"Familie Fröhlich – Schlimmer geht immer"

Jürgen Tarrach im Kampf gegen das Schicksal Arbeitslosigkeit

von Frank Rauscher

Eine Komödie zum Themenfeld "Die Krise und ihre Folgen für den kleinen Mann"! So was zieht doch nur runter, wer braucht so ein Depri-Programm, gerade jetzt im schönen Sommer, denkt man sich. Doch die nächste Krise kommt bestimmt. Und weil der kleine Mann in diesem Fall so ein wunderbarer trauriger Held ist, und weil am Ende natürlich doch alles irgendwie gut wird in der Welt des von Jürgen Tarrach famos gespielten Bernd Fröhlich (!), geht der von Regisseur Thomas Nennstiel pointenreich inszenierte Kampf gegen das Schicksal Arbeitslosigkeit auch als Wiederholung schon in Ordnung. Die Geschichte der erstmals 2010 ausgestrahlten Dramedy kennt man leider allzu gut. "Familie Fröhlich – Schlimmer geht immer" – der Titel spricht Bände.

3sat
Familie Fröhlich – Schlimmer geht immer
Komödie • 28.06.2018 • 20:15 Uhr

Die "Little Boxes", typische amerikanische Vorstadthäuschen aus dem legendären Vorspann der US-Serie "Weeds" (lief mal bei ProSieben), haben ein deutsches Pendant: die Reihenhaussiedlung. Wunderbar aus der Vogelperspektive gefilmt, wie sie zu Beginn des Films aus ihren Häuschen kriechen, die Angestellten und Bürotiger, mit ihren Aktentaschen in die Kombis steigen, und ihren Frauen noch ein Küsschen zum Abschied geben, es sind dieselben Hausfrauen, die gleich ihre Kinder zur Schule bringen ... Einer muss zu Hause bleiben: Fröhlich, seit 14 Monaten schon ohne Job, schmeißt daheim den Laden, während seine Frau Petra (Simone Thomalla) sich als Kosmetikerin verdingt und nebenbei heimlich ein florierendes Geschäft mit neckischen Dessous betreibt.

Die wenigen Vorstellungsgespräche, bei denen Fröhlich stets eine ziemlich traurige Figur abgibt, enden mit Sätzen wie diesen: "Wissen Sie, ich bin ja dafür, dass das Gewicht angegeben wird – in der Bewerbung!"

Nun ja, Chips, Bier und Currywürste haben diesen Körper geformt. Fröhlich ist ein Loser fraglos. Aber einer, dessen Stolz noch nicht gebrochen ist. Er ist deprimiert, aber noch nicht am Ende. Jürgen Tarrach ist in der Gestalt des Gescheiterten mit Rest-Hoffnung eine Offenbarung. Er überzieht, aber nur ein bisschen – in jedem Augenblick des witzigen Filmes ist auch die harte Wirklichkeit dabei, und das Lachen bleibt einem oft genug im Halse stecken.

Fröhlich rast, manchmal mit gesenktem Blick, aber immer erhobenen Hauptes zwischen Familien-Tohuwabohu, Hausarbeit und Ein-Euro-Unverschämtheit im Stadtpark hin und her, eilt von entwürdigenden Gesprächen in der Arbeitsagentur zu ebenso entwürdigenden Motivationsseminaren und weiter zu noch viel entwürdigenderen Vorstellungsgesprächen. Bei jedem Versuch, wieder aufzustehen, wird er noch ein bisschen tiefer niedergedrückt. Guter Kerl. Arme Sau. Man fragt sich unweigerlich: Wie vielen Menschen in "Hartz IV" mag es genau so ergangen sein und noch immer so ergehen?

Viele pfiffige Einfälle

Zum Glück hatte Autorin Anne Müller viele pfiffige Einfälle, einer allzu trüben Stimmung vorzubeugen. Fröhlich ist durchaus ein Kämpfer, aber irgendwann will auch der eifrigste Kämpfer nicht mehr – doch immer dann, wenn ihn Kraft und Motivation zu verlassen drohen, kommt ausgerechnet einer daher, dem es noch schlechter geht. Bernds Kumpel Harry (Martin Brambach, schon immer eine Wucht im Verlieren) ist noch ärmer dran: Auch arbeitslos, und dann läuft ihm noch die Frau weg.

Zumindest davor scheint Fröhlich gefeit. Petra hält zu ihm – auch wenn es manchmal schwer fällt. Sie weiß schon, was sie an ihm hat. Bernd ist immerhin in der Küche und im Haushalt ein Held. Wichtig gerade jetzt, da die große Tochter Mia (Henriette Confurius) so eben mit 19 schwanger wurde und die Kleinste (Luisa Spaniel) frech wie Oskar ist. Der Gipfel der tragikomischen Zuspitzung ist allerdings, dass ausgerechnet der Fallmanager von der Arbeitsagentur, Wolf Lämmle (Rudolf Kowalski), der Papa von Mias Freund Jakob (Jörn Schlönvoigt, bekannt aus "GZSZ") ist ... Lämmles letzter Satz zum Happy End spricht dann auch Bände: "Also, das ist ja ein Wunder! Das ist ja noch nie vorgekommen, dass ein Ein-Euro-Jobber übernommen wurde. Dass ich das noch erleben darf!" Auch das eine Seite des neuen Jobwunders. Auf dass wir uns nur nicht zu sehr von den Jubelmeldungen der Regierung blenden lassen und nicht vergessen, wie fragil das ist, was uns zur Wahl allenthalben als Stabilität verkauft wurde.


Quelle: teleschau – der Mediendienst

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