"Rosenheim-Cop" Joseph Hannesschläger

"Meine Frau dachte, mein Profil wäre ein Fake-Profil"

von Frank Rauscher

Seit fast zwei Jahrzehnten steht Joseph Hannesschläger als TV-Kommissar Korbinian Hofer in Deutschlands beliebtester Wohlfühlkrimiserie vor der Kamera. An einen Ausstieg hat der Ur-"Rosenheim-Cop" in all den Jahren nie gedacht, wie er im Interview verrät: "Ich sage mir, einmal 'Rosenheim-Cop', immer 'Rosenheim-Cop", und fahre, denke ich, gut damit."

Dass sich der 56-Jährige heute "angekommen" fühlt, hat aber auch mit einem noch viel romantischeren Grund zu tun: Im Sommer hat Hannesschläger seine noch recht neue Liebe Bettina Geyer geheiratet. "Es fühlt sich gut an, wenn man sagen kann: 'Meine Frau.' Es bedeutet wirklich etwas. Weil es passt", schwärmt der Schauspieler. Kein Wunder, dass er nun entspannter denn je der Ausstrahlung der neuen Folgen entgegenblickt. Die 18. Staffel startet am Dienstag, 2. Oktober, wie immer um 19.25 Uhr, im ZDF.

prisma: Herr Hannesschläger, ein kleiner Test zum Warmwerden: Können Sie sich noch an die erste Folge vom 9. Januar 2002 erinnern?

Joseph Hannesschläger: Klar, bis ins Detail. Gut im Gedächtnis blieb mir zum Beispiel die allererste Szene. Ich fuhr in meiner Rolle als Korbinian Hofer auf einem alten Traktor und telefonierte mit Frau Stockl, als kurz darauf von hinten niemand anderes als der neue, zugereiste Kommissar Satori (gespielt von Markus Böker, d. Red.) wild hupend mit seinem blauen Z3 angesaust kam und überholen wollte ... Dem hat der Korbinian natürlich eine Ansage gemacht!

prisma: Irgendwas Japanisches, oder?

Hannesschläger: Genau: "Der Japaner sagt: Hast du's eilig, gehe langsam. Hast du's sehr eilig, mache einen Umweg." Als der Schnösel weitergefahren war, raunte ich ihm allerdings noch ein "Zipfelklatscher, aufgebretzelter" hinterher. Das war mir, also dem Hofer, ein Bedürfnis, meine ich mich zu erinnern (lacht). Mit dieser kleinen Szene war im Grunde die Konstellation manifestiert: Ein alteingesessener oberbayerischer Ermittler hat es mit einem Hochdeutsch sprechenden Kollegen aus der Großstadt zu tun.

prisma: Das verfängt heute noch.

Hannesschläger: Stimmt – auch wenn wir 2018 natürlich viel mehr relevante Figuren haben und die Geschichten nicht mehr nur auf die beiden Kommissare konzentriert sind. Da hat sich das Konzept durchaus geändert. Am Anfang haben wir noch mehr ausprobiert, hatten Filmzitate, Slapstick und einige schräge Szenen in den Folgen. Wir wollten kultig sein. Mittlerweile hat sich ein bewährtes Konzept entwickelt, das mehr dem klassischen Boulevard entspricht: spannende, aber unblutige Kriminalfälle, die nicht im absoluten Mittelpunkt stehen. Die Rahmenhandlung ist genauso wichtig, mit einem Humor, der sich aus dem Miteinander der Figuren ergibt.

prisma: Dass Sie sich derart gut an die Anfänge erinnern, spricht für ein hohes Maß an Identifikation.

Hannesschläger: Das kann man wohl sagen. Ich schau' aus Nostalgiegründen gerne in die alten Folgen rein. Außerdem hat meine präsente Erinnerung damit zu tun, dass wir in den ersten Jahren viel stärker eingebunden waren. Solche kleinen Gags und Zitate kamen oft von uns Hauptdarstellern. Am Anfang haben wir die Rollencharaktere mitentwickelt und geprägt. Auch in die Bücher haben wir unsere Ideen eingebracht, und das war ganz gerne gesehen. Entsprechend fieberten wir bei den Ausstrahlungen mit.

prisma: Sie waren der erste "Rosenheim-Cop".

Hannesschläger: Ja, ich wurde damals, vor 18 Jahren, als erster gecastet und besetzt. Es waren aufregende und schöne Zeiten, aber ich bin auch froh um die Entwicklungen, die wir genommen haben. Auch über den ungebrochenen Erfolg – und sogar darüber, dass ich nicht mehr das Pensum von früher habe. Zum Teil drehte ich im Jahr 27 Folgen, das war extrem. Nach der Zwangspause wegen meiner Beinverletzung 2011 habe ich reduziert.

prisma: Warum lieben Sie den Job immer noch?

