblenden und geschickte Drehbuchkniffe über 90 Minuten nach und nach offenbart.

Gemeinde erklärt den Außenseiter für schuldig

Die Rückkehr der Ermittler hat mit dem Fund der sterblichen Überreste Rosa Winterfelds zu tun. Die sehr junge Frau, selbst bereits Mutter, war vor mehr als einem Jahrzehnt spurlos aus dem Dorf verschwunden. Ihre Eltern Josef (Cornelius Obonya) und Meike (Inka Friedrich) müssen nun ihre Resthoffnung begraben, dass die Tochter doch noch zurückkehrt.

Stattdessen, die Gleichzeitigkeit bedeutsamer Ereignisse kann grausam sein, wird gerade die Konfirmation von Rosas Tochter Toni (Carlotta Bähre) gefeiert, die bei ihren Großeltern aufwächst. Das Verhältnis der älteren Winterfelds zu Tonis Vater, Gastwirtsohn Axel (Tonio Schneider), ist unterkühlt. Als Toni ein Baby war, haben die Großeltern das Kind gegen den Willen der minderjährigen Eltern zu einer Tante nach Berlin "weggegeben". Als die verzweifelte Rosa eines Abends verschwand, wurde der labile, zu körperlichen Übergriffen neigende Trinker Werner Trödle (Aurel Manthei) verdächtigt, das Mädchen getötet zu haben. Schließlich hatte sie ihn vor Zeugen in der Gastwirtschaft von Axels Vater gebeten, dass er sie zu ihrem Kind nach Berlin fahren möge. Werner Trödle konnte man damals nichts nachweisen, aber das Schuldurteil der Gemeinde über den Außenseiter war da bereits gefällt.

Was geschah am Abend, als Rosa verschwand?

"Unten im Tal" stammt aus der Feder von Nicole Armbruster, die für das Schwarzwald-Team schon den Fall "Rebland" geschrieben hat. Darin ging es um drei einer Vergewaltigung verdächtige Männer und darum, wie dieser Verdacht auf unterschiedliche Weise deren Leben zerstörte. In der Figur des Alkoholikers Werner Trödle, der mehr als zehn Jahre später wieder in sein Dorf zurückgekehrt ist, dort aber nach wie vor gemieden wird, setzt sich das "Rebland"-Thema in Armbrusters neuem Film fort.

Als Tobler und Berg ihren alten Fall wieder aufrollen – mit nunmehr etwa zehn bis 15 Jahre älteren Protagonisten – kehrt auch Rosas frühere beste Freundin Elif (Canan Samadi) zur Befragung in ihr Heimatdorf zurück. Die junge Frau lebt mittlerweile in der Stadt und arbeitet als Ärztin. Die Ermittler versuchen noch einmal, durch die Befragung der Beteiligten zu rekonstruieren, was am Abend von Rosas Verschwinden tatsächlich passiert ist. Dabei kommen neue Aspekte ans Licht, auch wenn sich die Schilderungen und vor allem die Schuldzuweisungen der Beteiligten deutlich unterscheiden.

Sensibilität für die Inszenierung junger Charaktere

Die 1981 geborene Regisseurin Julia Langhof gewann mit ihrem innovativen Langfilmdebüt "Lomo – The Language Of Many Others" (2017), dem Porträt eines Jugendlichen, der sein Leben den "Followern" widmet, einige Preise. Ihrem auch in seinen Naturbildern (mit frei laufendem Wolf!) stimmungsvoll fotografierten "Tatort"-Debüt (Kamera: Andreas Schäfauer) merkt man an, dass Langhof eine große Sensibilität für die Inszenierung junger Charaktere mitbringt. Sowohl die in Rückblenden erzählte Rosa wie auch deren in der Gegenwart fast gleich alte Tochter Toni, die sich nicht an ihre Mutter erinnern kann, werden in wenigen kurzen Szenen gleichermaßen prägnant und anrührend gezeichnet.

Trotzdem ist "Unten im Tal" kein Jugenddrama, denn alle Generationen dieses Schwarzwälder Winterstücks tragen ihre Geheimnisse und Konflikte in die Handlung hinein. Alle kommen im angenehm zurückhaltend "getexteten" Krimistück authentisch rüber. Dass diese Dorfgemeinschaft nicht so "geschwätzig" ist, wie sie in vielen anderen deutschen Krimis wohl wäre, tut der Authentizität der Ermittlungen und des Films ausgesprochen gut. Damit darf man sich beim zehnten Schwarzwald-"Tatort" auf ein eher leises Land- und Familiendrama freuen, das zwar nicht ganz so verstiegen und intensiv ist wie der geniale Vorgänger "Die Blicke der Anderen", aber immer noch über dem Durchschnitt des bundesweiten "Tatort"-Niveaus mitspielt.

Tatort: Unten im Tal – So. 12.02. – ARD: 20.20 Uhr


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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