"Das Traumschiff" im ZDF

Barbara Wussow: "Ich bin ein anderer Typ als Heide Keller"

von Frank Rauscher

Barbara Wussow kannte das "Traumschiff" schon von früheren Episoden, nun hat sie eine tragende Rolle an Bord des ZDF-Quotendampfers übernommen.

Selbst im noch recht traditionsbehafteten Unterhaltungsfernsehen öffentlich-rechtlicher Prägung ist die Bilanz einmalig: Stolze 36 Jahre lang, seit der allerersten Folge 1981, war Heide Keller als Chefhostess Beatrice auf dem "Traumschiff" tätig. Am 1. Januar 2018 verabschiedete sie sich nun mit angemessenem Mediengeleit vom ZDF-Traditionsformat. Da will Barbara Wussow, die Neue an Bord des Quotenflaggschiffs, lieber gar nicht erst von einem Erbe, geschweige denn einer Bürde reden: "Ich ersetze die absolut unersetzbare Heide Keller nicht – ich folge ihr nach", betont die 56-Jährige im Interview.

Am Sonntag, 1. April, ist die Tochter des berühmten Schauspielerehepaares Klausjürgen Wussow und Ida Krottendorf in der Episode "Traumschiff: Malediven" erstmals in ihrer neuen Rolle als Hoteldirektorin Hanna Liebhold zu sehen. Im Gespräch verrät Barbara Wussow, warum sie beim "Malediven"-Dreh in das Abenteuer ihres Lebens geriet, was sie von einem "Schwarzwaldklinik"-Revival hält und wie ihr Mann, der Schauspieler Albert Fortell, die langen Drehs seiner Frau auf den Weltmeeren findet.

prisma: Sie sind seit Januar noch bis Mai mit dem "Traumschiff" unterwegs – das klingt rekordverdächtig!

Barbara Wussow: Ja, vier Monate am Stück: So lange war ich noch nie beim Drehen, so lange Zeit war ich überhaupt noch nie von zu Hause weg – obwohl ich in den vergangenen Jahren exzessiv Theater gespielt habe. Die Tournee mit meinem Kollegen Peter Bongartz hatte 300 Termine, nur war ich zwischendurch immer mal daheim. Ich gebe zu, ich ging jetzt mit gemischten Gefühlen auf die Reise.

prisma: Hatten Sie Bammel vor dem Drehmarathon?

Wussow: Es schlugen zwei Seelen in meiner Brust: Ich freute mich zum einen ungemein aufs Reisen und die tolle Aufgabe an Bord des "Traumschiffs", zum anderen war mir sehr bewusst, dass ich auch Heimweh und Sehnsucht nach meiner Familie, nach meinem Mann und meinen Kindern, haben werde.

prisma: Was sagte Ihr Mann?

Wussow: Der sah das ähnlich: So eine Chance gibt es nur einmal – wir haben das eingehend besprochen und dann in der Familie sozusagen demokratisch entschieden. Abgesehen davon, dass mit dem Engagement auch Geld in die Kassen von uns freischaffenden Künstlern gespült wird, passt es halt gut: Ich reise gerne und liebe alles auf der Welt, wo es über 30 Grad warm ist, mein Mann ist als leidenschaftlicher Skifahrer Winterfan. Ansonsten schmerzt die Trennung natürlich, aber da kann man nichts machen – außer zu skypen, zu mailen, zu chatten, zu facebooken, zu telefonieren. Sagt der größte Technikmuffel, den Sie sich vorstellen können (lacht). Ich schreibe lieber Ansichtskarten und Tagebuch.

prisma: Sind Sie denn skeptisch, was die digitalen Medien angeht?

Wussow: Nein, nein. Nur sehr ungeschickt! Anders als mein Mann, der schon ziemlich addicted ist, könnte ich wunderbar ohne diese Technik auskommen. Aber damit ich meine Lieben erreichen kann, habe auch ich immer das Handy dabei.

prisma: Sie und Albert Fortell sind seit 1983 ein Paar. Kann so eine Trennung auf Zeit einer langjährigen Beziehung auch gut tun?