Hannesschläger: Weil er einfach Spaß macht – und das liegt am Team. Alles ist sehr harmonisch und ungewöhnlich familiär, weil wir so viele Herzensmenschen dabei haben. Ich denke, etwas von dieser Atmosphäre kommt auch beim Zuschauer an – ein Geheimnis des Erfolgs, neben anderen.

prisma: Haben Sie jemals an einen Ausstieg gedacht?

Hannesschläger: Nie. Ich erlag auch nie der Verführung, die auf alle Serienstars wartet, wenn der Erfolg da ist: zu glauben, dass man sich dann in vermeintlich anspruchsvolleren Formaten beweisen muss. Eine Falle, in die ich manchen Kollegen habe laufen sehen. Meistens kommt nichts Besseres. Ich sage mir, einmal "Rosenheim-Cop", immer "Rosenheim-Cop", und fahre, denke ich, gut damit. Ansonsten habe ich noch meine Musik, stehe mit meiner Show-Band Discotrain auf der Bühne, spiele Theater, führe Regie und mache Lesungen.

prisma: Wären Sie zur Abwechslung auch gerne mal ein richtiger Bösewicht?

Hannesschläger: Unbedingt! Das wäre mal wieder mal eine schöne Aufgabe. Aber ich bin noch ganz zuversichtlich, was das angeht. Es gibt auch immer wieder ein paar schöne Sachen. Zurzeit stehe ich unter Regisseur Thomas Schwendemann für den Film "Schmucklos" als allerdings nicht unsympathischer Giesinger Mafiaboss vor der Kamera – wunderbar (lacht).

prisma: Also, wie ist es nun wirklich, das bekannteste Gesicht in einer solchen Dauerbrenner-Serie zu sein?

Hannesschläger: Im Prinzip wunderschön, aber es gibt auch Schattenseiten. Es ist toll, wenn man mit seiner Arbeit den Leuten so viel Freude bereitet, dass sie überall auf einen zukommen und das mitteilen wollen. Ich kann gut damit leben, ein kleiner Plausch oder ein Handyfoto – immer gerne. Doch es gibt Orte und Situationen, in denen man gerne seine Ruhe hätte. Aber man soll in jeder Situation für den Fan zur Verfügung stehen, sonst heißt es schnell: "Schau, da hockt der arrogante Schauspieler!" Und ich merke schon, dass bei mir ganz genau hingeschaut wird. Alles, was ich sage und tue, wird bewertet. Ich habe immer die volle Aufmerksamkeit, damit muss man umgehen lernen.

prisma: Sie haben im Sommer Ihre Lebensgefährtin Bettina geheiratet. War Ihre Prominenz ein Problem, als Sie sich vor eineinhalb Jahren kennenlernten?

Hannesschläger: Überhaupt nicht. Es war ein Thema durchaus, aber nie ein Problem. Wir fanden ja über eine Online-Plattform zusammen, da ist das Kennenlernen nun mal sehr transparent. Wobei sich Bettina erst sicher war, dass es sich angesichts meines Fotos um ein Fake-Profil handeln muss. Es hatte etwas gebraucht, um ihr glaubhaft zu machen, dass ich es wirklich bin: der echte "Rosenheim-Cop" (lacht) ...

prisma: Sie waren auf einem Datingportal?

Hannesschläger: Längere Geschichte. Die Kurzform: Ja, und Bettina war die einzige, die mir gefallen hat. Ich dachte mir, man könnte ja zumindest mal ein bisschen chatten und schrieb sie höflich an. Daraufhin blaffte sie frech zurück, dass man sich ja gleich mal treffen könnte, wenn ich der Joseph Hannesschläger bin. Sie dachte, das müsse ein Fake-Profil sein und ich würde kneifen. Was folgte, war ein Telefonat von vier Stunden – ein guter Anfang (lacht).

prisma: Was finden Sie an ihr faszinierend?

Hannesschläger: Ihren Humor. Ihr Lachen, ihre Augen. Wir können stundenlang über alles reden – sie ist empathisch und hat für meinen Beruf größtes Verständnis. Wir verstehen uns einfach prima, haben viel Spaß miteinander und unterstützen uns gegenseitig. Ich war auch sehr beglückt, dass sie wie ich in München lebt. Ich hatte zuvor lange Fernbeziehungen, pendelte die letzten zehn Jahre zum Teil nach Berlin oder London. Auf Dauer ist das nichts für mich. Bettina lebte hingegen 13 Jahre in Florida – was ich toll finde, denn ich habe eine große Affinität zum Englischen. Inzwischen haben wir uns auf London als unser Lieblingsziel für kleine Auszeiten geeinigt. Besser geht es nicht.

prisma: Wie stand Sie zu den "Rosenheim-Cops"?

