Karen Black war eine dieser Darstellerinnen, die sich in das Gedächtnis einbrennen und trotzdem - für viele Zuschauer - eher die großen Unbekannten sind. Dabei war die US-Amerikanerin ein wahres Multitalent und in all den Jahren ihrer aktiven Laufbahn sehr präsent. Sie hinterließ nicht nur mit ihrem faszinierenden (Silber-)Blick einen bleibenden Eindruck. Fast 200 Film- und Fernsehrollen übernahm sie im Laufe der Jahre und kann damit zu den vielbeschäftigsten Schauspielerinnen Hollywoods gezählt werden.
Erste Aufmerksamkeit erregte sie mit ihrem Auftritt als Prostituierte auf LSD an der Seite von Dennis Hopper und Peter Fonda in dem weltweit als Kultfilm deklarierten Roadmovie "Easy Rider" (1969). Mit ihrer Darstellung als Kellnerin mit Herz in Bob Rafelsons Drama "Five Easy Pieces - Ein Mann sucht sich selbst" (1969) schaffte sie es sogar auf die Nominierungslisten für den Golden Globe Award und den Oscar. Den Golden Globe durfte sie mit nach Hause nehmen, bei der Oscarverleihung 1971 ging sie leer aus. Doch auch wenn sie den Goldjungen nicht verliehen bekam, ihrer Karriere tat das keinen Abbruch. Nur vier Jahre später erhielt sie erneut einen Golden Globe als beste Nebendarstellerin, diesmal für ihren Auftritt in Jack Claytons Version von "Der große Gatsby" (1974) an der Seite von Robert Redford, Mia Farrow und Bruce Dern. Und auch 1976 konnte sie sich - für ihre Rolle in "Der Tag der Heuschrecke" (1974) - über eine Nominierung für die begehrte Auszeichnung freuen.
Karen Black kam in Park Ridge, Illinois, zur Welt. Der Schauspielerei widmete sie sich bereits zu Beginn der sechziger Jahre. Sie war nach New York gezogen, jobbte als Kellnerin und besuchte die Lee Strasberg Schauspielschule. Es folgten einige Auftritte in Off-Broadway-Stücken und mit "The Prime Time" (1960) ein erster Ausflug vor die Kamera. 1966 wurde sie von Francis Ford Coppola entdeckt und für seine romantische Komödie "Big Boy - Jetzt wirst Du ein Mann" besetzt. Zeitgleich stand sie auch für eine Vielzahl an Fernsehserien vor der Kamera, war unter anderem in "FBI", "Wettlauf mit dem Tod", "Der Mann von gestern", "Big Valley", "Iron Horse", "Judd for the Defense" und "Mannix" zu sehen.
Die späten Sechziger- und frühen Siebzigerjahre gelten als Umbruchphase des großen amerikanischen Kinos. Hollywood erfand sich neu und widmete sich zeitkritischen Themen. Karen Black war ein Bestandteil dieses Wandels. Sie war dabei, wenn die Unterhaltungsindustrie einen kritischen Blick auf sich selbst warf und übernahm in diesem Zusammenhang jeweils in Bill Nortons Showbiz-Drama "Cisco Pike" (1972) mit Kris Kristofferson und in Robert Altmans gnadenlosem Gesellschaftsporträt "Nashville" (1975) Rollen. Zu letzterem steuerte Karen Black zudem einige Songs bei, was ihren Ruf als "Singer-Songwriter" festigte.
1976 stand Karen Black darüber hinaus für Alfred Hitchcocks 54. und letzten Film "Familiengrab" vor der Kamera und bewies einmal mehr ihre darstellerische Vielseitigkeit. Ob Thriller, Western, Komödie, Romanze oder Literaturverfilmung, Black überzeugte genreübergreifend und brachte mehr als nur ihren beeindruckenden, coolen Blick auf die Leinwand, sondern ein ganzes Repertoire an Gestik und Mimik, und vor allem schauspielerisches Talent. Und selbst in "Landhaus der toten Seelen" (ebenfalls 1976) im direkten Duell mit Bette Davis, der anderen Hollywood-Größe, die für ihren Blick legendär ist, konnte Black punkten.
Die Erfolgswelle, auf der Karen Black in den Siebzigerjahren surfte, ebbte auch in den folgenden Jahrzehnten kaum ab. So übernahm sie Hauptrollen in "Afrikanische Tragödie" (1981) und "Invasion vom Mars" (1986), war darüber hinaus aber auch in Episodenrollen von "Mord ist ihr Hobby" oder "Miami Vice" zu sehen. Zudem reihten sich diverse B-Movies in ihre Filmographie ein. "Eternal Evil - Das ewige Böse" und "Inferno in diretta" (beide 1985) sind nur zwei von recht vielen Beispielen.
Doch blieb sie bei der Auswahl ihrer Engagements meistens recht vielseitig. Nach einem B-Movie folgte in der Regel ein Film, der Kritikerherzen höherschlagen ließ - wie Tony Palmers britisch-deutsches Melodram "Meine liebe Rose" (1989). Dass sie trotz gleichbleibend hoher Zahl an Film- und Fernsehrollen in den letzten Jahren beim deutschen Publikum eher weniger auffiel, lag eindeutig daran, dass die großen Blockbuster so gut wie gar nicht zu ihrem Repertoire gehörten und viele ihrer Filme den Weg auf den deutschen Markt nicht schafften. Es lag aber auch daran, dass große Frauenrollen für Darstellerinnen jenseits der Fünfzig quantitativ abnehmen und nur selten einen Headliner-Charakter haben. Außerdem erhielt sie zuletzt auch vermehrt Angebote aus dem Horror-Genre und dürfte hier nur Liebhabern dieser Filmkategorie aufgefallen sein.
Allein zwischen 2000 und 2010 stand sie für mehr als 40 Produktionen vor der Kamera, was zeigt, dass von einem Rückzug aus dem Geschäft bei Karen Black niemals die Rede war. Karen Black, trat viermal vor den Traualter und wurde Mutter eines leiblichen und eines adoptierten Kindes. Wie ihr dritter Ehemann, der Schauspieler und Drehbuchautor L. M. Kit Carson, war sie aktives Mitglied bei Scientology. Karen Black, deren cooler Blick noch lange in Erinnerung bleiben wird, starb am 8. August 2013 an periampullärem Krebs. Bis zuletzt war sie als Darstellerin aktiv. Jennifer Elsters Mysterystreifen "In the Woods" befand sich zum Zeitpunkt von Karen Blacks Tod in der Postproduktion. Die Schauspielerin übernahm hier einen Part unter anderem neben Terrence Howard und Famke Janssen.
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