Wussow: Das ist ganz sicher so. Wir beide sind als Schauspieler öfter mal getrennt – ich bin überzeugt, dass das ein Geheimnis dafür ist, dass es nach so vielen Jahren immer noch funktioniert. Das Schöne ist ja nicht die Trennung, sondern die Vorfreude aufeinander. Ich habe schon feuchte Augen, wenn ich nur daran denke (lacht).

prisma: So schlimm wird's an Bord schon nicht sein. Immerhin schwärmte der "Traumschiff"-Vater Wolfgang Rademann doch stets in höchsten Tönen von seiner Familie ...

Wussow: Und er tat das mit vollem Recht. Die Atmosphäre ist wirklich sehr familiär. Ich war ja schon mehrmals an Bord – zweimal in den 90er-Jahren und 2017 für die erste Episode in meiner neuen Rolle der Hoteldirektorin Hanna Liebhold.

prisma: "Das Traumschiff: Malediven" wurde Ende 2017 gedreht.

Wussow: Ja, und seitdem kann mich sowieso nichts mehr schrecken, denn bei diesem Dreh erlebte ich das größte Abenteuer meines Lebens (lacht).

prisma: Es stimmt also, dass es Sie versehentlich auf eine falschen Insel verschlug?

Wussow: Richtig. Am Set auf den Malediven lief noch alles glatt. Doch danach, als ich zum Dreh der Schiffsszenen auf die Kapverdischen Inseln geflogen wurde, ging alles schief: Ich landete mit meiner Kostümbildnerin zwar auf einer Insel, aber es war die falsche. Kein Traumschiff weit und breit – auch kein Mensch, mit dem wir uns verständigen konnten. Da standen wir also an einem Sonntag, auf einem afrikanischen Kleinstflughafen und wussten nicht, was tun.

prisma: Wie ging es weiter?

Wussow: Nach einigem Hin und Her wurden wir an den Strand gebracht, wo es was zu essen und zu trinken gab und man sich mit Händen und Füßen verständigen konnte. Stunden später, es war schon spät am Abend, kam tatsächlich ein klappriges Fischerbötchen und holte uns ab. Ich gebe zu, dass ich da auch eine Entführung für nicht ausgeschlossen hielt ... Aber Gott sei Dank: Irgendwann tauchte am Horizont ein leuchtender Punkt auf – unser Traumschiff, die "MS Amadea". Damit war es nur noch nicht ausgestanden. Stellen Sie sich eine kleine Nussschale in der Nacht auf offener See vor, daneben einen 200 Meter langen und 40 Meter hohen Luxusdampfer. – Und mich an einer Strickleiter (lacht)!

prisma: Hatten Sie Angst um Ihr Leben?

Wussow: Komischerweise nicht, vermutlich weil ich voller Adrenalin war. Alles ging gut. Die Produktion fand das Ganze allerdings so spektakulär, dass sie die Actionszene unbedingt in den Film einbauen wollten. Also hing ich zwei Tage später wieder an der Strickleiter. Wer unbedingt wissen will, wie das ausschaut, sollte die "Traumschiff"-Folge am 1. April nicht verpassen (lacht)!

prisma: Was hat sich in den vergangenen 20 Jahren beim "Traumschiff" am meisten verändert?

Wussow: Abgesehen davon, dass das Schiff moderner und weniger verschnörkelt ist als früher die "MS Berlin" und die "MS Deutschland", gibt es nur eine Sache, die mir spontan einfällt: das Fehlen von Wolfgang Rademann, das sich an allen Ecken und Enden bemerkbar macht. Als ich nach seinem Tod zum ersten Mal die "Traumschiff"-Melodie hörte, kamen mir die Tränen. Man spürt es noch täglich, dass er uns fehlt – als Produzent, als Regisseur, aber vor allem als Seele der Produktion. Aber seine Nachfolger machen sehr gute Arbeit, wir sind gerade dabei, uns ein bisschen neu zu erfinden, dem "Traumschiff" eine neue Seele zu geben. Nicht zuletzt dafür hat das ZDF ja mich angeheuert, oder? (lacht)

prisma: Können Sie als neue gute Seele an Bord schon sagen, was genau den Erfolg des Dauerbrenners ausmacht? "Das Traumschiff" ist ja nicht umsonst seit 1981 unterwegs ...