Hannesschläger: Die Serie hatte sie schon in ihrer Zeit in Florida mit Begeisterung angeschaut. So ein Stück Heimat, das fand sie in den USA einfach wichtig – vielleicht kein Wunder, wenn man als Münchnerin nur Palmen vor der Tür hat. Sie sagt, dass ihr der Korbinian schon immer der sympathischste "Rosenheim-Cop" war, aber sie sich niemals erträumt hätte, dass wir uns mal kennenlernen würden.

prisma: Die Frau muss man einfach heiraten!

Hannesschläger: (lacht) So ist es. Auch wenn wir nicht mehr über Kinder nachdenken und die Hochzeit für uns eigentlich erst mal gar keine so große Sache war, sind wir froh, dass wir uns getraut haben. Es fühlt sich gut an, wenn man sagen kann: "Meine Frau." Es bedeutet wirklich etwas. Weil es passt. Wir beide haben ein gewisses Alter – da hat man ein sichereres Gespür für das, was richtig ist, als in jüngeren Jahren. Ich bin angekommen.

prisma: Haben Sie auch räumlich Ihre Heimat gefunden? Sie stammen aus München, leben immer noch hier ...

Hannesschläger: Ja, es schaut so aus. Ich liebe München sehr. Nach 30 Jahren in Schwabing sind wir nun an den Stadtrand gezogen, ins Grüne. Es ist ruhig, wir schauen auf alte Bäume, ich bin schnell in der City und am Bavaria-Gelände, wo wir unsere Studios haben. Andererseits brauche ich schon auch das Urbane, das Gewusel, die Menschen. Ich hatte in Berlin lange eine City-Wohnung. Wenn ich auf der Avus unterwegs bin, hat das auch was von Heimkommen. Genau wie mich London seit Jahren fasziniert – meine dritte Heimat, wenn man so will.

prisma: "Die Rosenheim-Cops" haben Ihre Heimat im Oberland. Wäre die Voralpenregion zwischen Chiemsee und Ammersee nichts für Sie?

Hannesschläger: Nein, nicht für immer. Dazu mag ich das Leben in der Stadt zu sehr. Aber es ist wunderschön dort – nicht umsonst spielt auch die Landschaft eine Hauptrolle in unserer Serie. Ich hatte mir schon mal überlegt, mich auf dem alten Hof, den der Korbinian in der Serie bewohnt, als Zweitwohnsitz einzumieten. Das klappte damals leider nicht. Das Zimmer war schon neu vermietet, als ich davon erfuhr. In der Region gibt es einige dieser besonderen, alten Kraftplätze, so wie der Hof auch einer ist. – Und man hat durch die Autobahn die Nähe zur Großstadt München. Das hat einen großen Reiz, eine einmalige Aura, die man sicherlich auch ein wenig als Zuschauer der "Rosenheim-Cops" vermittelt bekommt.

prisma: Welcher Menschenschlag lebt dort? Ist Korbinian Hofer ein Prototyp?

Hannesschläger: Ja, ich denke schon. Der Hofer liebt das Land, ist heimatverbunden, traditionsbewusst, aber hinterfragt auch, welche Traditionen noch Sinn machen. Er ist Neuem gegenüber durchaus aufgeschlossen und kreativ, prüft aber auch hier, ob das Neue nicht nur eine kurzfristige Mode ist. Er hat ein gutes Gespür für die Menschen und eine gesunde Portion trockenen Humors. In den ersten Büchern war er mir etwas zu hinterwäldlerisch geschrieben. Ich habe versucht, ihn als modernen Menschen vom Land darzustellen. Am Land gibt es heutzutage den gleichen Zugang zu Bildung und Information wie in der Stadt. Der Korbinian hat Abitur und ein Studium hinter sich gebracht, um Kriminalkommissar zu werden.

prisma: Fehlt ihm eigentlich nur noch eine Frau. Warum hat es beim Hofer noch nicht geklappt?

Hannesschläger: Nun, in der Folge "Über den Dächern von Rosenheim" (aus der dritten Staffel von 2004, d. Red.) hatte der Korbinian seine große Liebe gefunden. Leider war sie gerade dabei, nach Argentinien auszuwandern. Im heutigen Konzept ist kein Raum mehr für eine groß angelegte Liebesgeschichte.


Quelle: teleschau – der Mediendienst

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