Einst war sie schlagzeilenträchtiges minderjähriges Escort-Girl für einen französischen Fußballstar, nun versucht sich Zahia Dehar in "Ein leichtes Mädchen" als Kino-Schauspielerin. Doch auch ein Nebenpreis in Cannes schützt den Film um junge Mädchen und reiche ältere Männer vor Plattheit nicht.
Sie sei wohl stachelig wie ein Seeigel, meinen am Strand zwei Jungs zu Sofia. Nein, ganz im Gegenteil, beteuert die 23-Jährige mit Kleinmädchenstimme. Sie sei sehr weich, sagt sie und massiert dabei ihre nackte rechte Brust und dann auch noch die linke. Und hier sei sie besonders weich, bekundet sie und berührt durchs Bikinihöschen ihre Scham. Auch sonst stellt sich Sofia zur Schau. Ihr Gang ist zappelig, weil sie exzessiv Brust und Becken hervorkehrt. Bei Tisch schüttelt sie ihre Brust wie andere Damen den Fächer.
Penetrant spielt Sofia-Darstellerin Zahia Dehar in "Ein leichtes Mädchen" auf das Medien-Image an, mit dem sie vor einigen Jahren besonders in Frankreich bekannt geworden ist – als damals minderjähriges Escort-Girl und "Geburtstagsgeschenk" für einen prominenten Fußballer (der später angab, nichts vom jungen Alter seiner Begleiterin gewusst zu haben). Ihre 15 Minuten Ruhm dehnt Dehar seitdem nach Kräften aus. Vom seligen Karl Lagerfeld hat sie sich fotografieren lassen und ein bisschen in Modedesign gemacht. Ihr abstruser Versuch, nun in "Ein leichtes Mädchen" einer Nimm-Mich-Attitüde etwas Stolz abzugewinnen, versetzt sie ins Peinlichkeits-Niemandsland zwischen verkapptem Erotikfilmchen und C-Prominenz-Spektakel.
Ist das Auftreten von Sofia wirklich ernst gemeint – oder nicht vielleicht doch komödiantisch-humoristisch? Höchstens handelt es sich um unfreiwillige Komik. Sofia taucht unvermittelt am 16. Geburtstag ihrer Cousine Naïma (Mina Farid) in Cannes auf. Naïma ist sofort von Sofia begeistert. Sie darf ihr "Carpe diem"-Tattoo bewundern und ihr den Intimschmuck anlegen. Trotz sommerlichen Hochbetriebs stöckelt Sofia völlig konkurrenzlos an den Yachten im Hafen entlang. Milliardär Andres (Nuno Lopes) erspäht sie und lacht sein lüsternes Lachen: an Bord, Mädels!
In der Nacht auf dem Boot beobachtet Naïma Sofia und Andres beim Oralsex und träumt von Sofias Unterleib in Ekstase. Dagegen ist Philippe (Benoît Magimel), die rechte Hand des Milliardärs, ein ganz anständiger. Ihm steht der Mund offen, wohl ob der Fragwürdigkeit des moralischen Verhaltens seines Chefs, außerdem faselt er viel von Naïmas inneren Werten. Trotzdem freut die sich auch über das Geschenk – die Entlohnung? – für den Abend: Die Mädchen dürfen sich in einer teuren Boutique was aussuchen! Dann geht das Geschippere auf dem Mittelmeer erst richtig los. Sonst passiert gefühlt nicht mehr.
Denn die französische Filmemacherin Rebecca Zlotowski erzählt nicht wirklich. Sie traut sich nicht, ihre Sofia in eine vielstimmige Welt zu entlassen, in der die Frage auftauchen darf, ob es tatsächlich so toll ist, permanent seinen Körper für den reichen Mann anzupreisen – und dafür noch bewundert zu werden.
Bei den diesjährigen Filmfestspielen von Cannes erhielt "Ein leichtes Mädchen" in einer Nebenreihe einen Preis. Vielleicht gab ja der Arthouse-Schnickschnack den Ausschlag: die Rohmer-Anklänge und die Sommerfantasie-Anmutung etwa. Erstere bleiben substanzlos, Letztere sind Schadenbegrenzungsversuch: Träumt Naïma nur ...? Nach zwei einfallsreichen modernen Abenteurerinnen-Porträts mit Léa Seydoux reduziert Regisseurin Zlotowski in ihrem ersten Film, der in Deutschland im Kino läuft, das weibliche Abenteuer auf ein Dasein als williges Sexualobjekt. Fern jeder Rührung schüttelt es einen vor Zahia Dehar als unfreiwillige Parodie, ja Zerrbild von Sophia Loren, Claudia Cardinale und Brigitte Bardot.
Quelle: teleschau – der Mediendienst