Wussow: Das Erfolgsrezept hat sicherlich mit Rademanns altbekanntem Credo zu tun: keine Experimente! Natürlich gab und gibt es kleine Veränderungen, gerade werden wir etwas moderner, spannender, lockerer, auch in der Bildsprache. Aber man sollte immer den bewährten Rahmen einhalten. Was leicht klingt, ist eine Riesenherausforderung: Es geht darum, die älteren Fans nicht zu vergrämen und gleichzeitig jüngere Zuschauer zu gewinnen.

prisma: Was ist eigentlich die besondere Herausforderung für Sie als Schauspielerin beim Drehen auf einem Schiff?

Wussow: Dass man sich nicht auskommt. Man muss es mögen, dass man auf relativ beengtem Raum immer wieder den gleichen Menschen begegnet – man trifft nicht nur Schauspieler, sondern auch die ganz normalen Passagiere, die ja mit an Bord sind und sich gerne zu uns gesellen. Ich bin ein echter Crew-Typ und gerne unter Menschen, ich liebe es, über dies und das zu plaudern – also kommt mir das Ganze entgegen. Wenn's mir doch mal zu viel ist, habe ich immer noch meine Kabine zum Rückzug. Der O-Ton hätte übrigens auch von Harald Schmidt kommen können (lacht), der hält das nämlich genauso wie ich. Viele würden staunen, wie leutselig er an Bord ist.

prisma: Sie haben schon mehrfach unterstrichen, dass Sie Heide Keller nicht ersetzen wollen ...

Wussow: Ja, weil es mir sehr wichtig ist, das zu erklären: Ich ersetze die absolut unersetzbare Heide Keller nicht – ich folge ihr nach. Meine Rolle ist auch anders als die einer Chefstewardess. Sie lebt zwar auch von ihrem Charme, aber eben nicht nur. Die Hoteldirektorin ist spontan, sehr kompetent und deutlich mehr in Aktion, folglich lassen sich über sie auch mehr Geschichten erzählen. Außerdem bin ich ein anderer Typ als Heide Keller. Der Reihe wird die Veränderung gut tun, denke ich, und ich fühle mich sowieso absolut wohl als Henne im Korb mit meinen Männern, Harald Schmidt, Nick Wilder und Sascha Hehn (lacht).

prisma: Mit Letzterem ratschen Sie an der Bordbar schon auch mal über die alten "Schwarzwaldklinik"-Zeiten, oder?

Wussow: Ja, klar, wir schwelgen gerne in Erinnerungen. Wir hatten damals ja eine sehr schöne Zeit. Tolle Kollegen, eine tolle Produktion an einem schönen Ort, tolle Geschichten – da passte alles.

prisma: Es gab zwar schon mal ein misslungenes Revival, aber denken Sie, eine Serie wie die "Schwarzwaldklinik" hätte heute noch eine Chance?

Wussow: Absolut. Wenn die Bücher gut sind und man es gut macht, also nicht so verkrampft auf modern getrimmt, dann sprächen die Geschichten noch heute ein breites Publikum an. Formate wie die "Schwarzwaldklinik", oder nehmen wir so etwas wie die Serie "Liebe, Lügen, Leidenschaften", die ich vor 15 Jahren drehen durfte, sind weitaus weniger seicht als ihr Ruf, und immer ganz nah am Leben. Solche Alltagsdramen sind zeitlos, und wir haben so viele großartige Schauspieler, die für solche Rollen gemacht sind. Wirklich schade, dass sich keiner mehr an eine richtige Familienserie wagt.

prisma: Die Frage ist nur, warum das so ist.

