BR-Serie "Servus Baby"

"Sex and the City" in München

von Wilfried Geldner

    Vier Single-Frauen aus München suchen den Mann fürs Leben – und die biologische Uhr tickt. Die neue BR-Serie "Servus Baby" erinnert mit ihren witzigen und frechen Dialogen an "Sex and the City", ohne ein billiger Abklatsch zu sein. Bei der Austrahlung geht der Bayerische Rundfunk neue Wege.

    Die sexistisch durchsetzten Frech-Dialoge von "Sex and the City" haben die Macher der neuen BR-Miniserie "Servus Baby", Natalie Spinell und Felix Hellmann (als Co-Autor), ohne Frage drauf. Diesmal ist der Schauplatz aber nicht New York, sondern München. Wenn sich vier Münchner Singles, allesamt um die 30, auf der Suche nach dem Traummann austauschen über die tickende Eieruhr, über schlechten oder guten Sex und über Fortpflanzungspflichten im Großen und Ganzen, bleibt kein Auge trocken. Frisch und flott gespielt, sieht man über die wenigen Muskelprotzereien, etwa über fehlgeleitete Spermaladungen oder männliche Genitalien, gern hinweg. Kurios an dem erfrischenden Programm ist auch das Ausstrahlungskonzept: In der BR-Mediathek gibt's die serielle Dramedy bereits ab 27. August zu sehen, im linearen BR-Programm wird "Servus Baby" am Mittwoch, 11. September, um 20.15 Uhr, dann an einem Stück ausgestrahlt.

    Im Spiel mit den Klischees der Thirtysomethings segeln die vier Protagonistinnen – wunderbar gespielt von Josephine Ehlert, Genija Rykova, Teresa Rizos und Xenia Tiling – hart an allerlei Seifenopernthemen entlang. Kein Mangel an Eifersucht, fiesem Verlassen werden und der daraus resultierenden erneuten Männer- und Wohnungssuche. Wutanfälle, Tröstereien durch beste Freundinnen. Bloß kein falsches Wort! Das führt zu schnellen Abschieden auf Lebenszeit – und gleich drauf wiederum zu wärmster Umarmung und Verzeihung. Es menschelt allenthalben.

    Manchmal schwingen sich die kurz geschnittenen Szenen (nebst heutzutage völlig unvermeidlichen Rückblenden) zu Münchner Filmvorbildern wie "Shopping" oder gar "Monaco Franze" auf. Das sind dann nicht die verbalen Kraftmeiereien um Sperma, One-Night-Stands oder welkende Eierstöcke, sondern Szenen der durchaus feineren Art. Wenn Domi (Frederic Linkemann), der Kerl, der eben seine Lou (Josephine Ehlert) verlassen und ein Kind mit einer anderen hat, den Taxifahrer bei laufendem Motor um Startbereitschaft bittet, damit er nach seinem Untreue-Geständnis unbehelligt von einer Tracht Prügel flüchten kann, ist bei aller Hilflosigkeit auch Humor im Spiel. Schöne Pointe, dass die verlassene Lou in ihrer Firma den Platz der nunmehr im Schwangerschaftsurlaub befindlichen Kontrahentin einnehmen darf. Mit Festanstellung. Aber "am Gehalt ändert sich erst mal nix", sagt der Chef.

    Jede der vier weiblichen Singles rückt in den Mittelpunkt einer 30-Minuten-Folge, die Verwirrung der Gefühle wird jeweils aus immer neuer Sicht erzählt. Dass die Typen überzogen und dennoch nah am Leben sind, macht aus den Gefühlsopern flotte, gut getimte Dramen. Distanz und Identifikation mit den am Fruchtbarkeits-Komplex Leidenden und ihrem männlichen Gefolge – beides ist möglich.

    "Mich hat fasziniert, dass die tickende biologische Uhr ein Problem ist, über das viele hinter vorgehaltener Hand sprechen", sagte die Regisseurin Natalie Spinell anlässlich der Serienpremiere in diesem Sommer auf dem Filmfest München. Man müsse über das Problem durchaus reden und lachen dürfen. Aus der delikaten Geheimniskrämerei hat sie jedenfalls eine explosive Serienkomödie gemacht, ganz ohne Amazon und Sky.


    Quelle: teleschau – der Mediendienst

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