Sebastian-Fitzek-Verfilmungen genießen bei Kritikern keinen guten Ruf. Leider fußt auch die SAT.1-Adaption von "Amokspiel", die Geschichte einer Geiselnahme während einer Live-Radioshow, auf vielen allzu bekannten Versatzstücken des Thriller-Genres.
Polizeipsychologin Ira Samin (Franziska Weisz) leidet schwer unter dem Selbstmord ihrer Teenagertochter, als der Dienst in Form einer Geiselnahme ruft. Ein Unbekannter (Kai Schumann) hat die Besuchergruppe eines Berliner Radiosenders in seiner Gewalt und droht damit, diese nach und nach zu erschießen. Einziger Ausweg: Hörer, die der Täter aus dem Studio heraus anruft, melden sich mit der Parole des Senders. Dann kommt die Geisel frei. Eine maximal große Bühne also für den perfiden Aushilfsmoderator – denn eine ganze Großstadt hängt in der Verfilmung von Sebastian Fitzeks Thriller "Amokspiel" am telefonischen Dialog zwischen Geiselgangster und Psychologin. Der schnörkellos erzählte SAT.1-Thriller ist ein typischer Fitzek: Spannend, geradeaus, aber auch etwas abgegriffen.
Psychologin Samin hat noch eine zweite Tochter (Emilie Neumeister). Dass sie – ohne Wissen der Mutter – ausgerechnet ein Praktikum bei jenem Radiosender macht, der vom Gangster gekidnappt wurde, ist ebenfalls ein Plot-Element, das man mögen muss. Verängstigt sitzt jene Kitty im Hinterzimmer-Schrank des Senderaums, in der Hoffnung, nicht entdeckt zu werden. Derweil outet sich der neue Mann am Radiomikrofon – der von Rapper Eko Fresh dargestellte Stammmoderator wird zur Geisel – als Fachkraft in Sachen Psychologie.
Alle Tricks der Verhandlerin scheint er bereits zu kennen. Doch seine Forderung erscheint wirr: Er möchte eine Frau treffen, die längst bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommen ist. Ist es ein Wahnsinniger, der die Stadt im Atem hält? Innenminister Herzer (Christian Tramitz) weist die Behörden an, den Fall schnell zu lösen. Derweil säht das seltsame Verhalten von Oberstaatsanwalt Faust (Johann von Bülow) eine Ahnung in Ira Samin, am Fall könnte noch mehr dran sein, als nur die Geiselnahme eines Geistesgestörten.
Sebastian Fitzeks Thriller sind nicht dafür bekannt, ambitionierte Literatur zu sein. Der 1971 geborene Berliner ist vor allem ein "funktionaler" Autor: kurze Sätze, kaum atmosphärisches Füllwerk, jede Aussage treibt die Handlung voran. Vor seiner Schriftstellerkarriere war Fitzek übrigens tatsächlich fürs Radio tätig – bis hin zum Chefredakteur und Programmdirektor diverser Sender. Drehbuchautor Christoph Busche ("NSU – Die Ermittler: Nur für den Dienstgebrauch") und Regisseur Oliver Schmitz ("Türkisch für Anfänger") versuchen erst gar nicht, in diesem Thriller mehr hineinzuinterpretieren, als der Stoff hergibt. Die Figuren bleiben entsprechend blass. Selbst die famose Franziska Weisz ("Tatort"-Partnerin von Wotan Wilke Möhring) agiert als traumatisierte Polizeipsychologin und gestresste Mutter wie eine TV-Blaupause von der Stange. Und die Hintergrundgeschichte? Ein bisschen Verschwörung geht immer, doch mehr soll nicht verraten werden.
Sebastian Fitzek kann sich derzeit nicht über mangelndes TV-Interesse an seinen Stoffen beschweren. Der Bestsellerautor, einer der wenigen deutschen Thriller-Autoren, die auch im Ausland verlegt werden, wartet auf die Ausstrahlung der RTL-Adaption seines Kreuzfahrt-Plots "Passagier 23" (2019). Das mit Michael Tsokos geschriebene "Abgeschnitten" (mit Moritz Bleibtreu) lief im Oktober 2018 im Kino, während bewegte (Schock)bilder zu älteren Werken wie "Das Kind" (2012, Kino) oder "Das Joshua-Profil" (RTL, Frühjahr 2018) bereits im Kino projiziert oder via TV versendet wurden.
Quelle: teleschau – der Mediendienst