Wussow: Weil wir – wie in allen Bereichen – eben auch im Fernsehen eine Wegwerfgesellschaft geworden sind. Ganz schnell wird heute etwas hingestellt, aber wenn die Quote nicht passt, wird es eben genauso schnell wieder entsorgt. So bekommt man kein gutes Fernsehen. Gutes Fernsehen muss sich bewähren können. Man müsste den Formaten viel mehr Zeit geben. Würde heute jemand "Das Traumschiff" erfinden, er hätte keine Chance mehr. Leider. Aber das "Traumschiff" hat sich zum Glück schon ein bisschen länger etabliert.

prisma: Wird es "Das Traumschiff" in 20 Jahren noch geben?

Wussow: Auf jeden Fall! Ich gehe fest davon aus, dass die Sendung auch in zwei Jahrzehnten noch ein großes Publikum haben wird. Und warum sollte ich dann eigentlich nicht mehr dabei sein? (lacht) Heide Keller hat es mir doch vorgemacht. Ich liebe meinen Beruf ohne Wenn und Aber so sehr, dass ich ihn auch in 20 Jahren gerne noch ausüben würde.

prisma: Sagt die Tochter eines Burgschauspielerehepaares ... Es ist allerdings überliefert, dass Ihre Eltern gar nicht wollten, dass Sie den Beruf ergreifen.

Wussow: Sie wussten eben genau, wie schwierig und unsicher dieser Beruf ist, dass er wohl der einzige Beruf ist, in dem man selbst mit viel Talent auf die Nase fallen kann. Sie hatten damals, wie ich heute weiß, ziemlich nachvollziehbare elterliche Sorgen. Sie wollten mich beschützen. Und ich selbst war mir meiner Sache auch überhaupt nicht sicher. Deshalb studierte ich an der Akademie der bildenden Künste in Wien erst mal Bühnenbild und Kostümbild.

prisma: Worauf bezogen sich Ihre Selbstzweifel?

Wussow: Auf meine extreme Schüchternheit. Ich hätte in meiner Jugend keine drei Sätze rausgebracht – schon gar nicht hätte ich gewollt, das andere Menschen mich anschauen. Ich konnte ja niemandem in die Augen sehen. Ja, ich träumte früh von der Schauspielerei, aber ich war total introvertiert. Ich malte gerne, interessierte mich früh für Kunst und Geschichte – ich wollte zuerst Restauratorin werden.

prisma: Erstaunlich, dass Sie dann doch auf der Bühne landeten ...

Wussow: Ja, das kam ganz plötzlich. Als Bühnenbildnerin hatte ich am Max Reinhardt Seminar zu tun – und da war es sofort um mich geschehen. Ich bat eine Lehrerin, nach Feierabend heimlich vorsprechen zu dürfen. Weil ich mich nicht traute, musste sie anschließend meinen Eltern daheim erklären, warum ich Schauspielerin werden sollte.

prisma: Und?

Wussow: Mein Vater war entsetzt, die Mutter hat geweint. Also tat ich etwas, was für mich damals noch extrem schwierig war: Im Wohnzimmer sprach ich meinen Eltern vor. Schließlich gaben sie ihren Segen – mit einem großen Aber: Sie wollten, dass ich eine ordentliche Ausbildung mache. "Denn nur den Namen Wussow zu tragen, ist zu wenig", sagte mein Vater. Er hatte ja Recht – und ich hatte Glück. Damals war es eben noch eine andere Zeit. Als Anfänger hatte man die Chance, in diesem wunderbaren Beruf zu wachsen.

prisma: Was genau ist eigentlich so wunderbar an der Schauspielerei?

Wussow: Da gibt es ein berühmtes Max-Reinhardt-Zitat: "Ein Schauspieler ist ein Mensch, dem es gelungen ist, die Kindheit in die Tasche zu stecken und sie bis an sein Lebensende darin aufzubewahren." Stimmt schon: Ich habe meine Kinderseele immer mit dabei und kann sie jederzeit hervorholen, wenn ich spiele – auch auf dem "Traumschiff". Man kann in dem Beruf alle möglichen Emotionen ausleben, erlebt viel Aufregendes, trifft spannende Menschen, und man darf die Leute mit seiner Arbeit berühren und unterhalten – unsere vornehmste Aufgabe. Die Schauspielerei ist eine lebenslange Therapie, ein Traum.


Quelle: teleschau – der Mediendienst

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