30 Jahre nach dem Mauerfall wiederholt ARTE die erste deutsche Komödie, die sich augenzwinkernd mit dem Alltag der DDR auseinandersetzte: Leander Haußmanns "Sonnenallee" begeistert auch heute noch.
Wenn sich der Fall der Berliner Mauer am 9. November zum 30. Mal jährt, werden sich viele Deutsche erinnern. Nicht nur an eine politisch und gesellschaftlich aufregende Zeit, sondern auch an deren filmische Rezeption knapp zehn Jahre später. Mit Leander Haußmanns DDR-Komödie "Sonnenallee", die ARTE nun wiederholt, begann 1998 eine ganze Reihe von Filmen über den "Arbeiter- und Bauernstaat". Ebenso rührend wie sympathisch erzählte Haußmann damals anhand von pubertierenden Jugendlichen ein Stück Geschichte.
Sie tanzen, sie feiern, sie erleben ihr erstes Mal und hängen ab. Ganz normale Teenies, fast wie im Westen. Doch Micha, Mario, Wuschel und Brötchen wachsen in der Deutschen Demokratischen Republik auf. Unter dem wachsamen Auge des Genossen Staat wird sogar das Kaufen und Hören einer Rolling-Stones-Platte zum Abenteuer. Ebenso rührend wie sympathisch erzählte Leander Haußmann 1998 ein Stück DDR-Geschichte.
"Sonnenallee" ist einer jener Filme, die auch beim zweiten oder dritten Hinsehen noch Spaß machen. Wer die Augen schließt, die Luftgitarre fest umgreift, die Rolling Stones durch die Boxen jagt und leise zu singen beginnt, kann für einen Moment den Zustand der Vollkommenheit erreichen. Solche Träume erwachen überall. Michael jedenfalls ist es dann egal, ob er nun im Osten oder im Westen des geteilten Deutschlands lebt. "Ich war jung, und ich war verliebt." Leander Haußmanns Debüt als Kinoregisseur zeigte sich in erster Linie als Film über das Lebensgefühl einiger Menschen in den 70er-Jahren. Sie alle leben zufällig in jener "Sonnenallee".
Das kürzere Ende einer Straße
Das längere Ende der Straße liegt im Westen, das kürzere im Osten. Dazwischen versperrt der antifaschistische Schutzwall die Sicht. Haußmann und Autor Thomas Brussig blicken auf Ereignisse in der DDR, ein Kaleidoskop der unterschiedlichsten Charaktere, die alle irgendwie miteinander verbunden sind.
Da ist der 17-jährige Micha (Alexander Scheer), der seinem Traum von Liebe nachhechelt. Miriam (Teresa Weißbach) soll es sein, die Wunderschöne, die Unerreichbare. Weil sie Jungs mag, die Tagebuch führen, schreibt er Wahrheiten und Lügen über sein Leben nieder und begreift es dabei neu. Da ist sein Vater (Henry Hübchen), einer, der dem System kritisch gegenübersteht, sich aber damit abgefunden hat. Und seine Mutter (Katharina Thalbach), die den Tee bringt, rührend um ihre Familie besorgt ist und heimlich von Flucht träumt.
Micha lebt inmitten einer Clique von Jugendlichen, die in der DDR groß geworden sind. Es wird mit Schallplatten gedealt, Drogencocktails werden gemixt und Mädchen angegraben, Jungs bekommen Körbe. Eigentlich sei es, erklärt Haußmann, "eine Hippie-Republik gewesen, die immer in den 70er-, nie in den 80er-Jahren war".